Entscheidungsstichwort (Thema)
Anforderungen an die rechtmäßige Zuweisung einer Arbeitsgelegenheit gegen Mehraufwandsentschädigung
Orientierungssatz
1. Voraussetzung für eine Sanktionierung des Hilfebedürftigen nach § 31 SGB 2 ist einerseits eine ausreichende Rechtsfolgenbelehrung und, im Falle einer Eingliederungsleistung, die Rechtmäßigkeit der Heranziehung nach § 16 Abs. 3 S. 2 SGB 2.
2. Nach § 16 Abs. 3 S. 2 SGB 2 hat der Leistungsträger die Aufgabe, für Hilfebedürftige, die keine Arbeit finden, im öffentlichen Interesse liegende, zusätzliche Arbeitsgelegenheiten gegen Mehraufwandsentschädigung zu schaffen. Nur wenn eine Erwerbstätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in absehbarer Zeit nicht möglich ist, hat der erwerbsfähige Hilfebedürftige eine ihm angebotene zumutbare Arbeitsgelegenheit zu übernehmen.
3. Die Heranziehung zu gemeinnütziger und zusätzlicher Arbeit muss hinreichend bestimmt sein. Hierzu ist erforderlich, dass die Art der Tätigkeit, ihr zeitlicher Umfang und die zeitliche Verteilung im Arbeitsangebot bezeichnet werden. Nur ein solches Angebot ermöglicht es dem Hilfebedürftigen, zu prüfen, ob die angebotene Tätigkeit zumutbar ist oder ob zulässige Ablehnungsgründe gegeben sind.
4. Nur den Leistungsträger des SGB 2 und nicht den Maßnahmeträger trifft die Verantwortlichkeit zur Überprüfung der gesetzlichen Voraussetzungen einer Arbeitsgelegenheit.
Tenor
I. Die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers gegen die Bescheide der Antragsgegnerin vom 19.03.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.04.2009 wird angeordnet.
Die außergerichtlichen Kosten des Antragstellers hat die Antragsgegnerin zu erstatten.
II. Dem Antragsteller wird für das Antragsverfahren rückwirkend Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung unter Beiordnung von Rechtsanwältin Dr. B. bewilligt.
Gründe
1. Der am 04.11.1985 geborene Antragsteller wendet sich gegen eine Sanktionierung. Er bezieht von der Antragsgegnerin laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Zusammen mit seiner Mutter und seinen beiden jüngeren Schwestern bildet er eine Bedarfsgemeinschaft.
Mit Eingliederungsvereinbarung vom 16.10.2008 verpflichtete sich der Antragsteller, als Straßenreiniger eine Arbeitsgelegenheit gegen Mehraufwandsentschädigung wahrzunehmen. Mit Schreiben vom 28.10.2008 wies die Antragsgegnerin den Antragsteller für den Zeitraum 01.11.2008 bis 31.05.2009 einer Arbeitsgelegenheit zu. In der Zuweisung heißt es, bei der Tätigkeit handele es sich um einen/eine “Helfer/in - Gartenbau„. Die Tätigkeit wurde mit “Maßnahmen im Bereich Garten- und Landschaftsbau„ beschrieben. Maßnahmeträger war der faden e. V. in A-Stadt. Der Zuweisung war eine Rechtsfolgenbelehrung beigefügt, auf deren Inhalt insoweit verwiesen wird.
Der Antragsteller trat die Stelle an, beklagte sich aber in der Folgezeit über die körperlich schwere Arbeit. Wohl Anfang des Jahres kam es deshalb zu einem Gespräch zwischen dem Antragsteller, seiner Mutter, der zuständigen Arbeitsvermittlerin der Antragsgegnerin und einem Mitarbeiter des Maßnahmeträgers. Im Rahmen dieses Gesprächs einigten sich die Beteiligten über einen Wechsel des Maßnahmeortes. Ab dem 22.01.2009 sollte der Antragsteller körperlich leichtere Arbeiten verrichten, indem er eine Parkanlage im Ortsteil H. reinigen sollte. Auf eine erneute Zuweisung wurde (wohl aufgrund der einvernehmlichen Regelung) verzichtet. Mitte Februar beendete der Maßnahmeträger die Maßnahme aufgrund von Fehlzeiten des Antragstellers, deren Ursache zwischen den Beteiligten im Einzelnen streitig ist.
Mit Bescheid vom 22.01.2009 bewilligte die Antragsgegnerin dem Antragsteller Leistungen für den Zeitraum 01.02.2009 bis 31.07.2009 von monatlich 398,95 Euro. Der Bescheid führt lediglich bei I. eine Sanktion auf.
Am 09.03.2009 sollte der Antragsteller bei der Antragsgegnerin vorsprechen. Eine Einladung findet sich in der Leistungsakte nicht. Der Antragsteller nahm diesen Termin nicht wahr. Die Mutter des Antragstellers entschuldigte ihren Sohn telefonisch bei der zuständigen Sachbearbeiterin der Antragsgegnerin. Der genaue Inhalt des Telefonats ist zwischen den Beteiligten streitig.
Bereits mit Schreiben vom 13.02.2009 (Bl. 1462 der Leistungsakte) gab die Antragsgegnerin dem Antragsteller Gelegenheit, zu einer beabsichtigten Sanktion wegen des Abbruchs der Arbeitsgelegenheit Stellung zu nehmen. Eine Anhörung wegen des vermeintlichen Meldeverstoßes folgte erst mit Einladungsschreiben vom 20.03.2009 (nicht in der Leistungsakte, vgl. aber Bl. 29 Gerichtsakte).
Gleichwohl senkte die Antragsgegnern bereits mit Bescheid vom 19.03.2009 (Bl. 1457 der Leistungsakte) die Leistungen des Antragstellers für den Zeitraum 01.04.2009 bis zum 30.06.2009 monatlich um 40 % mit der Begründung, der Antragsteller sei trotz schriftlicher Belehrung über die Rechtsfolgen zu dem Meldetermin am 09.03.2009 ohne wichtigen Grund nicht erschienen. Mit Bescheid vom selben Tage senkte die Antragsgegnerin die Lei...