Entscheidungsstichwort (Thema)
Beratungspflicht des Rentenversicherungsträgers bei Erhöhung des Zuschusses zur Krankenversicherung eines Beihilfeberechtigten. rückwirkender Teilverzicht. sozialrechtlicher Herstellungsanspruch
Leitsatz (amtlich)
1. Aufklärungs- und Beratungspflichten der Rentenversicherungsträger bestehen gemäß § 14 SGB 1 auch hinsichtlich nicht dem originären Kompetenzbereich des Rentenversicherungsträgers zugehörender Lebenssachverhalte, wenn und soweit er in die Regelung dieses Lebensbereichs unmittelbar (arbeitsteilig) eingebunden ist und gegenüber den Versicherten tätig wird.
2. Weist der Rentenversicherungsträger im Rahmen der Erhöhung eines von ihm gewährten Beitragszuschusses zur Krankenversicherung versorgungs- und beihilfeberechtigte Rentenberechtigte nicht darauf hin, daß die Höhe des Beitragszuschusses Einfluß auf die Höhe der Beihilfeleistungen hat, verletzt er seine Beratungs- und Aufklärungspflicht gemäß § 14 SGB 1.
3. Hat sich die Höhe der einem Rentner gewährten versorgungsrechtlichen Beihilfe aufgrund einer Erhöhung der vom Rentenversicherungsträger gewährten Beitragszuschüsse zur Krankenversicherung verringert und erging kein entsprechender Hinweis des Rentenversicherungsträgers, kann der Rentner im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruches später einen rückwirkenden Teilverzicht auf den Beitragszuschuß erklären.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten sich darüber, ob die Klägerin rückwirkend einen Verzicht auf ihren Beitragszuschuß zur Krankenversicherung erklären kann.
Die Klägerin war bis zum Jahr 1975 als Richterin berufstätig, zuletzt als Vorsitzende Richterin am Verwaltungsgericht. Sie bezieht seit dem 01.06.1975 von der Beklagten Rentenleistungen aus eigener Versicherung, zunächst als Erwerbsunfähigkeitsrente und später als Regelaltersrente. Außerdem bezog die Klägerin als Witwe ihres verstorbenen Ehemannes seit Juli 1984 eine Hinterbliebenenrente.
Die Klägerin ist als pensionierte und versorgungsberechtigte Richterin hinsichtlich ihrer Krankheitskosten beihilfeberechtigt nach den Berliner Allgemeinen Verwaltungsvorschriften in Krankheits-, Pflege-, Geburts- und Todesfällen (Beihilfevorschriften, BhV). Von der für Rentner nach § 5 Absatz 1 Nr. 11 SGB V grundsätzlich bestehenden Pflichtversicherung in der Krankenversicherung der Rentner wurde die Klägerin auf Antrag von der AOK Berlin befreit. Zusätzlich zu ihrer Beihilfeberechtigung war sie deshalb zunächst freiwillig bei der AOK und seit dem 01.07.1989 bei einer Privatversicherung krankenversichert. Zu den insoweit von ihr zu entrichtenden Beiträgen erhielt die Klägerin zu ihren beiden Renten von der Beklagten Beitragszuschüsse.
Die Zuschüsse, die sich anhand eines festgelegten Prozentsatzes aus der Gesamtsumme der beiden Renten errechneten und einheitlich zur Regelaltersrente der Klägerin gezahlt wurden, betrugen bis zum Monat Februar 1995 weniger als DM 80,00 (z.B. Rentenbescheid vom 23.06.1993: DM 73,11 (6,70 % von DM 1.091,17 Gesamtrentenleistungen)). Aufgrund einer Neufestsetzung der Hinterbliebenenrente der Klägerin mit Wirkung ab dem 01.03.1995, aufgrund derer sich die Gesamtsumme der Rentenleistungen auf über DM 2.800,-- erhöhte, wurde von der Beklagten durch Rentenbescheid vom 11.08.1995 auch die Höhe der zur Regelaltersrente gewährten Beitragszuschüsse zur Krankenversicherung auf einen Betrag von nunmehr DM 167,84 neu festgesetzt.
In der Folgezeit bekam die Klägerin von dem für die Gewährung der Beihilfe zuständigen Landesverwaltungsamt für durchgeführte Krankenbehandlungen zunächst weiter Beihilfeleistungen in Höhe von 70 % der erstattungsfähigen Aufwendungen. Nachdem dieses im Laufe des Jahres 1997 jedoch Kenntnis von der Erhöhung der Beitragszuschüsse erhalten hatte, wurde der Klägerin auf noch laufende Beihilfeanträge Ende Oktober 1997 nur noch Beihilfe in Höhe eines Erstattungssatzes von 50 % gewährt. Außerdem wurde die Klägerin vom Landesverwaltungsamt mit Bescheid vom 12.02.1998 wegen seit dem 01.03.1995 zu Unrecht in Höhe von 70 % geleisteter Beihilfen aufgefordert, eine Überzahlung von DM 8.332,26 zurückzuzahlen. Gemäß § 14 Absatz 5 der BhV verringere sich der Bemessungssatz um 20 %, wenn zu den Beiträgen einer privaten Krankenversicherung ein Zuschuß in Höhe von mindestens DM 80,-- gezahlt werde Die Bescheide sind noch nicht bestandskräftig. Über von der Klägerin eingelegte Rechtsbehelfe soll erst entscheiden werden, wenn geklärt ist, ob die Klägerin rückwirkend auf einen Teil ihrer Beitragszuschüsse verzichten kann.
Nachdem die Klägerin im Rahmen einer telephonischen Nachfrage am 17.11.1997 vom zuständigen Sachbearbeiter der Beklagten darauf hingewiesen worden war, daß der Beitragszuschuß auf unter DM 80,-- begrenzt bleiben müsse, damit keine Kürzung der Beihilfe erfolgt, beantragte sie die entsprechende Herabsetzung mit Schreiben vom 09.12.1997 rückwirkend ab der letzten Erhöhung bzw. ab dem 01.07.1997.
Außerdem legte die Klägerin gegen den zwischenzeitlich ergangenen Rentenbescheid vom 03.12.1997,...