Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Rechtsanwaltsvergütung. Verfahrensgebühr. anteilige Anrechnung der Geschäftsgebühr. abweichende Kostenquote. Rechenweg

 

Leitsatz (amtlich)

Der Anrechnungsbetrag der Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr ist auf den quotalen Anteil beschränkt, wenn der Verfahrensgegner die Vorverfahrenskosten nur anteilig erstattet. Zum Rechenweg, wenn die Kostenquote der Vorverfahrenskosten vor derjenigen für das Klageverfahren abweicht.

 

Tenor

Auf die Erinnerung wird die gerichtliche Kostenrechnung vom 1. Juni 2016 (S 108 AS 24741/14) geändert und der Betrag der an die Landeskasse zu zahlenden Kosten wird auf 478,98 € Euro festgesetzt.

 

Gründe

I.

Gegenstand der Klage vom 17. Oktober 2014 im Verfahren S 108 AS 24741/14 war die Aufhebung und Erstattung von Arbeitslosengeld II für August bis Oktober 2013. Mit Beschluss vom 20. November 2014 bewilligte das Sozialgericht den beiden Klägern Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin L.

Im August 2015 unterbreitete der Vorsitzende einen Vergleichsvorschlag. Im September 2015 erweiterte die Bevollmächtigte die Klage hinsichtlich des Monats Juni 2013, der Vorsitzende modifizierte daraufhin den Vergleichsvorschlag, der sodann von den Beteiligten des Klageverfahrens schriftsätzlich angenommen wurde. Danach trägt der Erinnerungsführer 3/4 der außergerichtlichen Kosten.

Im Juli 2015 beantragte die Bevollmächtigte der Kläger die Festsetzung eines Vorschusses aus der Landeskasse in Höhe von 487,90 €, der in Höhe von 255,85 € zur Auszahlung kam (Beschluss vom 21. Juli 2015).

Mit Schriftsatz vom 22. Februar 2016 beantragte die Bevollmächtigte der Kläger für das Vorverfahren die Festsetzung von 325,26 € gegen den Erinnerungsführer, nach folgender Berechnung:

2/3 Geschäftsgebühr Nr. 2302, 1008 VV RVG

260,00 €

2/3 Kommunikationspauschale Nr. 7002 VV RVG

 13,33 €

Umsatzsteuer Nr. 7008 VV RVG

 51,93 €

Der Erinnerungsführer zahlte den geltend gemachten Betrag in Höhe von 325,26 €.

Mit Schriftsatz vom 22. Februar 2016 beantragte die Bevollmächtigte der Kläger zugleich die Festsetzung von 755,65 € aus der Landeskasse, berechnet wie folgt:

Verfahrensgebühr Nr. 3102 VV RVG

150,00 €

Mehrvertretungszuschlag Nr. 1008 VV RVG

 45,00 €

Anrechnung Geschäftsgebühr

 - 130,00 €

Terminsgebühr Nr. 3106 VV RVG

270,00 €

Einigungsgebühr Nr. 1006 VV RVG

300,00 €

Kommunikationspauschale Nr. 7002 VV RVG

 20,00 €

Umsatzsteuer Nr. 7008 VV RVG

120,65 €

wobei der Vorschuss aus der Landeskasse auf die Verfahrensgebühr bereits Berücksichtigung gefunden habe.

Mit Beschluss vom 12. Mai 2016 setzte der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle antragsgemäß die aus der Landekasse zu erstattende Vergütung auf 755,65 € fest. Mit Kostenberechnung vom 1. Juni 2016 forderte er sodann den Erinnerungsführer zur Zahlung von 758,63 € auf. In dieser Höhe (3/4 der mit Beschlüssen vom 21. Juli 2015 und 12. Mai 2016 festgesetzten Vergütung) sei der Anspruch der Rechtsanwältin wegen ihrer Vergütung gegen den erstattungspflichtigen Gegner auf die Landeskasse übergegangen.

Die Erinnerung ist am 22. Juni 2016 beim Sozialgericht Berlin eingegangen. Der Erinnerungsführer macht geltend, eine Terminsgebühr sei nicht anzuerkennen. Zudem seien 175,00 € auf die Verfahrensgebühr anzurechnen, da zwei Widerspruchsführer vertreten worden seien. Es stelle sich auch die Frage, ob der Vorschuss bei der Kostenrechnung vom 22. Juni 2016 hätte in Abzug gebracht werden müssen.

Der Erinnerungsgegner beantragt die Zurückweisung der Erinnerung. Er würde nur teilweise, im Hinblick auf die Absetzung der Terminsgebühr, abhelfen können. Seiner Auffassung nach belaufe sich der Erstattungsbetrag auf 517,65 € (3/4 von 690,20).

Im Übrigen wird auf den Inhalt der Akten verwiesen.

II.

Die Erinnerung ist zulässig und vollumfänglich begründet.

Die Kostenberechnung vom 1. Juni 2016 war wie tenoriert abzuändern. Der Landeskassenübergang ist auf der Grundlage folgender Berechnung zu bewirken:

Verfahrensgebühr Nr. 3102, 1008 VV RVG

390,00 €

Einigungsgebühr Nr. 1006 VV RVG

300,00 €

Kommunikationspauschale Nr. 7002 VV RVG

 20,00 €

Betrag:

710,00 €

Davon 3/4:

532,50 €

Anrechnung Vorverfahrenskosten:

 - 130,00 €

402,50 €

Umsatzsteuer Nr. 7008 VV RVG

 - 76,48 €

Gesamt:

478,98 €

Zwischen den hiesigen Beteiligten besteht zutreffend kein Streit über den Nichtanfall einer Terminsgebühr. Ein Termin hat nicht stattgefunden. Auch ist keine fiktive Terminsgebühr entstanden, insbesondere haben die Beteiligten des Klageverfahrens keinen schriftlichen Vergleich geschlossen. Die Gebühr nach Nr. 3106 Nr. 1 VV RVG entsteht nur, wenn ein schriftlicher Vergleich geschlossen wurde. Dies erfordert nach der einheitlichen Rechtsprechung der Berliner Kostenkammern, dass ein förmlicher Beschluss ergangen ist, sei es nach § 101 Abs. 1 Satz 2 SGG oder auch § 202 SGG i.V.m. § 278 Abs. 6 ZPO.

Zutreffend ist ferner die Höhe der Verfahrensgebühr in Höhe einer Mittelgebühr der Nr. 3102 VV RVG zzgl. der Rahmenerhöhung um 30% nach Nr. 1008 VV RVG wegen der Vertretung ...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge