Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosenversicherung. Bescheide über Ende der freiwilligen Weiterversicherung unterliegen nicht den §§ 44ff SGB 10. Vorversicherungszeit nach § 28a Abs 1 S 2 Nr 1 idF vom 28.5.2008. Fortbestand einer freiwilligen Weiterversicherung. Beitragsentrichtung trotz Vorliegens eines Beendigungstatbestandes. Begründung eines Versicherungspflichtverhältnisses durch Antragstellung
Leitsatz (amtlich)
1. Zur Erfüllung der Vorversicherungszeiten nach § 28a Abs 1 S 2 Nr 1 SGB 3 in der Fassung bis zum 31.12.2010 können Zeiten einer freiwilligen Weiterversicherung nicht herangezogen werden.
2. Bescheide, die das Ende der Versicherungsberechtigung nach § 28a Abs 2 S 2 SGB 3 aF (deklaratorisch) feststellen, sind nicht den für Aufhebungsbescheide geltenden Regelungen der §§ 44ff SGB 10 unterworfen.
3. Der Annahme einer freiwilligen Weiterversicherung allein durch die Beitragsentrichtung dürfte bereits entgegenstehen, dass § 28a SGB 3 im Gegensatz zu den anderen Versicherungspflichtverhältnissen nach dem SGB 3 eine Antragstellung des Betroffenen erfordert. Jedenfalls bei der Weiterentrichtung von Beiträgen zur freiwilligen Weiterversicherung trotz des Vorliegens eines Beendigungstatbestands nach § 28a Abs 2 S 2 SGB 3 Nr 1 oder Nr 2 SGB 3 aF ist die Annahme des Fortbestands der Weiterversicherung mit dem Gesetz nicht vereinbar.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen die Beendigung der freiwilligen Weitersicherung in der Arbeitslosenversicherung nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) für die Vergangenheit und begehrt die erneute freiwillige Weiterversicherung.
Der 1949 geborene Kläger beantragte am 27.03.2006 bei der Beklagten die freiwillige Weiterversicherung anlässlich der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit als Drehbuchautor. Durch Bescheid vom 29.03.2006 teilte die Beklagte ihm mit, dass seinem Antrag auf freiwillige Weiterversicherung entsprochen werde und die freiwillige Weiterversicherung am 27.03.2006 beginne. Der Bescheid enthielt auch einen Hinweis auf die Gründe für die Beendigung der freiwilligen Versicherung in § 28a Abs. 2 S. 3 SGB III in der damals gültigen Fassung. Bei der Zitierung des § 28a Abs. 2 S. 3 Nr. 1 SGB III - Beendigungsgrund des Bezugs einer Entgeltersatzleistung nach dem SGB III - wurde das Arbeitslosengeld als eine mögliche Entgeltersatzleistung beispielhaft genannt.
Der Kläger meldete sich am 08.06.2006 bei der Agentur für Arbeit Neuruppin arbeitslos. Ihm wurde daraufhin für den Zeitraum 08.06.2006 bis 30.11.2006 Arbeitslosengeld aus einem früher entstandenen und noch nicht ausgeschöpften Anspruch gewährt. Danach nahm der Kläger seine selbständige Tätigkeit als Drehbuchautor wieder auf.
Durch die Änderungsbescheide vom 05.12.2006, 03.12.2007 und 01.12.2008 wurde der Kläger durch die Beklagte unter Feststellung der maßgeblichen Bezugsgröße zur Zahlung des jeweiligen Jahresbeitrags im Voraus aufgefordert.
Zum 06.08.2009 meldete sich der Kläger bei der Beklagten arbeitslos. Die Beklagte gewährte ihm daraufhin durch Bewilligungsbescheid vom 17.08.2009 Arbeitslosengeld und hob mit Bescheid vom 10.08.2009 den Bescheid vom 29.03.2006 ab dem 06.08.2009 auf, da die Tätigkeit als Selbständiger am 05.08.2009 geendet habe.
Im Rahmen eines Widerspruchsverfahrens gegen den Bewilligungsbescheid vom 17.08.2009 wies der Kläger selbst darauf hin, dass er im Zeitraum 08.06.2006-30.11.2006 Arbeitslosengeld bezogen hat. Die Beklagte nahm danach mit Aufhebungsbescheid vom 22.10.2009 die Bescheide vom 05.12.2006, 03.12.2007, 01.12.2008 und vom 10.08.2009 zurück. Mit Bescheid vom 29.03.2006 sei dem Antrag auf freiwillige Weiterversicherung entsprochen worden. Die Voraussetzungen für die freiwillige Weiterversicherung lägen aber nicht mehr vor, weil die Tätigkeit als Selbständiger am 07.06.2006 geendet habe. Die bewilligende Entscheidung werde deshalb ab 08.06.2006 nach § 48 Abs. 1 S. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) i. V. m. § 330 Abs. 3 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) aufgehoben. Die überzahlten Beiträge würden dem Kläger erstattet.
Den Widerspruch des Klägers dagegen wies die Beklagte mit Bescheid vom 16.11.2009 als unbegründet zurück. Die rückwirkende Aufhebung sei zu Recht erfolgt. Die Aufhebungsvoraussetzungen nach § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 und Nr. 4 SGB X lägen vor. Grob fahrlässig handele, wer eindeutige Hinweise in Vordrucken und Merkblättern nicht beachte. Bereits aus dem Inhalt des Bescheides vom 29.03.2006 sei dem Kläger bekannt gewesen, dass die freiwillige Weiterversicherung mit dem Bezug von Arbeitslosengeld ende. Er habe daher wissen müssen, dass die Weiterversicherung entgegen seinem Vortrag nicht “automatisch weitergeführt„ werde. Außerdem sei ihm im Bescheid vom 29.03.2006 aufgegeben worden, alle für die freiwillige Weiterversicherung erheblichen Änderungen in seinen Verhältnissen unverzüglich mitzuteilen, was er nicht getan habe. Sein Vortrag, er habe anlässlich seiner Arbeitslosmeldung am 08.06...