Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialrechtliches Verwaltungsverfahren. Erstattung von Kosten im Vorverfahren. Anspruch auf Kostenfestsetzung. dreißigjährige Verjährung. rechtskräftig festgestellter Anspruch. notwendige Aufwendung. Verstoß gegen Kostenminderungspflicht. Einrede der Verjährung gegen Gebührenrechnung des Rechtsanwalts

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Anspruch auf Kostenfestsetzung gem § 63 Abs 3 SGB 10 verjährt gem § 197 Abs 1 Nr 3 BGB in dreißig Jahren.

2. Kann ein Kläger die Einrede der Verjährung gegen die Rechnung des Bevollmächtigten erheben, handelt es sich bei den Gebühren und Auslagen des Bevollmächtigten nicht um notwendige Aufwendungen iS von § 63 Abs 1 SGB 10. Der Beklagte darf die Festsetzung dieser gleichwohl geltend gemachten Aufwendungen unter Hinweis auf die Kostenminderungspflicht ablehnen.

 

Orientierungssatz

Hinweis der Dokumentationsstelle des Bundessozialgerichts: Nachdem das Berufungsverfahren beim LSG Berlin-Brandenburg (L 32 AS 2178/15) durch Vergleich erledigt wurde, ist dieses Urteil wirkungslos.

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Beklagte hat den Klägern keine Kosten zu erstatten.

Die Berufung wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Frage, ob für ein Widerspruchsverfahren geltend gemachte Kosten verjährt sind.

Die Kläger legten gegen den Bescheid des Beklagten vom 14. März 2008 Widerspruch ein, dem der Beklagte mit Bescheid vom 17. März 2008 abhalf. Zugleich teilte er dem Bevollmächtigten mit, dass die ihm im Widerspruchsverfahren entstandenen Kosten auf Antrag erstattet würden, soweit sie notwendig gewesen seien und nachgewiesen würden. Die Zuziehung des Bevollmächtigten werde als notwendig anerkannt.

Mit Schreiben vom 31. Dezember 2012 beantragten die Kläger beim Beklagten, den Betrag der Aufwendungen, die ihnen als Widerspruchsführern zu erstatten seien, auf 395,08 Euro festzusetzen. Der Gesamtbetrag beruht auf der Berechnung der Gebühren ihres Bevollmächtigten. Der Beklagte lehnte die Erstattung der geltend gemachten Kosten mit Bescheid vom 23. Januar 2013 unter Berufung auf die Verjährungsfrist des § 195 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ab. Der Kostenerstattungsanspruch sei danach bereits mit Ablauf des 31. Dezember 2011 verjährt. Hiergegen legten die Kläger am 25. Februar 2013 Widerspruch ein. Der Anspruch auf Kostenerstattung gemäß § 63 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) verjähre nach § 45 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I). Die Verjährungsfrist ende vorliegend also erst am 31. Dezember 2012. Der Kostenfestsetzungsantrag sei vor Ablauf der Frist gestellt und hemme nach § 45 Abs. 3 Satz 1 SGB I die Verjährung. Mit Widerspruchsbescheid vom 15. Mai 2013 wies der Beklagte den Widerspruch der Kläger zurück. Von § 45 SGB I würden nur die Leistungen erfasst, die dem Einzelnen als Sozialleistungen zustehen, also solche, die dem Einzelnen nach den Vorschriften des Sozialgesetzbuches zur Verwirklichung seiner sozialen Rechte zugute kommen sollten. Der Anspruch auf Erstattung von Kosten für das Vorverfahren diene nicht der Verwirklichung sozialer Rechte des Einzelnen in diesem Sinne. Er bezwecke, den Betroffenen dafür zu entschädigen, dass dieser, weil er die Verwirklichung seiner sozialen Rechte im Vorverfahren streitig habe durchsetzen müssen, besondere Aufwendungen gehabt hätte. Es handele sich also nicht um ein materielles Recht. Der Kostenerstattungsanspruch beruhe hingegen nur auf Verwaltungsverfahrensrecht.

Mit ihrer am 17. Juni 2013 beim Sozialgericht Berlin erhobenen Klage verfolgen die Kläger ihr Begehren auf Erstattung ihrer Kosten für das Widerspruchsverfahren weiter. Nach allen einschlägigen Kommentierungen, die sich mit der Frage der Verjährung des Kostenerstattungsanspruchs befassten, gelte für die Verjährungsfrist § 45 Abs.1 SGB I. Hingegen hätten sie keine Kommentierung zu § 63 SGB X gefunden, die die vom Beklagten vertretene Auffassung stützen würde.

Die Kläger beantragten,

den Bescheid des Beklagten vom 23. Januar 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Mai 2013 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, den Betrag der Aufwendungen, die ihnen für das Widerspruchsverfahren zu erstatten sind, auf 395,08 Euro festzusetzen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung bezieht er sich auf seine Ausführungen im angefochtenen Widerspruchsbescheid.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung der Kammer ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

 

Entscheidungsgründe

Das Gericht konnte nach § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil die Beteiligten hiermit ihr Einverständnis erklärt haben.

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Der Bescheid vom 23. Januar 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Mai 2013 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten, § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG. Die Kläger haben keinen Anspruch auf Festsetzung ihrer Kosten für das Widerspruchsverfahren gegen den Beklagten aus dem Antrag vom 31. Dezember 2012.

Gemäß § 63 Abs. 3 Satz 1, ...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge