Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeld II. Eingliederung in Arbeit. Bildungsgutschein. Förderung des Ausbildungsganges zur "Heilpraktikerin für Psychotherapie/Kunsttherapeutin". Abgrenzung von Ausbildung und Weiterbildung. Prognoseentscheidung

 

Orientierungssatz

1. Ein Anspruch auf Übernahme von Weiterbildungskosten (§ 79 SGB 3) besteht dann nicht, wenn es sich bei dem von einer Antragstellerin besuchten Ausbildungsgang zur Heilpraktikerin für Psychotherapie und Kunsttherapeutin um eine Ausbildung handelt, für die berufliche Vorkenntnisse, insbesondere berufliche Vorerfahrungen, nicht erforderlich sind (so BSG unter Bezugnahme auf vorangegangene Entscheidungen in seinem Urteil vom 29.01.2008 -B 7/7a AL 68/06 R). Danach ist die Abgrenzung zwischen Aus- und Weiterbildung ausschließlich unter Berücksichtigung des Charakters der Maßnahme nach objektiven Kriterien vorzunehmen: maßgebend ist dabei die konkrete Ausgestaltung der Maßnahme, nicht die Perspektive des Teilnehmers (BSG aaO und LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 29.11.2006 -L 6 B 388/06 AL ER-).

2. Auch bei Arbeitnehmern ohne Berufsabschluss ist eine Beschäftigungsprognose in dem Sinne zu verlangen, dass die Erwartung besserer Eingliederungschancen nach Teilnahme an der Maßnahme bestehen muss (vgl. BSG, Urteil vom 03.07.2003 -B 7 AL 66/02 R-).

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

 

Tatbestand

Die 1977 geborene Klägerin begehrt einen Bildungsgutschein für eine 22-monatige überbetriebliche Ausbildung zur Heilpraktikerin Psychotherapie/Kunsttherapie.

Sie ist allein erziehende Mutter zweier Mädchen im Alter von 4 und 6 Jahren.

Nach dem Abitur, das sie mit einem Notendurchschnitt von 2,5 absolvierte, studierte sie insgesamt 8 Semester Architektur von 1996 bis 2000 und daran anschließend 2 Semester Theologie und Philosophie bis September 2002. Einen Abschluss erwarb sie nicht. Während des Studiums, im März 2002, wurde das erste Kind geboren. Die Klägerin war ab Oktober 2002 in der Elternzeit. Im August 2003 bekam sie ihr zweites Kind. Zeiten längerer Berufstätigkeit liegen nicht vor.

Im September 2006 sprach die Klägerin bei dem Beklagten vor und stellte einen Antrag auf Förderung des Ausbildungsganges zur Heilpraktikerin für Psychotherapie/Kunsttherapeutin. Daraufhin wurde sie vom Beklagten am 22. September 2006 und am 06. sowie 10. Oktober 2006 beraten.

Mit Bescheid vom 10. Oktober 2006 lehnte der Beklagte den Antrag der Klägerin im Wesentlichen unter Hinweis auf die mangelnden Eingliederungschancen nach Abschluss der Weiterbildung ab. Gleichzeitig wurden der Klägerin bestimmte Leistungen des Beklagten in Aussicht gestellt, unter anderem die Teilnahme an einer beruflichen Umschulungsmaßnahme, sofern ein am Arbeitsmarkt nachgefragter Beruf angestrebt werde und von einer hohen Eingliederungsaussicht ausgegangen werden könne.

Im Zuge des sich hieran anschließenden Widerspruchsverfahrens wurde ein psychologisches Gutachten hinsichtlich der Eignung der Klägerin für die gewünschte Ausbildung und im Allgemeinen für soziale Berufe erstellt. Dabei wurde die Klägerin auch einer mehrstündigen testdiagnostischen Überprüfung hinsichtlich ihrer intellektuellen Leistungsfähigkeit und ihrer Kenntnisse unterzogen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 30. November 2006 wurde der Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurückgewiesen und angeführt, die von der Klägerin gerügten Ermessensfehler lägen nicht vor. Indizien dafür, dass eine erhebliche Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt in dem von ihr angestrebtem Beruf bestehe, seien nicht ersichtlich. Zwar habe die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten bei Heilpraktikern und artverwandten Berufen in den letzten Jahren zugenommen, gleichzeitig jedoch auch die Anzahl der Arbeitslosen in diesem Bereich.

Bereits am 21. November 2006 hatte die Klägerin einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung bei dem Sozialgericht Berlin gestellt mit dem Ziel, den Beklagten zu verpflichten, ihr einen Bildungsgutschein für einen 22-monatige überbetriebliche Ausbildung in dem von ihr gewünschten Bereich zu erteilen. Dieser Eilantrag wurde mit Beschluss der 53. Kammer des SG Berlin vom 08. Dezember 2006 (S 53 AS …) abgelehnt.

Am 28. Dezember 2006 hat die Klägerin die vorliegende Klage erhoben. Sie hält ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt nach abgeschlossener Weiterbildung für gut und schätzt sich als sehr befähigt für den von ihr gewählten Ausbildungsgang ein. Wegen ihres fehlenden Berufsabschlusses sei in ihrem Fall die Notwendigkeit einer Weiterbildung anzuerkennen.

Im März 2007 hat die Klägerin den angestrebten Fortbildungslehrgang in den Fächern Kunsttherapie und Psychotherapie an der “Akademie für ganzheitliche Gesundheitsbildung C N. “ begonnen und im März 2008 die Zwischenprüfung mit 182 von 200 möglichen Punkten erfolgreich absolviert. Die monatlich anfallenden Kursgebühren in Höhe von 311,- € finanziert die Klägerin nach eigenem Vorbringen teilweise durch ei...

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