Orientierungssatz

Die Beschäftigung von Studenten ist versicherungsfrei, wenn und solange sie "neben" dem Studium ausgeübt wird und ihm nach Zweck und Dauer untergeordnet ist (vgl BSG vom 19.2.1987 - 12 RK 9/85 = SozR 2200 § 172 Nr 19).

 

Tatbestand

Die klagenden Rechtsanwälte wenden sich gegen Bescheide des beklagten Rentenversicherungsträgers, mit denen dieser im Rahmen einer Betriebsprüfung Versicherungspflicht der Beigeladenen zu 3) in der Beschäftigung bei den Klägern im Zeitraum vom 1. April bis 30. November 2000 u.a. in der Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung festgestellt hat und Beiträge in Höhe von 3.678,74 DM nachfordert.

Die ... 1975 geborene Beigeladene zu 3) war ab November 1997 bei den Klägern als Rechtsanwalts- und Notariatsfachangestellte beschäftigt. Sie arbeitete zunächst vollschichtig. Am 1. April 2000 nahm sie ein Studium der Betriebswirtschaftslehre an der Freien Universität B auf. Wegen Teilnahme an einem Studienkolleg hatte sie bereits ab Januar 1999 ihre wöchentliche Arbeitszeit auf 20 Stunden reduziert. Im streitbetroffenen Zeitraum von April bis November 2000 betrug ihre wöchentliche Arbeitszeit nurmehr 18 Stunden, im Oktober 2000 sogar nur 11 Stunden. Mit Ablauf des 30. November 2000 beendete sie ihre Beschäftigung bei den Klägern. Wegen des von ihr ab April 2000 erzielten Entgelts wird auf die Entgeltabrechnungen Bl. 44 bis 52 der Gerichtsakte verwiesen.

Am 16. Juli 2001 führte die Beklagte bei den Klägern eine Prüfung gemäß § 28p Abs. 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch -- Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung -- (SGB IV) durch. Mit gleichlautenden Bescheiden vom 20. Juli 2001, gerichtet jeweils an die Kläger, stellte sie fest, dass die Beigeladene zu 3) ab dem Sommersemester 2000 als Arbeitnehmerin in allen Zweigen der Sozialversicherung versicherungspflichtig sei. Dies folge aus einer veränderten rechtlichen Bewertung durch ein Urteil des Bundessozialgerichts (BSG), dem gemäß Besprechungsergebnis auf Spitzenverbandsebene Rechnung getragen werde. Die Beklagte nahm gleichzeitig jeden der Kläger als Gesamtschuldner für Beitragsnachforderungen in Höhe von 3.678,74 DM in Anspruch.

Die Kläger erhoben Widerspruch und machten geltend, der Schwerpunkt der Tätigkeiten der Beigeladenen zu 3) habe eindeutig auf dem Studium gelegen. Die Beklagte wies die Widersprüche mit (wiederum gleichlautenden) Widerspruchsbescheiden vom 4. Dezember 2001 zurück.

Hiergegen haben die Kläger am 14. Januar 2002 Klage erhoben, mit der sie ihre Kassationsbegehren weiterverfolgen.

Die Kläger und die Beigeladene zu 3) beantragen,

die Bescheide der Beklagten vom 20. Juli 2001 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 4. Dezember 2001 aufzuheben, soweit darin für die Zeit vom 1. April bis 30. November 2000 Versicherungspflicht der Beigeladenen zu 3) zur Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung in der Beschäftigung bei den Klägern festgestellt worden ist und Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von 3.678,74 DM nachgefordert werden; hilfsweise die Sprungrevision zuzulassen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen;

hilfsweise die Sprungrevision zuzulassen.

Sie hält den angefochtenen Bescheid für zutreffend. Der im BSG-Urteil vom 10. Dezember 1998 (B 12 KR 22/97 R, SozR 3-2500 § 6 Nr. 16) enthaltene Hinweis auf die Entscheidung des BSG vom 22. Februar 1980 (12 RK 34/97, BSGE 50, 25 ff. = SozR 2200 § 172 Nr. 14) lasse den Schluss zu, dass danach zu differenzieren sei, ob ein Arbeitnehmer ein Studium oder ob ein Student eine Beschäftigung aufnimmt. Im ersteren Fall solle Versicherungsfreiheit nur im Rahmen der Geringfügigkeit möglich sein, im letzteren Fall demgegenüber das großzügigere Werkstudentenprivileg gelten.

Die Beigeladenen zu 1), 2) und 4) haben sich in der Sache nicht geäußert und keinen Antrag gestellt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Beteiligtenvorbringens und zur Ergänzung des Sachverhalts wird schließlich Bezug genommen auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakte und der die Betriebsprüfung bei den Klägern betreffenden Verwaltungsakte der Beklagten, die vorgelegen hat und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist als isolierte Teilanfechtungsklage zulässig. Gegen die von der Beklagten ebenfalls festgestellte Versicherungspflicht in der Rentenversicherung haben sich die Kläger zu keinem Zeitpunkt gewandt, da das sog. Werkstudentenprivileg in diesem Sozialversicherungszweig seit dem 1. Oktober 1996 nicht mehr besteht und die Voraussetzungen der Übergangsvorschrift des § 230 Abs. 4 Satz 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) hier ersichtlich nicht erfüllt sind.

Die Klage ist auch begründet. Die streitgegenständlichen Bescheide sind rechtswidrig, soweit darin Versicherungspflicht der Beigeladenen zu 3) in der Krankenversicherung gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch -- Gesetzliche Krankenversicherung -- (SGB V), in der Pflegeversicherung gemäß § 20 Abs. 1 Nr. ...

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