Entscheidungsstichwort (Thema)

Übernahme höherer Unterkunftskosten bei Wohnortwechsel

 

Orientierungssatz

1. Die höheren angemessenen Aufwendungen für die Unterkunft sind nach § 22 Abs. 1 SGB 2 nur dann zu übernehmen, wenn der Umzug erforderlich war. Eine Beschränkung auf Umzüge innerhalb des Wohnortes ergibt sich aus der Vorschrift nicht. Auch ein Umzug mit Wohnortwechsel fällt unter diese Vorschrift.

2. Diese Auslegung ist verfassungsgemäß. Ein Eingriff in Art. 11 GG liegt nicht vor, weil im Falle der Erforderlichkeit des Umzugs die höheren angemessenen Kosten zu übernehmen sind.

3. Ein Umzug zur Eingliederung ist erst dann erforderlich, wenn ein konkretes und langfristiges Arbeitsangebot vorliegt.

 

Tenor

Der Antrag auf Erlass einer Einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.

Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens begehren die Antragsteller die Übernahme höherer Kosten der Unterkunft und Heizung nach dem Sozialgesetzbuch - zweiter Teil (SGB II).

Die Antragsteller beziehen von der Antragsgegnerin Leistungen nach dem SGB II. Bis Ende Mai 2008 wohnten sie in E.. Die Antragsgegnerin zahlte Kosten der Unterkunft in Höhe von monatlich 320,00 € und Heizkosten von monatlich 72,00 €. Am 18.02.2008 stellten die Antragsteller einen Antrag auf Zustimmung zum Umzug nach F. und legten ein Wohnungsangebot vor. Die Kaltmiete der neuen Wohnung beträgt 270 €, die Nebenkosten 90,00 €, mithin die Unterkunftskosten insgesamt 360,00 €. Zur Begründung des Umzuges trugen sie vor, dass in ihrer bisherigen Wohnung Schimmel vorhanden sei. Zudem müsse die Mutter der Antragstellerin betreut werden, so dass ein Umzug in ihre Nähe notwendig sei. Es gäbe keine weiteren Familienangehörigen.

Die Zusicherung lehnte die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 03.03.2008 ab, da ein Umzug nicht erforderlich sei. Ferner wies die Antragsgegnerin die Antragsteller darauf hin, dass Unterkunftskosten nur in bisheriger Höhe übernommen werden.

Am 11.03.2008 legten die Antragsteller Widerspruch ein mit der weiteren Begründung, durch die Betreuung der Mutter der Antragstellerin in F. entstünden hohe Fahrkosten. Das Problem mit dem Schimmelbefall bestünde seit 11 Jahren. Die Antragstellerin habe den Vermieter mehrmals mündlich zur Mängelbeseitigung aufgefordert. Der Vermieter unternehme nichts gegen den Schimmel in der Wohnung. Dieser erkläre, er habe kein Geld für die Renovierung, so dass die Antragstellerin regelmäßig selbst den Schimmel entferne. Die Antragstellerin leide wegen des Schimmels an Migräne und sei in ärztlicher Behandlung. Auch sei die Wohnung sehr kalt, was zu hohen Heizkosten führe. Ferner müssten die Antragsteller oft auf ihre Enkelin, die in F. wohne, aufpassen. Auch seien die beruflichen Chancen in F. besser. Die Antragstellerin habe Schwierigkeiten zu bestimmten Arbeitszeiten nach F. zu kommen.

Die Antragstellerin legte bei der Antragsgegnerin ein ärztliches Attest vor, wonach sie eine Infektionsdisposition aufgrund des Schimmelbefalls in der Wohnung hat.

Der Außendienst der Antragsgegnerin konnte den Schimmelbefall in der Wohnung bestätigen und empfahl einen Umzug.

Am 01.06.2008 zogen die Antragsteller in die Wohnung in F. ein. Die Antragstellerin übernahm für Juni weiterhin Unterkunftskosten in bisheriger Höhe. Für den Zeitraum vom 01.07.2008 bis 31.10.2008 gewährte sie mit Bescheid vom 02.06.2008 Unterkunftskosten in Höhe von insgesamt 320,00 €. Heizkosten wurden nicht bewilligt.

Mit Widerspruchsbescheid vom 10.06.2008 wies die Antragsgegnerin den Widerspruch zurück.

Am 24.06.2008 erhoben die Antragsteller Klage.

Am gleichen Tag beantragten die Antragsteller bei Gericht den Erlass einer Einstweiligen Anordnung.

Zur Begründung tragen sie vor, eine Erteilung bzw. Ablehnung einer Zusicherung gemäß § 22 Abs. 2 SGB II sei in diesem Fall rechtlich unzulässig. Die Vorschrift gelte nur bei Umzügen innerhalb einer Wohnortgemeinde, nicht jedoch bei einem Wohnortwechsel. Die Antragsgegnerin sei verpflichtet, Kosten in angemessener Höhe des Zuzugsortes zu übernehmen. Andernfalls seien die Antragsteller in ihrem Recht auf Freizügigkeit verletzt. In F. seien Kosten bis zu 365,00 € angemessen. Auch sei die Antragsgegnerin verpflichtet, die Heizkosten zu übernehmen. Es liege noch keine Abschlagsberechnung des Versorgers vor. Jedoch sei die Antragsgegnerin dem Grund nach zur Übernahme verpflichtet.

Die Antragsteller beantragen sinngemäß,

1. die Antragsgegnerin im Wege der Einstweiligen Anordnung vorläufig zu verpflichten, ihnen ab 01.07.2008 Kosten der Unterkunft in Höhe von monatlich insgesamt 360,00 € zu zahlen.

2. die Antragsgegnerin im Wege der Einstweiligen Anordnung vorläufig dem Grunde nach zu verpflichten, ihnen ab 01.07.2008 Heizkosten in der vom Versorger festzusetzenden Höhe zu zahlen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Sie führt dazu begründend aus, § 22 Absatz 1 Satz 2 SGB II umfasse alle Umzüge und mache eine Erforderlichkeitsprüfung notwendig.

Wegen des übrigen Sachverhalts sowie...

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