Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Einkommensberücksichtigung. Steuerrückerstattung. Zuflussprinzip. Verfassungsmäßigkeit
Orientierungssatz
1. Eine während des Bezuges von Arbeitslosengeld II überwiesene Steuerrückerstattung verringert die Hilfebedürftigkeit und ist deshalb als Einkommen anzurechnen, auch wenn zuviel Lohnsteuer in einer Zeit gezahlt wurde, in welcher noch kein Anspruch auf Arbeitslosengeld II bestand.
2. Eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung nach Art 3 Abs 1 GG mit Beziehern von Arbeitslosengeld nach SGB 3 ist nicht ersichtlich.
Nachgehend
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen die Berücksichtigung einer Steuerrückerstattung als Einkommen im Monat August 2009.
Die Klägerin bezieht seit 2008 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts vom Beklagten. Mit Bewilligungsbescheid vom 17. März 2009 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 7. Juni 2009 bewilligte der Beklagte der Klägerin Arbeitslosengeld II für den Zeitraum von April bis August 2009.
Am 20. August 2009 wurde dem Konto der Klägerin eine Steuererstattung aus überzahlter Einkommensteuer für das Jahr 2007 in Höhe von 459,86 EUR gutgeschrieben. Die Klägerin verwendete das Geld für Anschaffungen für eine Kur.
Nach Anhörung der Klägerin mit Schreiben vom 18. Januar 2010 hob der Beklagte mit Bescheid vom 24. Februar 2010 die der Klägerin für August 2009 bewilligten Leistungen teilweise in Höhe von 429,86 EUR auf und forderte die Erstattung dieses Betrages. Der hiergegen am 18. März 2010 erhobene Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 17. November 2010 zurückgewiesen. Darin verweist der Beklagte darauf, dass die Steuererstattung unter Anrechnung eines Freibetrages von 30,00 EUR als Einkommen auf den Bedarf der Klägerin im Monat August anzurechnen ist.
Mit der am 14. Dezember 2010 erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie ist der Ansicht, dass es sich bei der Steuererstattung um Vermögen handele und der Gleichheitsgrundsatz verletzt sei, da auch eine Anrechnung auf den Arbeitslosengeld I-Bezug nicht erfolge. Ferner habe sie das Geld für Anschaffungen für ihre Kur ausgegeben, so dass sie ohne das Geld für die notwendigen Anschaffungen ein Darlehen vom Beklagten hätte erhalten müssen. Schließlich rügt sie die Anrechnung unrichtiger Freibeträge.
Die Klägerin beantragt,
den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 24. Februar 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. November 2010 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung verweist er auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und die vom Beklagten in Kopie übersandte Leistungsakte verwiesen, die der Kammer bei der Entscheidung vorlagen und Gegenstand der Beratung waren.
Entscheidungsgründe
Die Kammer konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil die Beteiligten sich hiermit einverstanden erklärt haben, § 124 Abs. 2 SGG.
Die Klage ist als Anfechtungsklage nach § 54 Abs. 1 S. 1 SGG zulässig, jedoch nicht begründet. Der Bescheid 24. Februar 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. November 2010 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Rechtsgrundlage für die Aufhebung zuvor bewilligter Leistungen ist § 48 Abs. 1 SGB X, wobei § 40 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 SGB II i.V.m. § 330 Abs. 3 SGB III klarstellt, dass die Aufhebung nicht im Ermessen des Beklagten steht, sondern verpflichtend ist. Nach § 48 Abs. 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, wenn in den tatsächlichen Verhältnissen eine für die Leistungsgewährung wesentliche Änderung eintritt. Nach § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 SGB X ist ein Verwaltungsakt zudem mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben, soweit nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde.
Mit Gutschrift der Steuerrückerstattung im August 2010 war die Klägerin in geringerem Maße bedürftig, da der Geldbetrag nach § 11 SGB II als Einkommen auf ihren Bedarf im Monat August 2010 anzurechnen ist.
Nach einhelliger Rechtsprechung beider Senate des Bundessozialgerichts, von denen abzuweichen die Kammer keinen Anlass sieht, stellt eine nach Antragstellung zugeflossene Einkommenssteuerrückerstattung Einkommen und kein Vermögen dar. Das BSG führt in der Entscheidung vom 30. September 2008, B 4 AS 29/07 R dazu aus:
„Bei der nach Antragstellung im Bedarfszeitraum zugeflossenen Einkommensteuererstattung handelt es sich um berücksichtigungsfähiges Einkommen iS des § 11 SGB II und nicht Vermögen iS des § 12 SGB II. Nach § 11 Abs 1 Satz 1 SGB II sind als Einkommen zu berücksichtigen Einnahmen in Geld oder Geldeswert, …. Als Vermögen sind nach § 12 Abs 1 SGB II alle ver...