Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Festbetragsfestsetzung für Arzneimittel. Gemeinsamer Bundesausschuss. Rechtmäßigkeit des Beschlusses hinsichtlich der Neufassung der Festbetragsgruppe "Antianämika, andere". Verfahren und Bestimmung der Vergleichsgröße. höhere Vergleichsgröße bei der Berechnung des Festbetrages für Wirkstärken-Packungsgrößen-Kombinationen eines Fertigarzneimittels

 

Orientierungssatz

1. Der Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) vom 15.2.2007 über die Änderung der Anlage 2 der Arzneimittel-Richtlinie (juris: AMRL) durch Neufassung der Festbetragsgruppe "Antianämika, ändere" der Stufe 2, Gruppen-Nr 1, für den Wirkstoff Epoetin alfa festgesetzte Vergleichsgröße verstößt nicht gegen höherangiges Recht.

2. Die vom G-BA bestimmte Vergleichsgröße führt zu medizinisch sachgerechten Ergebnissen und ist damit iS von § 35 Abs 1 S 5, Abs 3 S 1, Abs 7 S 4 SGB 5 "geeignet". Bei der Bestimmung der Vergleichsgrößen für die Wirkstoffe Darbepoetin, Epoetin alfa und Epoetin beta sind Unterschiede in den jeweils therapiegerechten Verordnungsmengen nicht in einer Weise vernachlässigt, die über ein Pauschalieren, Typisieren und/oder Generalisieren hinausgeht. Aus der vorgenommenen Pauschalierung, Typisierung und Generalisierung resultieren keine Härten, die schwer wiegen und/oder vermeidbar sind.

3. Auch die vom G-BA gewählte Methodik zur Ermittlung einer Vergleichsgröße ist iS des § 35 Abs 1 S 5, Abs 3 S 1, Abs 7 S 4 SGB 5 "geeignet", da sie für alle Wirkstärken Verordnungsanteile berücksichtigt und Verordnungsanteile, die kleiner als eins sind, stets mit der Zahl eins veranschlagt.

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens, einschließlich der Kosten des Beigeladenen zu 1).

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten steht in Streit, ob die Höhe der Festbeträge, die für die Wirkstärken-Packungsgrößen-Kombinationen des Fertigarzneimittels E seit dem 1. Juli 2007 festgesetzt sind, rechtmäßig ist.

Die Klägerin ist ein pharmazeutisches Unternehmen, das in der Bundesrepublik Deutschland unter der (gemäß § 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AMG anzugebenden) “Bezeichnung„ E mehrere “Fertigarzneimittel„ iSd § 4 Abs. 1 S. 1 AMG, die allesamt den “Wirkstoff„ (vgl. zum Begriff: § 4 Abs. 19 AMG) Epoetin alfa (zugelassen 1988) enthalten, seit 1994 iSd § 4 Abs. 17 AMG “in den Verkehr bringt„.

Der Wirkstoff Epoetin alfa, dessen Patentschutz 2007 auslief, wird gleich den Wirkstoffen Epoetin beta (der seit 1990 unter der Bezeichnung N zunächst von B M, jetzt von der H-L-R AG in den Verkehr gebracht wird) und D (der seit 2001 unter der Bezeichnung A von der A E B. V. in den Verkehr gebracht wird) rekombinant, also mit Hilfe gentechnisch veränderter Organismen, nämlich mit Hilfe der gentechnisch veränderter Ovarialzellen des chinesischen Hamsters gewonnen.

Epoetin alfa und Epoetin beta haben die gleiche Aminosäuresequenz inklusive Disulfidbrücken und Glykosylierungsstellen wie das Glykoprotein-Hormon Erythropoetin. Dieses Hormon wird zu 85 % bis 90 % in der menschlichen Niere und zu 10 % bis 15 % in der menschlichen Leber gebildet wird und regt im Knochenmark die Bildung der roten Blutkörperchen (Erythropoese) an.

Epoetin alfa und Epoetin beta unterscheiden sich untereinander lediglich im Glykosilierungsmuster, also in den der Aminosäuresequenz angehängten Zuckerstrukturen. D wiederum ist ein gentechnisch verändertes Erythropoetin. Es verfügt infolge des Austauschs von fünf Aminosäuren über fünf statt nur drei Kohlenhydratketten des analogen Epotein alfa.

Epoetin alfa, Epoetin beta sowie Darbepoetin alfa beeinflussen die Erythropoese nach demselben biochemischen Wirkmechanismus und haben ähnliche Wirkungen und Nebenwirkungen. Sie alle sind zugelassen zur Behandlung der durch chronisches Nierenversagen hervorgerufenen (renalen) Blutarmut (Anämie) sowie zur Behandlung der Blutarmut bei Tumorpatienten, die eine Chemotherapie erhalten. Verabreicht (appliziert) werden sie alle, indem sie entweder in die Vene (intravenös) oder unter die Haut (subkutan) injiziert werden. Wegen der Menge und Intervalle, in der sie laut Fachinformation (vgl. zu Begriff und Inhalt derselben: § 11a AMG) zu verabreichen sind, wird auf Bl. 46 - 50 R, Bl. 105 - 197 R und Bl. 137 - 148 der Gerichtsakte, die für das unter dem Aktenzeichen S 81 KR 1781/07 ER registrierte Verfahren angelegt wurde, Bezug genommen. Die angenommene tägliche Erhaltungsdosis für die Hauptindikation bei Erwachsenen - die Defined Daily Dose (DDD) - beträgt für Epoetin alfa 1000 IE (Internationale Einheiten) und für Darbepoetin alfa 4,5 Mikrogramm (μg).

Mit Beschluss vom 15. Februar 2005 (bekannt gemacht im Bundesanzeiger Nr. 84 vom 04.05. 2005, S. 7087.) entschied der Beigeladene zu 1), dass “die Anlage 2 der Arzneimittel-Richtlinie […] um die Festbetragsgruppe der Stufe 2 ___AMPX_‚_SEMIKOLONX___XAntianämika, andere___AMPX_’_SEMIKOLONX___X wie folgt ergänzt„ werde:

“Stufe 2

Wirkstoffgruppe Antianämika, andere

Wirkstoffe und Vergleichsgröße Wirkstoffe...

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