Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragsärztliche Versorgung. Klagebefugnis eines Bewerbers im Nachbesetzungsverfahren
Leitsatz (amtlich)
Ein Bewerber im Nachbesetzungsverfahren ist bereits klagebefugt im Verfahren gegen den Beschluss des Zulassungsausschusses über die Zustimmung zum Nachbesetzungsverfahren, wenn in diesem Beschluss bereits die Auswahl bindende Regelungen enthalten sind.
Tenor
Der Beschluss des Beklagten vom 14. Juli 2017 wird aufgehoben und der Beklagte wird verpflichtet, erneut über den Antrag auf Durchführung des Nachbesetzungsverfahrens bezüglich des Vertragsarztsitzes der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie der Dr. R. unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden.
Der Beklagten hat die Kosten des Verfahrens zu tragen, mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.
Der Streitwert wird auf 180.857,- Euro festgesetzt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um den Beschluss über die Eröffnung eines Nachbesetzungsverfahrens.
Die Klägerin ist Trägerin des MVZ G., B.-Straße 92, … Berlin im Verwaltungsbezirk T.
Die Beigeladenen zu 9) Frau Dr. R. nahm im Umfang eines vollen Vertragsarztsitzes als Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie und Fachärztin für Psychotherapeutische Medizin im Verwaltungsbezirk T.-S. an der vertragsärztlichen Versorgung teil.
Am 7. Juni 2017 stellte Frau Dr. R. beim Beklagten einen Antrag auf Durchführung des Nachbesetzungsverfahrens. Nachdem der Beklagte sie mit Schreiben vom 15. Juni 2017 auf die Neuregelung des § 103 Abs. 3a SGB V hinwies, ergänzte sie den Antrag am 21. Juni 2017 dahingehend, dass die Nachbesetzung für den Facharztsitz für Neurologie und Psychiatrie erfolgen solle und gab als Nachfolgerin die Beigeladene zu 10, die Fachärztin für Nervenheilkunde Frau Dr. med. P. an, die den Vertragsarztsitz in der L.-Straße 52, … B.in im Verwaltungsbezirk M. fortführen wolle.
Mit Beschluss vom 14. Juli 2017 erteilte der Beklagte die Zustimmung zur Durchführung des Nachbesetzungsverfahrens der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie unter der Maßgabe, dass die Nachbesetzung im Bezirk M. erfolgen soll. Dies begründete der Beklagte damit, dass in T.-S. eine Nachbesetzung aus Versorgungsgründen nicht notwendig sei, da nach dem Letter of Intent der Versorgungsgrad in der Arztgruppe der Psychotherapeuten in Berlin 180,1 % betrage, in T.-S. 322,6 %. Weil die Wunschnachfolgerin bereit sei, den Arztsitz nach M. zu verlegen, werde das Nachbesetzungsverfahren auf M. begrenzt.
Im September 2017 erfolgte die Ausschreibung des Vertragsarztsitzes für Neurologie und Psychiatrie begrenzt auf den Bezirk M. durch die Beigeladene zu 1 im Mitteilungsblatt der Kassenärztlichen Vereinigung Berlin (KV).
Mit Schreiben vom 5. und 27. September 2017 stellte die Klägerin einen Antrag auf Zulassung mit Genehmigung der Anstellung der Fachärztin für Neurologie Frau Dr. P. mit 40 Stunden in der Woche im Verwaltungsbezirk T. Den Antrag begründete die Klägerin damit, dass im Bezirk T. eine Unterversorgung im Bereich der Nervenärzte bestehe und der Versorgungsgrad im Jahr 2013 bei 75 % lag bei einem stetigen Anstieg der Bevölkerung.
Neben der Klägerin stellten auch die Beigeladenen zu 7,8 und 10 Anträge auf Zulassung.
Mit Beschluss vom 29. November 2017 ließ der Beklagte den Beigeladenen zu 8 zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung zum Zwecke der Anstellung der Dr. N. und Dr. L. zu. Den Antrag der Klägerin lehnte der Beklagte mit der Begründung ab, dass sie nicht zu berücksichtigen sei, weil sie das Ausschreibungserfordernis der Praxisfortführung in M. nicht erfülle.
Gegen den Beschluss legten die Klägerin und der Beigeladenen zu 7 sowie die Beigeladene zu 10 Widerspruch ein.
Am 30. Mai 2018 beschloss der Berufungsausschuss, Frau Dr. P. an ihrem bisherigen Praxissitz im Verwaltungsbezirk M., L.-Straße …, … B. zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung im Umfang eines vollen Versorgungsauftrages unter der aufschiebenden Bedingung der Fortführung des vollen Versorgungsauftrages der Dr. R. zuzulassen. Den Widerspruch der Klägerin wies der Berufungsausschuss als unzulässig zurück, weil die Ausschreibung auf den Verwaltungsbezirk M. beschränkt gewesen sei. Der Beschluss wurde am 3. August 2018 ausgefertigt.
Gegen den Beschluss des Berufungsausschusses hat allein die Klägerin Klage zum Aktenzeichen S 87 KA 194/18 erhoben.
Am 31. August 2018 hat die Klägerin gegen den Beschluss des Zulassungsausschusses vom 14. Juli 2017 erhoben.
Die Klägerin trägt vor, dass sie durch die Beschränkung des Nachbesetzungsverfahrens auf den Verwaltungsbezirk M. beschwert und daher klagebefugt sei. Aus § 103 Abs. 4 S. 4 SGB V ergebe sich der die Klägerin betreffende Drittschutz. Denn sie habe daraus einen Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Auswahlentscheidung im Rahmen des Nachbesetzungsverfahrens. Da im vorliegenden Fall jedoch bereits der Beschluss über die Zustimmung zum Nachbesetzungsverfahren eine die Klägerin vom Auswahlverfahren ausschließende Entscheidu...