Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeld II. Höhe des Regelbedarfs. gemischte Bedarfsgemeinschaft mit einem volljährigen Bezieher von Grundleistungen nach § 3 AsylbLG. analoge Anwendung des § 20 Abs 2 S 1 SGB 2, solange keine Besserstellung gegenüber § 20 Abs 4 SGB 2 eintritt. verfassungskonforme Auslegung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Auch für Zeiträume nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 18.7.2012 - 1 BvL 10/10 ua = BVerfGE 132, 134 = SozR 4-3520 § 3 Nr 2 hat ein erwerbsfähiger Hilfebedürftiger, der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB 2 bezieht und in Bedarfsgemeinschaft mit einem nach § 1 Asylbewerberleistungsgesetz (juris: AsylbLG) Leistungsberechtigten lebt, zunächst weiterhin Anspruch auf Arbeitslosengeld II unter Berücksichtigung des Regelbedarfs aus § 20 Abs 2 S 1 SGB 2. Eine analoge Anwendung von § 20 Abs 4 SGB 2 ist in diesen Fällen nicht gerechtfertigt.

2. An eine andere Beurteilung ist nur dann zu denken, wenn und soweit die Anwendung des Alleinerziehenden-Regelbedarfssatzes aus § 20 Abs 2 S 1 SGB 2 in einer gemischten Bedarfsgemeinschaft zu einer Besserstellung gegenüber dem in § 20 Abs 4 SGB 2 geregelten Fall führt, weil den Partnern auf diese Weise zusammen mehr als 180 Prozent des Regelbedarfssatzes aus § 20 Abs 2 S 1 SGB 2 zur Verfügung stehen (hier: nicht der Fall).

 

Tenor

1. Der Beklagte wird unter Aufhebung seiner drei Überprüfungsbescheide vom 25.07.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.10.2013 (W-…; W-…; W-…) verpflichtet, seine Bewilligungsbescheide vom 22.11.2011, vom 24.11.2011 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 26.11.2011 und vom 16.03.2012 sowie vom 26.06.2012 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 17.10.2012 zu ändern und der Klägerin für Dezember 2011 um 36,00 Euro höheres Arbeitslosengeld II und für die Zeit vom 01.01.2012 bis zum 31.12.2012 um monatlich 37,00 Euro höheres Arbeitslosengeld II zu gewähren.

2. Der Beklagte wird ferner verurteilt, der Klägerin unter Abänderung des Bescheides vom 13.06.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.06.2013 (W-…), beide in der Fassung des Änderungsbescheides vom 07.08.2013, für den Zeitraum vom 01.07.2013 bis 25.07.2013 weitere Leistungen nach dem SGB II unter Berücksichtigung eines um monatlich 37,00 Euro höheren Regelbedarfs der Klägerin zu gewähren.

3. Der Beklagte hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Verfahrensbeteiligten streiten um höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches - Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II) für die Zeiträume vom 01.12.2011 bis zum 31.12.2012 und vom 01.07.2013 bis zum 25.07.2013.

Die 1987 geborene Klägerin ist deutsche Staatsangehörige und Mutter der beiden 2008 bzw. 2010 geborenen Kinder … und …. Sie war jedenfalls in den streitgegenständlichen Zeiträumen verheiratet mit dem 1983 geborenen …, dessen Staatsangehörigkeit ungeklärt ist und der seit 30.01.2012 über eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) verfügt (Verwaltungsakte Bl. 39).

Seit dem 25.06.2009 bis zum 25.07.2013 bewohnte die Klägerin gemeinsam mit ihren beiden Kindern … und … mit Herrn … eine 62,43 m² große Wohnung in der …straße … in …, für die sie seit 01.06.2011 monatliche Aufwendungen in Höhe von insgesamt 571,20 Euro (davon 421,40 Kaltmiete, 99,90 Euro Betriebs- und 49,90 Euro Heizkostenvorauszahlung; Verwaltungsakte Bl. 29) zu tragen hatte.

Die Klägerin und ihre beiden Kinder bezogen jedenfalls seit 01.12.2011 vom Beklagten laufendes Arbeitslosengeld II nach dem SGB II. Mit Änderungsbescheid vom 22.11.2011 (Bl. 28 der Gerichtsakte) bewilligte der Beklagte ihnen für den Monat Dezember 2011 sowie durch Bescheid vom 24.11.2011 (Bl. 30 der Gerichtsakte) für die Zeit vom 01.01.2012 bis zum 30.06.2012 Arbeitslosengeld II in Höhe von 818,39 Euro monatlich. Dabei berücksichtigte der Beklagte im Rahmen der Bedarfsberechnung jeweils einen Regelbedarf der Klägerin von 328,00 Euro monatlich. Den Bescheid vom 24.11.2011 änderte der Beklagte mit Änderungsbescheid vom 26.11.2011 (Bl. 91 der Gerichtsakte) dahingehend ab, dass er der Klägerin und ihren Kindern für die Zeit vom 01.01.2012 bis zum 30.06.2012 höheres Arbeitslosengeld II unter Berücksichtigung einer monatlichen Regelbedarfs von 337,00 Euro bewilligte. Ein weiterer Änderungsbescheid vom 16.03.2012 für den Zeitraum vom 01.04.2012 bis zum 30.06.2012 (Bl. 96 der Gerichtsakte) sah insofern keine Änderungen vor.

Durch einen Änderungsbescheid vom 26.06.2012 (Bl. 32 der Gerichtsakte) bewilligte der Beklagte der Klägerin und ihren Kindern für die Zeit vom 01.07.2012 bis zum 31.12.2012 Arbeitslosengeld II in Höhe von 835,39 Euro, wobei er einen monatlichen Regelbedarf der Klägerin von 337,00 Euro berücksichtigte. Ein Änderungsbescheid des Beklagten vom 17.10.2012 für den Zeitraum vom 01.11.2012 bis zum 31.12.2012 (Bl. 98 der Gerichtsakte) sah insofern keine Änderungen vor.

Herr … erhielt während der...

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