Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld II. Unterkunft und Heizung. Erhöhung der Unterkunfts- und Heizkosten nach nicht erforderlichem Umzug. keine dauerhafte Begrenzung auf den bisherigen Bedarf. Dynamisierung nach der Preisentwicklung am Wohnungsmarkt und bei den Betriebs- und Heizkosten
Orientierungssatz
1. Ihrem Regelungszweck nach, Umzüge unter Ausschöpfung der Höchstgrenzen für angemessenen Wohnraum zu verhindern bzw an gewichtige Umzugsgründe zu knüpfen, kann die Vorschrift des § 22 Abs 1 S 2 SGB 2 nicht als dauerhafte Festschreibung der künftig zu gewährenden Unterkunftskosten auf die vor dem Umzug anerkannten Bedarfe nach § 22 SGB 2 verstanden werden.
2. Die gekappten Unterkunftskosten sind zumindest dergestalt zu dynamisieren, dass allgemeine Preissteigerungen auf dem Wohnungsmarkt und bei den Betriebs- und Heizkosten der gekappten Miete aufzusatteln sind. Hierbei ist es sachgerecht, die im Mietspiegel oder sonstigen Quellen zum Wohnungsmarkt erhobenen, allgemeinen Daten zur Preisentwicklung als Dynamisierungsfaktoren heranzuziehen.
Tenor
Der Beklagte wird unter Abänderung der Bescheide vom 17.1.2011 und 25.3.2011 in der Fassung der Widerspruchsbescheide vom 6.4.2011 und 9.5.2011 verurteilt, seit Januar 2011 Unterkunfts- und Heizkosten in Höhe von 330 € zuzüglich 8 € Warmwasserpauschale nach § 21 Abs. 7 SGB II zu gewähren.
Der Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Höhe des Anspruchs auf Übernahme der Kosten für Unterkunft und Heizung nach einem nicht genehmigten Umzug im Januar 2009.
Die Klägerin bezieht ergänzend zu Arbeitseinkommen seit Januar 2005 Alg II. Sie lebte bis zum 30.11.2008 in einer Wohnung in der E…straße .., für die sie zuletzt 240 € Miete zahlen musste (200 € Grundmiete + 40 € kalte Betriebskosten); dazu kamen 63 € Abschlag für eine Gasetagenheizung.
Für den Monat Dezember 2008 bezog sie in Untermiete ein Zimmer in der R… Straße, um dann zum 1.1.2009 einen Mietvertrag für die jetzige Wohnung in der N… .. abzuschließen. Für diese Wohnung zahlt die Klägerin 330 € Miete (260 € Grundmiete + 40 € kalte Betriebskosten plus 30 € Abschlag für Heizung). Warmwasser wird mittels Durchlauferhitzer erzeugt.
Den von der Klägerin mit steigendem Verkehrslärm begründeten Umzug von der E…- in die N…straße erkannte der Beklagte nicht als erforderlichen Umzug an und gewährt daher seit Januar 2009 eine fiktive Miete von 285,42 € (200 € Grundmiete + 57 € kalte Betriebskosten plus 28,42 € Heizung).
Mit diesem Betrag für die Unterkunfts- und Heizkosten war der Bewilligungsabschnitt August 2010 bis Januar 2011 (Bescheid vom 19.7.2010) sowie der Folgezeitraum Februar bis Juli 2011 beschieden worden (Bescheid vom 17.1.2011).
Erstmals erhob die Klägerin gegen den Bescheid vom 17.1.2011 Widerspruch gegen die Kappung der tatsächlichen Miet- und Heizkosten auf die 285,42 €. Gegen den abschlägigen Widerspruchsbescheid vom 6.4.2011 hat die Klägerin unter dem Az. S 169 AS 12526/11 am 9. Mai 2011 Klage erhoben.
Weitere Klagen vom 31. Mai 2011 (S 37 AS 14345/11 und S 38 AS 14346/11) richten sich gegen Änderungsbescheide vom 25.3.2011, mit denen der Beklagte die seit 1.1.2011 geltenden Regelbedarfe von 364 € für Januar 2011 und für Februar bis Juli 2011 zuerkannte, woraus sich für die Klägerin, bedingt durch die Einkommensanrechnung nach der Regel: Zuerst auf den Regelbedarf, dann die Bedarfe nach § 22 SGB II (§ 19 SGB II), um jeweils 5 € höhere Unter-kunfts- und Heizkostenkosten ergaben.
Die hiergegen erhobenen Widersprüche wies der Beklagte als unzulässig zurück; mit den Änderungsbescheiden sei lediglich der Regelbedarf erhöht worden. Eine Regelung zu den Unterkunfts- und Heizkosten fehle bzw. sei gegenüber den Bescheiden vom 19.7.2010 und 17.1.2011 nur wiederholender Natur; überdies seien die am 2.5.2011 eingegangenen Widersprüche verfristet (Widerspruchsbescheide vom 9.5.2011).
Die Klägerin macht geltend, dass ihr seit Januar 2011 angemessene Unterkunftskosten zuzüglich des Mehrbedarfs für die Warmwassererzeugung zustehen. Die Änderungsbescheide vom 25.3.2011 beinhalteten eine Verfügung über die Höhe der Bedarfe nach § 22 SGB II und könnten deshalb nicht als bloß wiederholende Verfügungen bezeichnet werden. Wann die Bescheide zugegangen sind, könne der Beklagte nach eigenem Bekunden nicht sagen, so dass der Einwand der Verfristung fehl gehe.
Der Bevollmächtige der Klägerin beantragt,
den Beklagten unter Abänderung der Bescheide vom 17.1.2011 und 25.3.2011 in der Fassung der Widerspruchsbescheide vom 6.4.2011 und 9.5.2011 zu verurteilen, seit Januar 2011die angemessenen Miet- und Heizkosten zuzüglich der Warmwasser-pauschale nach § 21 Abs. 7 SGB II zu gewähren.
Der Beklagtenvertreter beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er verweist auf die Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden.
Ergänzend wird zum übrigen Sach- und Streitstand auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze sowie die beigezogenen Leistungsakten und den Schriftsatz der Klä...