Steuerermäßigung für ambulante Pflege- und Betreuungskosten nur bei Eigenaufwand
Wer würde sich nicht wünschen, auch im hohen Alter weiterhin im vertrauten Zuhause zu leben? In vielen Familien sorgt der Einsatz von Angehörigen und Pflegediensten dafür, dass dies kein bloßer Wunsch bleiben muss. Nicht zu vergessen sind bei allem Engagement jedoch die Kosten, die für die Betreuung durch Fachkräfte anfallen. Das Gleiche gilt, wenn Unterstützung im Haushalt notwendig wird. Allzu verständlich ist es da, wenn Betroffene ihre Ausgaben steuerlich geltend machen wollen. Dass dabei jedoch Fallstricke lauern, musste jetzt eine Familie erfahren, deren Fall zuletzt beim Bundesfinanzhof (BFH Urteil vom 12.4.2022 - VI R 2/20) zur Entscheidung vorlag.
Ambulante Pflege im eigenen Haushalt
Die Tochter hatte in einem Vertrag mit der Sozialstation Pflegeleistungen für ihre in einem eigenen Haushalt lebende Mutter vereinbart. In dieser von der Tochter unterschriebenen Vereinbarung wurde die Mutter als Leistungsnehmerin bezeichnet. Außerdem wurde die Mutter von der Sozialstation in deren Rechnungen in Höhe von insgesamt rund 1.000 EUR als Empfängerin benannt. Versandt wurden die Rechnungen jedoch an die Tochter, die diese auch beglich und schließlich in ihrer Einkommensteuererklärung ansetzte.
Das zuständige Finanzamt erkannte die Ausgaben der Tochter jedoch nicht als ambulante Pflege- und Betreuungskosten an. In seiner Begründung wies es darauf hin, dass die Rechnungen auf die Mutter der Steuerpflichtigen ausgestellt waren. Voraussetzung für eine steuerliche Anerkennung wäre aber, dass sie den Beleg selbst erhalten hätte. Auch das Finanzgericht Berlin-Brandenburg erkannte den Abzug der Ausgaben im anschließenden Verfahren nicht an. Nach Einschätzung der Richter sind Aufwendungen für die ambulante Pflege und Betreuung von Familienangehörigen in deren eigenem Haushalt nicht zu berücksichtigen.
Steuerliche Berücksichtigung von Pflege- und Betreuungsleistungen
Der Bundesfinanzhof wies in der Revision jedoch darauf hin, dass eine Steuermäßigung bei ambulanten Pflege- und Betreuungsaufwendungen auch dann zu gewähren ist, wenn die Leistungen im Haushalt der zu pflegenden Person erbracht werden. Die Kosten dafür können von demjenigen steuerlich geltend gemacht werden, der sie getragen hat. Voraussetzung sind dafür weder eine Rechnung noch die Zahlung per Überweisung.
Bei der Einkommensteuer anerkannt werden dabei sowohl personenbezogene als auch haushaltsbezogene Dienstleistungen. Diese umfassen die Grundpflegemaßnahmen genauso wie Tätigkeiten der Haushaltsführung. Dazu zählen zum Beispiel Einkaufen, Kochen oder der Hausputz. Aufgeführt sind die Aufgaben im Leistungskatalog der Pflegeversicherung.
Auf den eigenen Aufwand kommt es an
Um Kosten bei der Einkommensteuer geltend machen zu können, müssen diese die Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen reduzieren. Entscheidend ist daher, dass Angehörige die Pflege- und Betreuungsleistungen tatsächlich aus eigener Tasche bezahlt haben. Übernehmen sie dagegen nur die Zahlung im Auftrag des Betroffenen, entfällt für sie die Möglichkeit, ihre Steuern entsprechend zu mindern. Im vorliegenden Fall bleibt daher zu klären, ob die Tochter den Aufwand selbst getragen oder lediglich die Überweisung für ihre Mutter vorgenommen hat. Daher hat der Bundesfinanzhof die Sache an das Finanzgericht Berlin-Brandenburg zur weiteren Überprüfung zurückverwiesen.
Steuerermäßigung bei Heimunterbringung
Anders als bei der ambulanten Pflege und Betreuung können Kosten für eine stationäre Unterbringung im Pflegeheim nur vom Bewohner selbst steuerlich geltend gemacht werden. Dies ergibt sich daraus, dass der Betroffene in diesem Fall der Leistungsempfänger ist. Bei der ambulanten Pflege sind dagegen auch die Angehörigen stärker eingebunden. Als Ausgleich dafür profitieren sie von der Steuerermäßigung, wenn sie die Aufwendungen selbst tragen.
Praxis-Tipp: Voraussetzung für die steuerliche Absetzbarkeit von Pflegekosten
Pflegekosten lassen sich bei der Einkommensteuer geltend machen, wenn die zu pflegende Person eine anerkannte Pflegebedürftigkeit aufweist. Die ist der Fall, wenn sie in eine der 5 Pflegestufen eingruppiert wurde. Auch wer einen Schwerbeschädigtenausweis mit den Merkmalen „H“ oder „Bl“ besitzt, zählt zum begünstigten Personenkreis. Das Gleiche gilt für Menschen mit einer anerkannten Krankheit, denen daraufhin entsprechende Kosten entstehen. Die Ausgaben für einen anerkannten Pflegedienst können schließlich als außergewöhnliche Belastungen in der Einkommensteuererklärung eingesetzt werden. Ein Eigenanteil in Höhe der zumutbaren Belastung ist daher selbst zu tragen.
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