Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialhilfe. Hilfe zur Pflege. Anspruch eines Pflegedienstes auf Zahlung einer Vergütung für vor dem Tod des Hilfeempfängers erbrachte ambulante Leistungen gegen den Sozialhilfeträger. Übertragbarkeit der Rechtsprechung des BSG zum sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnis bei stationären Leistungen der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen. Zahlungsverpflichtung des Sozialhilfeträgers auch für nach dem Tod des Hilfeempfängers zugegangene Rechnungen. Verjährung
Orientierungssatz
1. Die Rechtsprechung des BSG zum sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnis im Falle stationärer Leistungen der Eingliederungshilfe in seinen Urteilen vom 28.10.2008 - B 8 SO 22/07 R = BSGE 102, 1 = SozR 4-1500 § 75 Nr 9 und vom 2.2.2010 - B 8 SO 20/08 R = FEVS 61, 534 ist auf das Dreiecksverhältnis im Falle ambulanter Pflegeleistungen zu übertragen.
2. Der Zahlungsanspruch aus dem Schuldbeitritt im Rahmen eines sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnisses verjährt gem § 195 BGB binnen drei Jahren. Die Verjährung richtet sich nach dieser Norm, weil der Schuldbeitritt die zivilrechtliche Schuld aus dem zivilrechtlichen Pflegevertrag nicht in eine öffentlich-rechtliche umwandelt (vgl BVerwG vom 3.3.2011 - 3 C 19/10 = BVerwGE 139, 125).
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Die Sprungrevision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über den Vergütungsanspruch der Klägerin, einem ambulanten Pflegedienst, für an die Hilfebedürftige vor ihrem Tod erbrachte Leistungen. Die Beklagte verweigert trotz vorhandenen Kostenübernahmebescheides an die Hilfebedürftige die Zahlung von Rechnungen, wenn die Rechnungen nach dem Tod der Hilfebedürftigen ausgestellt worden sind.
Die Klägerin schloss im Einvernehmen mit dem zuständigen Träger der Sozialhilfe am 20.9.2002 einen Versorgungsvertrag nach § 72 Elftes Sozialgesetzbuch (SGB XI) betreffend ambulante Pflegeleistungen. Eine Vergütungsvereinbarung gem. § 89 SGB XI vom 28.9.2006 ist ab 1.10.2006 in Kraft getreten
Die Hilfebedürftige Frau D… (im Folgenden: Hilfebedürftige) schloss mit der Klägerin am 7. August 2003 einen Vertrag über Erbringung häuslicher Pflege. Die Hilfebedürftige zog zum 5. Juni 2007 von H… nach B… und beantragte bei der Beklagten am 5. Juni 2007 Leistungen der Hilfe zur Pflege.
Mit Schreiben vom 4. Oktober 2007 erklärte die Beklagte gegenüber der Klägerin eine “Kostengarantie„ ab 5. Juni 2007. In diesem Schreiben führte sie konkret aus, in welchem Umfang die Hilfebedürftige gegen sie Anspruch auf Kostenübernahme für die Heranziehung einer besonderen Pflegekraft nach § 65 Zwölftes Sozialgesetzbuch (SGB XII) habe. Soweit die Leistungserbringung der Klägerin dem entspräche und die Hilfeempfängerin entsprechenden Rechtsanspruch besitze, könne die Klägerin ihr die erbrachten Leistungen unmittelbar in Rechnung stellen.
Mit Bescheid vom 4. Oktober 2007 an die Hilfeempfängerin erklärte die Klägerin die Übernahme der angemessenen Kosten für die Inanspruchnahme besonderer Pflegekräfte gem. § 65 SGB XII im Umfang der der Klägerin erteilten Kostengarantie ab 5. Juni 2007 bis 31. Oktober 2007. Auch zukünftig werde sie weiter die angemessenen Kosten für die Inanspruchnahme des ambulanten Dienstes tragen und monatlich entsprechende Entscheidungen treffen, soweit die Leistungsvoraussetzungen nach SGB XII weiterhin vorlägen.
Gegen den Bescheid vom 4. Oktober 2007 legte der Sohn der Hilfeempfängerin mit Schreiben vom 16. Oktober 2007 Widerspruch ein.
Frau D… November 2007.
Am 23. November 2007 gingen bei der Beklagten Rechnungen der Klägerin vom 15.11.2007 ein, u.a. für Juni 2007 i.H.v. 1.748,76 €.
Mit Schreiben vom 6. Dezember 2007 antwortete die Beklagte, sie könne die nach dem Tod der Hilfebedürftigen ausgestellten Rechnungen nicht begleichen. Es fehle ein Anspruchsübergang auf den Pflegedienst.
Daraufhin erklärte die Klägerin mit Schreiben vom 10. Dezember 2007, eingegangen bei der Beklagten am 11. Dezember 2007, gegen den Bescheid vom 6. Dezember 2007 lege sie Widerspruch ein. Die Rechnungen hätten nicht früher gestellt werden können, weil sie von ihr bis Oktober noch keine endgültige Kostenzusage gehabt habe. Es habe noch ein Widerspruchsverfahren gegeben, so dass eine genaue Rechnungsstellung noch nicht möglich gewesen sei. Alle Pflegenachweise seien “i.A.„ unterschrieben worden. Die Hilfeempfängerin und auch der Ehemann seien aufgrund ihrer Erkrankungen nicht in der Lage gewesen, selbst zu unterzeichnen. Der einzige Verwandte lebe in Moskau und einen Betreuer habe es nicht gegeben. Sie könne auch die gesamte Pflegedokumentation zur Verfügung stellen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 31. Januar 2008 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Sie habe den Kostenübernahmeantrag der Klägerin mit Bescheid vom 6. Dezember 2007 abgelehnt. Gem. § 19 Abs. 6 SGB XII stünde nach dem Tod des Berechtigten dessen Anspruch auf Leistungen für Einrichtungen oder auf Pflegegeld demjenigen zu, der die Leistungen erbra...