Entscheidungsstichwort (Thema)

Erlaubnis zur gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung. Erteilung verbunden mit Auflagen. Nebenbestimmung eines Verwaltungsaktes. hinreichende Bestimmtheit. Regelungsgehalt. Aufnahme des individuellen Grundes beim Abschluss von Einsatzvereinbarungen. keine Verhältnismäßigkeit bei der Nachweiserbringung. isolierte Anfechtbarkeit

 

Orientierungssatz

1. Die Auflagen in einem Bescheid über die Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung, beim Abschluss von Einsatzvereinbarungen mit Arbeitnehmern einen individuellen Grund aufzunehmen und hierüber einen Nachweis für den Sachgrund in die Personalakte aufzunehmen, genügen nicht den Bestimmtheitsanforderungen an eine Regelung und sind deshalb rechtswidrig, selbst wenn sich für den Adressaten des Bescheids aufgrund der Umstände der Bescheidentstehung ergibt, dass beim aufzunehmenden Grund der Grund für eine Befristung der Einsatzvereinbarung gemeint ist.

2. Hierbei handelt es sich nicht um modifizierende Auflagen sondern um Auflagen, die grundsätzlich selbständig neben der Grundregelung des Bescheids über die Erlaubniserteilung stehen, selbständig mit Mitteln des Verwaltungszwangs durchsetzbar sind und isoliert angefochten werden können (vgl BSG vom 19.3.1992 - 7 RAr 34/91 = SozR 3-7815 Art 1 § 2 Nr 1 und vom 6.4.

 

Tenor

Die Anordnung der sofortigen Vollziehung wird aufgehoben und die aufschiebende Wirkung der Klage vom 4. April 2018 gegen die Auflagen der Beklagten im Bescheid vom 12. März 2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. März 2018 wird angeordnet.

Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Der Streitwert wird auf 2.500 € festgesetzt.

 

Gründe

I.

Die Antragstellerin wendet sich im Wege des einstweiligen Rechtschutzes gegen zwei Auflagen, die - nach Abschluss eines gerichtlichen Eilverfahrens wegen der Versagung der Erlaubnis - mit einer zeitlich bis zum 13. Juli 2018 befristeten Erlaubnis zur gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung verbunden wurden (§§ 1, 2 Arbeitnehmerüberlassungsgesetz - AÜG).

Die Antragstellerin ist eine im Mai 2015 ins Handelsregister (Amtsgericht B. HRB……) eingetragene Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit Sitz in B. Sie ist ausschließlich im Bereich der Arbeitnehmerüberlassung tätig und nach eigenem Vortrag deutschlandweit auf die Überlassung medizinischer Fachkräfte - examinierte Krankenschwestern, Krankenpfleger, Ärzte und anderes medizinisches Personal - spezialisiert.

Die Antragsgegnerin erteilte der Antragstellerin erstmals mit Bescheid vom 8. Juli 2015 eine Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung für den Zeitraum vom 15. Juli 2015 bis zum 14. Juli 2016 und mit Bescheid vom 1. Juni 2016 eine weitere Erlaubnis für den Zeitraum vom 15. Juli 2016 bis zum 14. Juli 2017. Im Bescheid vom 1. Juni 2016 heißt es unter anderem, wegen der Versäumung der Frist nach § 2 Abs. 4 Satz 2 AÜG werde der Antrag (vom 28. April 2016) als Neuantrag gewertet und bei der Betriebsprüfung am 18. Mai 2016 seien Versagungstatbestände im Sinne des § 3 AÜG festgestellt worden, die zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht die Versagung bzw. den Widerruf der Erlaubnis zur Folge haben, aber ausdrücklich beanstandet werden; der Bescheid führte diverse Mängel auf.

Am 10. Mai 2017 beantragte die Antragstellerin unter Beifügung diverser Unterlagen wieder die Erteilung einer Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis. Diesen Antrag wertete die Antragsgegnerin wegen der Fristversäumnis wieder als Neuantrag. Am 19. Juni 2017 erfolgte eine örtliche Prüfung durch ein Prüfteam der Agentur für Arbeit Berlin. Am 14. Juli 2017 beantragte die Antragstellerin beim Sozialgericht Berlin die vorläufige Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Erteilung einer Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung (vgl. S 60 AL 810/17 ER).

Mit Bescheid vom 28. Juli 2017 lehnte die Antragsgegnerin die Erteilung einer Erlaubnis - unter Hinweis auf § 3 Abs. 1 Nr. 1 AÜG - mit der Begründung ab, es lägen Tatsachen vor, die die Annahme rechtfertigen, die Antragstellerin besitze nicht die für die Ausübung der Verleihtätigkeit erforderliche Zuverlässigkeit. Die am 19. Juni 2017 durchgeführte Prüfung der Geschäftsunterlagen haben wiederholte Verstöße gegen tarifliche und arbeitsrechtliche Bestimmungen ergeben Die Antragsgegnerin gab - neben diversen weiteren Beanstandungen - an, es seien wiederholt eine Vielzahl sachgrundlos befristeter Arbeitsverträge mit den Arbeitnehmern geschlossen worden, worin ein erheblicher Verstoß gegen § 14 Abs. 2 Teilzeitbefristungsgesetz (TzBfG) liege. Dies sei bereits im Jahr 2016 beanstandet worden. Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein.

Mit Beschluss vom 4. Dezember 2017 verpflichtete das Sozialgericht (S 60 AL 810/17 ER) die Antragsgegnerin zur vorläufigen Erteilung einer Arbeitserlaubnis bis zum 31. März 2018. Mit Beschluss vom 22. Januar 2018 wies das Landessozialgericht - LSG - Berlin-Branden-burg die Beschwerde der Antragsgegnerin zurück (L 18 AL 209/17 B ER).

Nach Anhörung der Antragstellerin erteilte die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 12. März...

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