Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Eingliederungsleistungen. Förderung der beruflichen Weiterbildung. Abgrenzung von Ausbildung und Weiterbildung. Heilpraktiker Psychotherapie
Leitsatz (amtlich)
1. Eine Förderung gemäß § 16 Abs 1 S 2 SGB 2 iVm §§ 77ff SGB 3 kommt nur dann in Betracht, wenn die zu fördernde Maßnahme eine Weiterbildung und nicht eine Ausbildung darstellt.
2. Die Abgrenzung ist anhand objektiver Kriterien vorzunehmen (vgl ua BSG vom 29.1.2008 - B 7/7a AL 68/06 R = BSGE 100, 6 = SozR 4-4300 § 60 Nr 1).
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Förderung einer Ausbildungsmaßnahme zur “Heilpraktikerin für Psychotherapie„.
Die Klägerin befand sich jedenfalls bis einschließlich Dezember 2009 bei dem Beklagten im Bezug von Leistungen nach dem SGB II. Am 10.12.2009 beantragte sie die Förderung einer Ausbildungsmaßnahme zur “Heilpraktikerin Psychotherapie„. Mit Bescheid vom 27.01.2010 lehnte der Beklagte die Förderung ab. Zur Begründung führte er aus, dass für die von der Klägerin angestrebte Weiterbildung ein bedeutender Arbeitskräftemangel nach erfolgreichem Abschluss nicht prognostiziert werden könne. Gegen diesen Bescheid legte sie am 10.02.2010 Widerspruch ein. Dieser wurde mit Widerspruchsbescheid vom 03.03.2010 als unbegründet zurückgewiesen.
Gegen diesen erhob die Klägerin am 16.03.2010 Klage beim Sozialgericht Bremen. Die Fortbildung sei erforderlich um sie beruflich einzugliedern. Die Klägerin sei gelernte Altenpflegerin, könne diesen Beruf aufgrund eines Wirbelsäulenleidens jedoch nicht weiter ausüben. Die Klägerin sei bereits eingeschrieben für die Maßnahme “Ausbildung zur Vorbereitung auf die amtsärztliche Überprüfung zum Heilpraktiker„ bei der C-Trägerin in A-Stadt. Für das gewählte Berufsziel bestehe eine positive Beschäftigungsprognose.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid des Beklagten vom 27.01.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.03.2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin unter Zugrundelegung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er beruft sich auf seinen Vortrag im Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren sowie auf den Inhalt des Beschlusses des Sozialgerichts Bremen vom 18.02.2010, Az. S 23 AS 227/10 ER.
Mit diesem hat das Gericht den Antrag der Klägerin auf Erlass einer einstweiligen Anordnung in dieser Angelegenheit abgelehnt. Auf den Inhalt des Beschlusses wird insoweit verwiesen.
Mit Schreiben vom 10.05.2011 hat das Gericht die Parteien darauf hingewiesen, dass es beabsichtigt über die Klage gemäß § 105 SGG durch Gerichtsbescheid ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Rechtsstreites wird auf den Inhalt der Leistungs- und Verwaltungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
I.
Das Gericht konnte über diese Klage gemäß § 105 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Gerichtsbescheid ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Angelegenheit keine besonderen Schwierigkeiten in rechtlicher oder tatsächlicher Hinsicht aufweist und der Sachverhalt geklärt ist.
II.
Die als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage auszulegende Klage ist zulässig, aber unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Förderung der Maßnahme “Ausbildung zur Vorbereitung auf die amtsärztliche Überprüfung zum Heilpraktiker„.
Als Anspruchsgrundlage für die begehrte Eingliederungsleistung kommt nur § 16 Abs. 1 Satz 2 SGB II in Verbindung mit § 77 Abs. 3 SGB III in Betracht.
Nach § 16 Abs. 1 Satz 2 SGB II können als Leistungen zur Eingliederung in Arbeit unter anderem alle im Sechsten Abschnitt des Vierten Kapitels des SGB III geregelten Leistungen erbracht werden. Soweit das SGB II nichts Abweichendes regelt, gelten für diese Leistungen die Voraussetzungen und Rechtsfolgen des SGB III mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Arbeitslosengeldes die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II treten.
Anspruchsgrundlage für die Erteilung des Bildungsgutscheins ist § 77 Abs. 3 und 4 in Verbindung mit Abs. 1 SGB III. Nach § 77 Abs. 1 SGB III können Arbeitnehmer bei beruflicher Weiterbildung durch Übernahme der Weiterbildungskosten gefördert werden, wenn (1.) bei ihnen wegen eines fehlenden Berufsabschlusses die Notwendigkeit der Weiterbildung anerkannt ist, (2.) vor Beginn der Teilnahme eine Beratung durch die Agentur für Arbeit erfolgt ist und (3.) die Maßnahme und der Träger der Maßnahme für die Förderung zugelassen ist.
Grundvoraussetzung ist es aber, dass die zu fördernde Maßnahme eine Weiterbildung im Sinne von § 77 Abs. 1 SGB III darstellt. Dabei ist die Weiterbildung von einer Ausbildung abzugrenzen. Die Unterscheidung zwischen einer Aus und einer Weiterbildung ist ausschließlich unter Berücksichtigung des Charakters der Maßnahme nach objektiven Kriterien vorzunehmen. Maßgebend ist dabei die konkrete Ausgestaltung der Maßnahme, nicht die Perspektive des Teilnehmer...