Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Unfallversicherung. Hinterbliebenenrente. Elternrente. Unterhaltsverpflichtung. Unterhaltsfähigkeit. Hausmann-/Hausfrauenrechtsprechung des BGH. Verwandte der aufsteigenden Linie. Glaubhaftmachung
Orientierungssatz
Im Rahmen der Prüfung eines Anspruchs auf Hinterbliebenenleistung gem § 69 Abs 1 SGB 7 ist bei der Prüfung der Unterhaltsverpflichtung bzw Leistungsfähigkeit eines verheirateten, verstorbenen Kindes gegenüber der Mutter die Hausmann-/Hausfrauenrechtsprechung des BGH (vgl BGH vom 20.3.2002 - XII ZR 216/00 = NJW 2002, 1646; vgl BGH vom 29.10.2003 - XII ZR 115/01 = NJW 2003, 3770) einschlägig.
Tenor
1. Der Bescheid vom 01.02.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30.05.2013 wird aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, der Klägerin ab dem 05.02.2007 eine Hinterbliebenenrente nach § 69 SGB VII zu zahlen.
2. Die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin trägt die Beklagte.
Tatbestand
Die Klägerin macht im Rahmen von Leistungen nach dem Siebten Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB VII) die Gewährung einer Hinterbliebenenrente geltend.
Die 1956 geborene Klägerin ist die Mutter der am 05.02.2007 getöteten Frau G., deren Ehemann in J. ein Chinarestaurant betrieb. Am 05.02.2007 kam es zu einem Überfall auf das Restaurant, bei welchem die Tochter der Klägerin, ihr Ehemann und weitere fünf Personen getötet wurden.
Nach den Morden wurden die Klägerin und ihre 2004 geborene Enkelin, Tochter der Getöteten, zunächst in ein Zeugenschutzprogramm aufgenommen. Die Klägerin wurde in der Folgezeit als Vormund ihrer Enkelin eingesetzt. Sie bezieht eine Witwenrente in Höhe von monatlich 464,29 € (vgl. Bescheid vom 01.07.2012); ihre Enkelin erhält eine Waisenrente und eine Rente nach dem Opferentschädigungsgesetz. Gemeinsam bezogen beide sodann Leistungen nach dem SGB II (Bescheid vom 26.06.2007).
Der Raubmord an der Tochter der Klägerin wurde von der Beklagten als Versicherungsfall anerkannt. Im Rahmen der sodann eingeleiteten Ermittlungen zur Prüfung eines Anspruchs auf eine Hinterbliebenenrente trug die Klägerin vor, dass sie lediglich eine Witwenrente bezieht und aufgrund ihrer Erwerbsunfähigkeit auch nicht in der Lage sei, eigene Einkünfte zu erzielen. Schon die Miete von 548,90 € habe sie nicht alleine zahlen können. Sie habe deshalb einen Unterhaltsanspruch gegen ihre Tochter gehabt. Diese habe sie - gemeinsam mit ihrem Ehemann - mit monatlichen Zahlungen in Höhe von 500,00 € bis 1.000,00 € auch tatsächlich unterstützt. Die Zahlungen seien teilweise als Bareinzahlungen, teilweise in Form von Überweisungen erfolgt. Hierzu legte die Klägerin 4 Kontoauszüge aus dem Jahr 2005 und weitere 8 Einzahlungsbelege aus den Jahren 2005 und 2006 vor. Weitere Unterlagen seien aufgrund der Beschlagnahme durch die polizeilichen Ermittlungsbehörden und das Finanzamt nicht mehr vorhanden.
Mit Bescheid vom 01.02.2013 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Rente ab. Zur Begründung führte sie aus, bereits die Unterhaltsfähigkeit der Tochter der Klägerin sei nicht erwiesen, weil diese in dem Nachweis zur Beitragsberechnung an die Beklagte im Jahr 2005 nicht genannt wurde. Eine Entlohnung der Tochter sei daher nicht belegt. Das Einkommen des Ehemanns sei bei der Prüfung der Unterhaltsfähigkeit nicht zu berücksichtigen. In einer Gesamtschau seien zudem auch keine regelmäßigen und auf Dauer angelegten Unterhaltsleistungen nachgewiesen.
Hiergegen erhob die Klägerin mit Schreiben vom 04.03.2013 Widerspruch und erklärte, zwar habe der verheiratete Partner des unterhaltspflichtigen Ehegatten keine originäre Unterhaltspflicht, bei der Einkommensermittlung des Unterhaltspflichtigen sei jedoch auch dessen Anspruch auf Familienunterhalt gegen den Ehegatten zu berücksichtigen. Bei Einkünften aus dem Restaurantbetrieb von ca. 100.000,00 € jährlich sei auch die Tochter leistungsfähig gewesen. Neben monatlichen Beträgen von 600,00 € bis 1.000,00 € habe die Klägerin auch Geld für Urlaube erhalten. Zudem habe die Tochter die Mietzahlungen übernommen. Die Erwerbsunfähigkeit der Klägerin, die auf eine Krebserkrankung zurückgeht, sei gerade der Grund gewesen, warum sie im Oktober 2006 von Hannover nach J., in die Nähe ihrer Tochter, verzog. Dort sei sie dann von ihrer Tochter im Alltag umfänglich unterstützt worden.
Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 30.05.2013 aus den Gründen der Ausgangsentscheidung zurückgewiesen.
Am 02.07.2013 hat die Klägerin Klage erhoben.
Zur Begründung wiederholt und vertieft sie ihr Vorbringen hinsichtlich der Unterhaltsfähigkeit ihrer Tochter aufgrund der im Betrieb ihres Ehemanns erzielten Einkünfte. Hinsichtlich der Unterhaltszahlungen führt sie ergänzend aus, diese seien teilweise in bar erfolgt, weil im Restaurant offenbar - ohne Wissen der Klägerin - in erheblichem Umfang Schwarzeinnahmen erzielt wurden. Nach dem Tod der Eheleute und der Beschlagnahme von Unterlagen habe deshalb das Finanzamt für die Jahre 2002 bis 2005 neue Steuerbescheide erlassen.
Ihre Tochter hab...