Orientierungssatz
Parallelentscheidung zu dem Urteil des SG Berlin vom 27.8.2008 - S 83 KA 653/07, das vollständig dokumentiert ist.
Tenor
Der Beschluss des Beklagten vom 10. April 2007 (schriftlicher Bescheid vom 11. Juli 2007) bezüglich der Feststellung eines sonstigen Schadens auf Antrag der AOK wird aufgehoben.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese jeweils selbst tragen.
Tatbestand
Streitig ist ein Regress wegen verschiedener einzelner Arzneimittelverordnungen, der anlässlich der Richtgrößenprüfung für das Jahr 2000 festgesetzt wurde.
Die Klägerin ist eine Gemeinschaftspraxis, die von den beiden Gesellschafterinnen Dr. E E und Dr. D B geführt wird und an der vertragsärztlichen Versorgung in Berlin teilnimmt. Beide Gesellschafterinnen sind Fachärztinnen für Innere Medizin, der Schwerpunkt ihrer Tätigkeit liegt im Bereich der Dialyse, der Behandlung und Betreuung transplantierter Patienten und der Behandlung von Bluthochdruckerkrankungen.
Mit Schreiben vom 5. November 2002 teilte die Geschäftsstelle der Prüfgremien bei der Kassenärztlichen Vereinigung Berlin der Klägerin mit, dass ihre Verordnungsweise für das Jahr 2000 nach Richtgrößen von Amts wegen überprüft werde. Mit Stellungnahme vom 12. Januar 2003 teilte die Klägerin ihre Praxisbesonderheiten mit. Mit Schreiben vom 15. Februar 2005, eingegangen beim Prüfungsausschuss am 17. Februar 2005, beantragte die Beigeladene zu 2) die Feststellung eines sonstigen Schadens wegen der Verordnungen verschiedener Präparate in den Quartalen I bis IV/2000 in Höhe von insgesamt 11.392,77 DM (= 5.812,64 €). Mit Schreiben vom 28. Juni 2005 teilte der Prüfungsausschuss der Klägerin mit, dass die Richtgrößenprüfung wegen Anträgen auf Feststellung sonstiger Schäden ausgesetzt worden sei. Zugleich übersandte der Prüfungsausschuss der Klägerin unter anderem den Antrag der Beigeladenen zu 2). Mit Schreiben vom 7. August 2005 gab die Klägerin eine medizinische Stellungnahme zu den beanstandeten Verordnungen ab. Mit Beschluss vom 14. Dezember 2005 (schriftliche Ausfertigung vom 22. Dezember 2005) setzte der Prüfungsausschuss eine Ersatzverpflichtung in Höhe von 1.952,17 DM (= 998,13 €) fest. Am 5. Januar 2006 legte die Klägerin hiergegen Widerspruch ein.
Mit Beschluss vom 10. April 2007 (schriftliche Fassung vom 11. Juli 2007) reduzierte der Beklagte den Regress auf 856,50 €, weil einige der vom Prüfungsausschuss beanstandeten Präparate doch zu Lasten der Beigeladenen zu 2) verordnungsfähig gewesen seien. Im Übrigen wurde der Widerspruch zurückgewiesen.
Hiergegen richtet sich die am 13. August 2007 erhobene Klage, zu deren Begründung die Klägerin im Wesentlichen vorträgt: Die Entscheidung des Prüfungsausschusses sei verspätet. Es werde die Einrede der Verjährung erhoben. Im Übrigen werde insbesondere auf die Stellungnahme vom 7. August 2005 verwiesen.
Die Klägerin beantragt,
den Beschluss des Beklagten vom 10. April 2007 (schriftlicher Bescheid vom 11. Juli 2007) bezüglich der Feststellung eines sonstigen Schadens auf Antrag der Beigeladenen zu 2) aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.
Die Klage hat sich zunächst gegen weitere Regress-Beschlüsse des Beklagten vom 10. April 2007 gerichtet. Mit Beschluss vom 5. November 2007 hat die Kammer das vorliegende Verfahren zur gesonderten Entscheidung von den anderen Verfahren abgetrennt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte des Beklagten, die vorlag und Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung war, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig und begründet. Der angegriffene Bescheid des Beklagten, der nach ständiger Rechtsprechung des BSG (vgl. z. B. BSG, SozR 3 - 2500 § 106 Nr. 22; Leitherer in: Meyer-Ladewig, SGG, 9. Auflage 2008, § 95, Rn. 2b) alleiniger Gegenstand der Klage wird, ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten.
Rechtsgrundlage für die Regressforderung ist § 14 Abs. 1 der “Vereinbarung zwischen der KV Berlin und den Verbänden der Krankenkassen über das Verfahren zur Überwachung und Prüfung der Wirtschaftlichkeit durch die Prüfungs- und Beschwerdeausschüsse bei der Kassenärztlichen Vereinigung Berlin (§ 106 SGB V)„ vom 10. Januar 1994 (im Folgenden: PrüfV 1994). § 24 der Prüfvereinbarung vom 20. Juni 2003 (PrüfV 2003) ist auf den vorliegenden Sachverhalt des Jahres 2000 nicht anwendbar. Die rückwirkende Anwendung der erst im August 2003 im KV-Blatt veröffentlichten Prüfvereinbarung 2003 verstößt gegen das Rückwirkungsverbot. Rechtsgrundlage für die Vereinbarung des Prüfverfahrens zur Feststellung eines sonstigen Schadens nach § 24 PrüfV 2003 ist § 106 Abs. 2 S. 4 SGB V in der Fassung des GKV-Gesundheitsreformgesetzes 2000. Danach können die Landesverbände der Krankenkassen und die Verbände der Ersatzkassen gemeinsam und einheitlich mit den Kassenärztlichen Ver...