Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Arbeitslosengeld II. Bestimmung der Kläger. Meistbegünstigung. sozialrechtliches Verwaltungsverfahren. Aufhebungs- und Erstattungsbescheid. Unterkunft und Heizung. Guthaben aus Betriebskostenabrechnung. Abzug von Warmwasserbereitungskosten nur bei konkreter Erfassung. Rechtswidrigkeit der Erstattungsforderung. fehlende Aufhebung aller Bescheide für den Aufhebungszeitraum
Leitsatz (amtlich)
1. Der Meistbegünstigungsgrundsatz kann zur Verhinderung unbilliger Ergebnisse auch nach der vom Bundessozialgericht festgelegten Übergangszeit zur Bestimmung herangezogen werden, welche Personen Klage erhoben haben (vgl BSG vom 7.11.2006 - B 7b AS 8/06 R = BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1).
2. Fehlt es an einer konkreten Erfassung der für die Erzeugung von Warmwasser aufgewendeten Kosten, erfolgt eine Reduzierung eines anzurechnenden Betriebs- und Heizkostenguthabens nach § 22 Abs 1 S 4 Halbs 2 SGB 2 aF nicht (vgl BSG vom 22.3.2012 - B 4 AS 139/11 R = BSGE 110, 294 = SozR 4-4200 § 22 Nr 55 und LSG Berlin-Potsdam vom 22.6.2011 - L 28 AS 1198/09).
3. Eine Rückforderung von Leistungen nach § 50 Abs 1 S 1 SGB 10 scheidet aus, wenn aus einem anderen als dem aufgehobenen Verwaltungsakt ein Rechtsgrund für das Behaltendürfen abgeleitet werden kann.
Tenor
Der Erstattungsbescheid vom 10. Oktober 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Oktober 2008 wird aufgehoben.
Der Beklagte wird - unter entsprechender Abänderung des Bewilligungsbescheides vom 21. August 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Oktober 2008 - verurteilt, der Klägerin zu 1) für den Monat September 2008 weitere Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 4,20 EUR und dem Kläger zu 2) für den Monat September 2008 weitere Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 6,74 EUR zu gewähren.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Der Beklagte erstattet den Klägern zwei Drittel ihrer notwendigen außergerichtlichen Kosten.
Die Berufung der Kläger wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit der Anrechnung eines Betriebskostenguthabens in Höhe von insgesamt 987,75 EUR in den Monaten August und September 2008.
Die im Jahr 1959 geborene Klägerin zu 1) und ihr im Jahre 1995 geborener Sohn, der Kläger zu 2) standen im streitgegenständlichen Zeitraum beim Beklagten im laufenden Leistungsbezug. Die Klägerin zu 1) hat das alleinige Sorgerecht für den Kläger zu 2).
Der Beklagte bewilligte den Klägern mit Bescheid vom 4. Februar 2008 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes für den Zeitraum März 2008 bis August 2008 in Höhe von monatlich zusammen 1053,84 EUR, darunter Kosten der Unterkunft in Höhe von 297,35 EUR für die Klägerin zu 1) und in Höhe von 297,37 EUR für den Kläger zu 2).
Mit Änderungsbescheid vom 30. Juni 2008 änderte der Beklagte diesen Bescheid dahingehend ab, dass den Klägern für den Zeitraum Juli 2008 bis August 2008 monatliche Leistungen in Höhe von 1055,84 EUR bewilligt worden. Die Höhe der bewilligten Kosten der Unterkunft blieb dabei unverändert.
Mit Schreiben vom 30. Juni 2008 teilte der Vermieter der Kläger mit, dass ein Betriebskostenguthaben in Höhe von 987,75 EUR bestehe. Dieses werde auf die Miete für August und anteilig auf die Miete für September 2008 verrechnet. Auf Antrag könne jedoch auch eine Barauszahlung erfolgen. Die Klägerin zu 1) ließ sich den Gesamtbetrag am 17. Juli 2008 auszahlen.
Aus der vorliegenden Betriebskostenabrechnung ergibt sich, dass die Gesamtwarmwasserkosten auf die einzelnen Wohneinheiten zu 50% nach der Wohnungsgröße und zu 50% nach Verbrauch verteilt worden sind. Als Gesamtwarmwasserkosten sind in der Abrechnung 31,5 % der Kosten für die insgesamt bezogene Energie (Fernwärme) angesetzt worden.
Mit Bescheid vom 21. August 2008 bewilligte der Beklagte den Klägern Leistungen für den Zeitraum September 2008 bis Februar 2009. Dabei bewilligte er für den Monat September 2008 statt der den in übrigen Monaten bewilligten Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 600,52 EUR lediglich Kosten der Unterkunft in Höhe von zusammen 213,46 EUR und brachte damit ein verbleibendes Betriebskostenguthaben in Höhe von 387,06 EUR in Abzug.
Mit Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 10. Oktober 2008 hob der Beklagte seine Entscheidung vom 30. Juni 2008 über die Bewilligung von Leistungen für den Monat August 2008 gegenüber den Klägern in Höhe von insgesamt 594,72 EUR auf und verlangte Kosten der Unterkunft in Höhe von 297,35 EUR von der Klägerin zu 1) bzw. 297,37 EUR vom Kläger zu 2) erstattet.
Die Kläger erhoben gegen die Bescheide vom 21. August 2008 und 10. Oktober 2008 am 8. September 2008 bzw. 23. Oktober 2008 Widerspruch. Der Beklagte wies die Widersprüche mit Widerspruchsbescheiden vom 29. Oktober 2008 als unbegründet zurück.
Die Klägerin zu 1) hat am 24. November 2008 Klage erhoben, die sich gegen die Rückforderung in Höhe von 594,72 EUR für den Monat August 2008 und gegen die Bewilligung von Leistungen im Monat September 2...