Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialhilfe. Eingliederungshilfe für behinderte Menschen in Wohnheimen. Vergütungsvereinbarung. Höherstufung in eine andere Hilfebedarfs- bzw Leistungsgruppe. sozialgerichtliches Verfahren. Unzulässigkeit einer Verpflichtungsklage des Einrichtungsträgers gegen den Sozialhilfeträger. fehlende Klagebefugnis. begrenzte Drittwirkung des Kostenübernahmebescheids. Schuldbeitritt. indirekte Überprüfbarkeit der Eingruppierung im Verhältnis zwischen Hilfeempfänger und Einrichtungsträger
Orientierungssatz
1. Nach der Rechtsprechung des BSG hat der Kostenübernahmebescheid des Sozialhilfeträgers nur insoweit Drittwirkung, dass er zugunsten des Einrichtungsträgers einen Schuldbeitritt bewirkt (vgl BSG vom 28.10.2008 - B 8 SO 22/07 R = BSGE 102, 1 = SozR 4-1500 § 75 Nr 9). Der Einrichtungsträger kann direkt gegen den Sozialhilfeträger auf Zahlung des Heimentgelts klagen, das ihm der Hilfeempfänger aus dem Heimvertrag schuldet - allerdings nur im Umfang der Kostenübernahme.
2. Wer über die Einstufung in eine Hilfebedarfsgruppe zu entscheiden hat und zwischen welchen der Beteiligten im sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnis diese Einstufung zu klären ist, ist dem Inhalt der Leistungserbringungsverträge zu entnehmen (vgl BSG vom 2.2.2010 - B 8 SO 20/08 R = FEVS 61, 534). Vereinbarungen eines Einrichtungsträgers mit dem Sozialhilfeträger, in denen hierzu zwar keine direkte Bestimmung getroffen, jedoch als vertragliche Grundlage der Berliner Rahmenvertrag (BRV) vereinbart ist, beurteilen sich nach diesem Vertrag, wonach die Einstufung in eine Hilfebedarfsgruppe sowie eine eventuelle Höherstufung oder Herabstufung durch den Sozialhilfeträger im Zusammenhang mit einem Kostenübernahmebescheid erfolgt.
3. Aus der Ausweisung der Vergütung im Kostenübernahmebescheid - bestimmbar beschrieben durch die Hilfebedarfsgruppe bzw Leistungsgruppe - folgt, dass der Kostenübernahmebescheid zugleich die Übernahme von höheren Kosten ablehnt. Die Eingruppierung ist nach den von den Beteiligten getroffenen vertraglichen Regelungen im Rahmen von Widerspruch und Verpflichtungsklage gegen den Kostenübernahmebescheid mit dem Ziel einer weitergehenden Kostenübernahme indirekt überprüfbar, also im Verhältnis zwischen Hilfeempfänger und Sozialhilfeträger.
4. Auch nach Inkrafttreten des Wohnheim- und Betreuungsvertragsgesetzes (WBVG) gilt nicht automatisch das jeweils auf den Hilfeempfänger konkret zutreffende Entgelt als im Wohnheimvertrag vereinbart - entgegen bzw unabhängig vom Wortlaut des Wohnheimvertrages und von Vertragsänderungen.
Tenor
Die Klagen werden abgewiesen.
Hinsichtlich der Klagen der Klägerin zu 1) trägt die Klägerin zu 1) die Kosten des Verfahrens.
Hinsichtlich der Klagen des Klägers zu 2) haben die Beteiligten einander keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Der Streitwert wird auf 61.290,00 € festgesetzt.
Tatbestand
Die Klägerin zu 1) ist Trägerin des Wohnheims, in dem der Kläger zu 2) betreut wird. Die Beteiligten streiten insbesondere um die Höherstufung der Hilfebedarfsgruppe (HBG) für den Kläger zu 2) von HBG 3 (intern) auf HBG 4 (intern) ab Dezember 2008 bzw. für die Zeit ab Mai 2011 nach der Umstellungsbegutachtung auf Leistungsgruppe (LG) 5 Modul A statt LG 2 Modul A.
Die Klägerin zu 1) und der Beklagte haben gem. § 75 Abs. 3 Zwölftes Sozialgesetzbuch (SGB XII) für die Einrichtung in der R…Allee …, in der der Kläger zu 2) lebt, für die Zeiträume 1.10.2005-31.12.2006, 1.4.2009-31.12.2009 und 1.1.2010-31.12.2010 Verträge geschlossen. Als vertragliche Grundlage wird der jeweilige Berliner Rahmenvertrag (im Folgenden BRV) vereinbart. In der Vergütungsvereinbarung wird die Vergütung gestuft nach HBG vereinbart. Für die Zeit vom 1.5.2011-31.12.2013 haben die Klägerin zu 1) und der Beklagte gem. § 75 Abs. 3 SGB XII Verträge geschlossen. Als vertragliche Grundlage wird ebenfalls der jeweilige BRV vereinbart. In der Vergütungsvereinbarung ist die Vergütung jedoch gestuft nach LG und nicht mehr nach HBG vereinbart. Zudem wurde u.a. der Beschluss Nr. 2/2011 der Berliner Vertragskommission als geltend vereinbart. Hinsichtlich des Wortlautes der Verträge und Vereinbarungen wird auf diese verwiesen.
Der 1941 geborene Kläger zu 2) leidet am Down-Syndrom. Er ist schwer behindert (GdB 100 und Merkzeichen “B„, “Bl„, “G„, “H„ und “RF„) und wohnt seit 1997 in dem Wohnheim R….Allee .., … B… der Klägerin zu 1).
Der Kläger zu 2) schloss mit der Klägerin zu 1) ab 14. Dezember 1997 einen Heimvertrag, in dem als Vergütung HBG IV extern a 103,04 € täglich genannt ist. Mit Wirkung ab 1. Mai 2008 schlossen die Kläger im April 2008 einen neuen Heimvertrag. In diesem heißt es unter I. Allgemeines:
“Über den Inhalt, Umfang und die Qualität der von dem Wohnheim zu erbringenden Leistungen, die für die einzelnen Leistungsbereiche zu zahlende Vergütung und die Prüfung der Wirtschaftlichkeit und Qualität der Leistungen hat die …. Sozialeinrichtungen … mit dem zuständigen Träger der Sozialhilfe Vereinbarungen abgeschlossen. Diese Verein...