Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragsärztliche Versorgung. Nachbesetzungsverfahren. Fortsetzungsfeststellungsklage. Rücknahme des Antrags auf Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens
Leitsatz (amtlich)
1. Allein die bloße abstrakte Möglichkeit, dass nach einer Antragsrücknahme im Rahmen des Nachbesetzungsverfahrens ein erneuter Antrag gestellt wird und dieser nach einer Auswahlentscheidung des Zulassungsausschusses wieder zurückgenommen wird, stellt keine Wiederholungsgefahr dar, die zur Statthaftigkeit der Fortsetzungsfeststellungsklage führt.
2. Der Antrag auf Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens kann zumindest bis zur Bekanntgabe der Auswahlentscheidung zurückgenommen werden.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens, mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 2) bis zu 6), die diese selbst tragen.
Die Sprungrevision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Frage, ob das Nachbesetzungsverfahren durch Rücknahme des Nachbesetzungsantrages beendet wurde.
Die Beigeladene zu 1) ist als Psychologische Psychotherapeutin im Verwaltungsbezirk P. im Umfang eines vollen Versorgungsauftrages zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen.
Mit Erklärung vom 03.08.2016 verzichtete die Beigeladene zu 1) auf ihre Zulassung im Umfang eines halben Versorgungsauftrages mit der Maßgabe, dass der Verzicht erst wirksam werden solle, wenn der Praxisnachfolger rechtskräftig zugelassen und die Praxis übergebe wurde. Ebenfalls mit Datum vom 03.08.2016 stellte sie gemäß § 103 Abs. 3a Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) einen Antrag auf Durchführung des Nachbesetzungsverfahrens hinsichtlich des hälftigen Versorgungsauftrages. Mit Beschluss vom 23.09.2016, ausgefertigt am 22.12.2016, stimmte der Zulassungsausschuss dem Antrag auf Durchführung des Nachbesetzungsverfahrens zu. Wörtlich hieß es dabei u.a. im Tenor des Beschlusses:
„Diese Zustimmung ist auf die Zeitdauer von 6 Monaten nach Zustellung des Beschlusses begrenzt. Sollte die Entscheidung über die Praxisnachfolge mangels Bewerber im Ausschreibungsverfahren in diesem Zusammenhang oder aufgrund der Rücknahme des Antrages durch den Antragsteller nicht zustande kommen, bedarf es ggf. einer erneuten Antragstellung.“
Auf die entsprechend erfolgte Ausschreibung durch die Klägerin bewarben sich die Beigeladene zu 1) zu Fortführung der Praxis mit einer Angestellten, die Dipl.-Psych. S. L. und zwei weitere Dipl.-Psychologinnen. Die Sitzung des Zulassungsausschusses fand am 08.03.2017 statt. Der Zulassungsausschuss traf eine Auswahlentscheidung zugunsten der Dipl.-Psych L. Dies wurde den Beteiligten im Nachgang telefonisch durch die Geschäftsstelle des Zulassungsausschusses mitgeteilt.
Mit Schreiben vom 11.04.2017 nahm die Beigeladene zu 1) den Antrag auf Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens zurück. Mit Schreiben vom 20.04.2017 beantragte sie festzustellen, dass das Nachbesetzungsverfahren beendet ist und sie in unverändertem Umfang an der vertragspsychotherapeutischen Versorgung teilnimmt. Zudem bat sie um eine Bestätigung dahingehend, „dass der Bescheid des Zulassungsausschusses aus dessen Sitzung vom 08.03.2017 in dem hiesigen Verfahren den Verfahrensbeteiligten nicht zugestellt wird“.
Am 21.04.2017 fand eine weitere Sitzung des Zulassungsausschusses statt. Mit Datum vom 24.04.2017 fertigte der Zulassungsausschuss den Beschluss vom 08.03.2017 und vom 21.04.2017 aus. Frau Dipl.-Psych L. wurde in dem Beschluss mit Wirkung zum 01.01.2017 zur Teilnahme an der vertragspsychotherapeutischen Versorgung im Umfang eines hälftigen Versorgungsauftrages zugelassen. Die Zulassung erfolgte unter der aufschiebenden Bedingung der Fortführung der Praxis der Beigeladenen zu 1) an deren Praxissitz. Der Feststellungsantrag der Beigeladenen zu 1) vom 20.04.2017 wurde im Tenor nicht erwähnt. Jedoch wies der Zulassungsausschuss in der Begründung des Beschlusses darauf hin, dass das Nachbesetzungsverfahren nicht durch die Schreiben vom 11.04.2017 und 20.04.2017 beendet worden sei. Unter Verweis auf den Beschluss des SG Berlin (S 83 KA 543/08 ER) und des SG Marburg (S 12 KA 646/10 ER) sei die Rücknahme des Antrages nur bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung zur Auswahl des Praxisnachfolgers möglich. Das LSG Nordrhein-Westfalen verkenne insoweit die schutzwürdige Rechtsposition des Bewerbers.
Die Beigeladene zu 1) legte gegen den Beschluss des Zulassungsausschusses Widerspruch ein. Mit Schreiben vom 24.05.2017 nahm sie den Antrag auf Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens vom 03.08.2017 auch gegenüber dem Beklagten zurück und beantragte festzustellen, dass das Nachbesetzungsverfahren beendet ist und sie in unverändertem Umfang an der vertragspsychotherapeutischen teilnimmt. Zudem beantragte sie, den Zulassungsantrag von Frau Dipl.-Psych L. abzulehnen.
Mit Beschluss vom 14.06.2017, ausgefertigt am 26.07.2017, hob der Beklagte auf den Widerspruch der Beigeladenen zu 1) den Beschluss des Zulassungsausschusses auf und stellt...