Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld II. vorherige Zusicherung zu den Kosten einer neuen Unterkunft. Angemessenheitsmaßstab in Berlin. 6-Personen-Haushalt. keine konkrete Verfügbarkeit im örtlichen Vergleichsbereich. Grundsatz des Forderns. Einzugsrenovierungskosten
Orientierungssatz
1. In Berlin ist für einen 6-Personen-Haushalt grundsätzlich eine Unterkunft mit bis zu 6 Zimmern und einer Wohnfläche von bis zu 110 qm als angemessen iS von § 22 Abs 2 S 2 SGB 2 bzw § 22 Abs 1 S 1 SGB 2 zu betrachten.
2. Bezogen auf die angemessene Wohnfläche ist auf der Grundlage des Berliner Mietspiegels 2007 von einem angemessenen Nettokaltmietpreis von 4,37 Euro je Quadratmeter (Mittelwert aus den Mietspiegelfeldern J 2, J 4 und J 10) auszugehen. Für die Betriebskosten ist unter Berücksichtigung des Betriebskostenspiegels 2007 des Deutschen Mieterbundes ein Betrag in Höhe von 2,66 Euro pro Quadratmeter zu berücksichtigen. Hieraus errechnet sich eine angemessene Bruttowarmmiete von 773,30 Euro für einen 6-Personen-Haushalt in Berlin.
3. Für die Bestimmung des örtlichen Vergleichsbereichs, in dem angemessene Unterkünfte konkret verfügbar sein müssen, ist zu beachten, dass minderjährige schulpflichtige Kinder durch den Umzug möglichst nicht zu einem Schulwechsel gezwungen sein sollen (vgl BSG vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R). Die Einbindung Hilfebedürftiger in ihr soziales Umfeld ist grundsätzlich zu berücksichtigen, jedoch sind auch Anfahrtswege mit öffentlichen Verkehrsmitteln - wie für Erwerbstätige oder Schüler - zuzumuten (Anschluss an BSG aaO). Unter Berücksichtigung der Verwurzelung der Hilfebedürftigen in ihrem bisherigen sozialen Umfeld und des gut ausgebauten öffentlichen Nahverkehrssystems in Berlin wird hier ein Umkreis von 5 km von der bisherigen Unterkunft als örtlicher Vergleichsmaßstab angelegt.
4. Sind in diesem örtlichen Vergleichsbereich keine dem Angemessenheitsmaßstab entsprechende Unterkünfte konkret verfügbar, so ist der unbestimmte Rechtsbegriff der Angemessenheit unter Berücksichtigung von § 2 Abs 1 S 1 SGB 2 dahingehend auszufüllen, dass anstatt der nach der Produkttheorie errechneten Aufwendungen die Aufwendungen für die preisgünstigste konkret verfügbare, der Größe nach angemessene Unterkunftsalternative als angemessen iS von § 22 Abs 2 S 2 SGB 2 anzusehen ist.
5. Kosten der Einzugsrenovierung sind allenfalls als Unterkunftskosten gem § 22 Abs 1 S 1 SGB 2 zu berücksichtigen (vgl BSG vom 16.12.2008 - B 4 AS 49/07 R), so dass es einer vorherigen Zusicherung gem § 22 Abs 2 SGB 2 nicht bedarf.
Tenor
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.
Gründe
1. Die 1975 geborene Antragstellerin zu 1), ihr Lebensgefährte, der 1977 geborene Antragsteller zu 2), und die minderjährigen Kinder der Antragstellerin zu 1), die Antragsteller zu 3) bis 5), beziehen laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches - Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II). Die Antragsteller bewohnen derzeit gemeinsam eine Dreieinhalb-Zimmer-Wohnung mit einer Wohnfläche von ca. 65 m². Die Antragsteller zu 4) und 5) besuchen einen Kindergarten in der G..straße, die Antragstellerin zu 3) besucht die S.-Grundschule in der S.straße unweit der Wohnung der Antragsteller. Die Antragsteller zu 3) und 4) nehmen einmal wöchentlich an einer sensorischen Wahrnehmungstherapie in einer in der C,,,straße befindlichen ergotherapeutischen Praxis teil.
Die Antragstellerin zu 1) ist schwanger, der errechnete Geburtstermin für ihr viertes Kind ist im März 2009. Bei der Antragstellerin besteht eine Risikoschwangerschaft mit einem erhöhten Risiko für eine Frühgeburt.
Nachdem der Antragsgegner die Erteilung einer Zusicherung, bezogen auf eine Wohnung in der Kstraße .. in … B, abgelehnt hatte, verpflichtete das Sozialgericht Berlin auf Antrag der Antragsteller durch Beschluss vom 10.11.2008 den Antragsgegner im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zur Erteilung einer Zusicherung für die Übernahme der Aufwendungen für die vorgenannte Wohnung, für die Gewährung eines Darlehens zur Begleichung der Maklercourtage und der Mietkaution sowie für die Übernahme von Umzugskosten (Az. S 159 AS … ER). Wegen der weiteren Einzelheiten hierzu wird Bezug genommen auf den genannten Beschluss. Vor einer Entscheidung über die Beschwerde des Antragsgegners gegen diesen Beschluss des SG Berlin wurde die Wohnung in der K.straße .. anderweitig vermietet.
Daraufhin beantragten die Antragsteller am 11.12.2008 bei dem Antragsgegner die “Kostenübernahme bezüglich der Mietkosten, der Kaution, der doppelt zu zahlenden Mieten sowie der Umzugskosten„ für eine Fünf-Zimmer-Wohnung mit einer Fläche von 149 m² in der B.straße .., .. Obergeschoss links, … B. Hierfür ist ausweislich des dem Antragsgegner vorgelegten Wohnungsangebots eine monatliche Gesamtmiete von ca. 1.058,00 Euro zuzüglich Vorauszahlungen auf die Kosten der Gasversorgung fü...