Tenor
1. Die Bescheide der Beklagten vom 29. Juni und 1. Juli 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. August 2004 werden abgeändert.
2. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin seit dem 1. Juli 2004 Arbeitslosengeld täglich in Höhe von 21,27 Euro ohne Leistungsminderung zu zahlen.
3. Die Beklagte hat der Klägerin deren außergerichtliche Kosten des Rechtsstreites zu erstatten.
4. Berufung und Revision werden zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Minderung des Arbeitslosengeldes der Klägerin im Hinblick auf eine Verspätung der Meldung zur frühzeitigen Arbeitssuche.
Die … geborene Klägerin war seit 1994 als Empfangssekretärin beschäftigt. Ihr wurde mit Schreiben vom 18. September 2003 zum 30. Juni 2004 gekündigt. Das Kündigungsschreiben enthielt keinen Hinweis auf den Inhalt der §§ 37 b, 140 Drittes Buch Sozialgesetzbuch-Arbeitsförderung (SGB in). Die Klägerin meldete sich am 6. November 2003 persönlich bei der Beklagten arbeitsuchend. Sie meldete sich am 14. Mai 2004 persönlich bei der Beklagten für den Zeitraum ab 1. Juli 2004 arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld.
Antragsgemäß bewilligte die Beklagte der Klägerin ab 1. Juli 2004 Arbeitslosengeld. Sie legte der Leistungshöhe ein Bemessungsentgelt von 305 EUR wöchentlich und einen Leistungssatz von 148,89 EUR zu Grunde (Bescheid vom 1. Juli 2004). Der Zahlbetrag habe eine Höhe von 10,64 EUR, wobei die Beklagte einen wöchentlich abzusetzenden Anrechnungsbetrag von 74,41 EUR berücksichtige. Mit Schreiben vom 29. Juni 2004 teilte die Beklagte ergänzend zu dem gesondert zugehenden Bewilligungsbescheid der Klägerin Folgendes mit: Die Meldung der Klägerin sei 48 Tage zu spät erfolgt. Ihr Leistungsanspruch mindere sich deshalb um sieben Euro pro Verspätungstag (maximal 30 Tage), also 210 EUR. Die Anrechnung beginne am 1. Juli 2004 und ende voraussichtlich mit Ablauf des 20. Juli 2004. Nach Beendigung der Anrechnung erhalte die Klägerin einen neuen Bescheid. Dieses Schreiben enthielt keine Rechtsbehelfsbelehrung; wegen der weiteren Einzelheiten des Bescheides vom 1. Juli und des Schreibens vom 29. Juni 2004 wird auf die Gerichtsakte Bezug genommen. Gegen die Kürzung wendete sich die Klägerin mit ihrem Widerspruch vom 3. Juni 2004 (gemeint: 3. Juli 2004). Bei Zugang der Kündigung habe sich die Klägerin nicht arbeitsuchend melden können, weil ihr ein Überleitungsangebot in Aussicht gestellt worden sei. Nachdem sie Anfang November 2003 erfahren habe, dass diese Überleitung nicht erfolgen werde, habe sie sich unverzüglich, nämlich am 6. November 2003, bei der Beklagten arbeitsuchend gemeldet. Selbst zu diesem Zeitpunkt sei jedoch der Eintritt der Arbeitslosigkeit wegen des laufenden Arbeitsrechtsstreites unklar gewesen. So habe sich die Klägerin immer noch acht Monate vor Eintritt der Arbeitslosigkeit gemeldet. Sie könne eine Fristversäumung nicht erkennen. Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 23. August 2004 zurück. Die Pflicht zur persönlichen Meldung zur Arbeitssuche beginne grundsätzlich am Tag der Kenntnisnahme von der Beendigung des Versicherungspflichtverhältnisses. Der imWiderspruchsverfahren unter Bezugnahme auf frühere Arbeitsanweisungen der Beklagten geäußerte Hinweis der Klägerin, dass eine Meldung drei Monate vor Eintritt der Arbeitslosigkeit ausreichend sei, finde im Gesetz keine Grundlage.
Mit ihrer Klage vom 2. September 2004 verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie hält die Rechtsgrundlage der Leistungskürzung für verfassungswidrig, weil sie einen unzulässigen Eingriff i.S.v. Art. 14 Grundgesetz (GG), einen Verstoß gegen das Rechtsstaatsgebot und gegen das Gleichbehandlungsgebot darstelle. Eine solche Rechtsfolge könne nur nach einer entsprechenden Belehrung durch die Beklagte erfolgen. Außerdem wäre der Versicherungsfall auch bei einer früheren Meldung der Klägerin eingetreten. Auch bei unbefristeten Arbeitsverhältnissen reiche eine Meldung der Arbeitsuche drei Monate vor Eintritt der Arbeitslosigkeit aus.
Die Klägerin beantragt,
- die Bescheide der Beklagten vom 29. Juni und 1. Juli 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. August 2004 abzuändern,
- die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin seit dem 1. Juli 2004 Arbeitslosengeld täglich in Höhe von 21,27 EUR ohne Leistungsminderung zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
- die Klage abzuweisen,
- das Ruhen des Verfahrens anzuordnen,
- Berufung und Revision zuzulassen.
Der Kammer haben außer den Prozessakten die Verwaltungsakten der Beklagten vorgelegen. Sie waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Wegen der Einzelheiten des Sachverhaltes und des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die Schriftsätze und den Akteninhalt Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage richtet sich zulässig gegen den Bescheid der Beklagten vom 1. Juli 2004. Soweit sie sich auch gegen das Schreiben vom 29. Juni 2004 wendet, kann das Gericht den Charakter dieses Schreibens offen lassen, weil jedenfalls keine vom Bescheid vom 1. Juli 2004 abweichenden Re...