Entscheidungsstichwort (Thema)

Soldatenversorgung. Beschädigtenversorgung. Wehrdienstbeschädigung. Fregattenkapitän. Strahlenschäden. Strahlenbelastung. Nachweis. maligner Prostatatumor

 

Orientierungssatz

Zu den Voraussetzungen der Gewährung von Versorgung nach dem Soldatenversorgungsgesetz infolge eines malignen Prostatatumors.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 26.05.2014; Aktenzeichen B 9 V 1/14 B)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Streitig sind die Anerkennung einer Prostatakarzinom-Erkrankung als Folge einer Wehrdienstbeschädigung (WDB) nach dem Soldatenversorgungsgesetz (SVG) und die Gewährung von Versorgungsleistungen.

Der 1938 geborene Kläger ist ehemaliger Berufssoldat im Range eines Fregattenkapitäns a.D. Er leistete seinen aktiven Dienst bei der Marine in der Zeit vom 01. Oktober 1965 bis zum 31. Juli 1994, wobei er auf mehreren Schnellboottendern als Schiffsoperationsoffizier, Schiffswaffenoffizier und Kommandant eingesetzt war. Seine hauptsächliche Aufgabe war die Leitung des operativen Einsatzes des Schiffes mit Diensten auf der Brücke und in der Operationszentrale, in der die Bildschirme und Bedienungselemente der Radargeräte eingerichtet waren. Die Sendeanteile der Radargeräte waren räumlich davon unabhängig in speziell dafür eingerichteten Radarsenderäumen untergebracht.

Im August 1995 wurde bei dem Kläger nach verdächtigem Tastbefund eine Prostatabiopsie durchgeführt, die das Bestehen eines malignen Prostatatumors ergab. Am 10. Mai 1995 erfolgte eine Total-OP der Prostata.

Am 24. Juli 2001 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung von Beschädigtenversorgung nach dem SVG. Die Beklagte gab indes das Verfahren zunächst an die Beigeladene ab.

Im dortigen Verwaltungsverfahren machte der Kläger zunächst geltend, er habe sich während der Seefahrt ausschließlich im Brückenbereich aufgehalten. Die Abstände zu den strahlenden Antennen hätten 4 m bzw. 7-8 m betragen. Bei Ausfällen und Störungen am Radargerät SGR 103 habe er auch im Radarsenderaum die Techniker überwacht und unterstützt.

Hierzu äußerte sich ein FregKapt E. vom Bundesministerium der Verteidigung in einer Mail vom 9.3.2004 dahingehend, es gehöre grundsätzlich nicht zu den Aufgaben eines Ortungsoffiziers oder gar des Kommandanten, an spezifischen Reparaturen an Radargeräten selbst aktiv teilzuhaben. Reparaturen direkt an Anlagen seien von speziell ausgebildetem Personal durchgeführt worden. Ein kurzfristiger Aufenthalt im Radarraum sei im Sinne der Dienstaufsicht durchaus möglich gewesen; eine Gefährdung ließe sich daraus aber nicht ableiten. Die Sendeanteile der Radargeräte seien räumlich völlig unabhängig und zumeist weit entfernt von der Operationszentrale in speziell eingerichteten Räumen untergebracht gewesen. Bei den Radarantennen über der Brücke am Mast handele es sich nicht um Röntgenstrahlung, sondern um HF-Strahlen, die wegen der hohen Anbringung keine Gefährdung dargestellt hätten.

Hierzu trug der Kläger vor, die Tender hätten nicht über Hilfspersonal verfügt. Die personelle Besetzung sei gering gewesen. Daher sei es verständlich, wenn der Kommandant selbst “Hand angelegt„ habe, zumal er selbst als Ortungsoffizier ausgebildet gewesen sei.

In einem Vermerk der Beigeladenen vom 12. April 2005 ist festgehalten, eine Sichtung der Schiffstagebücher habe ergeben, dass zum Stammpersonal der verschiedenen Tender auch immer mindestens zwei Radarmechaniker gehört hätten.

Durch Bescheid vom 27. Mai 2005 stellte die Beigeladene fest, die geltend gemachte Gesundheitsstörung “Prostatakrebs„ sei nicht Folge einer Wehrdienstbeschädigung i.S.d. § 81 SVG. Ein Anspruch auf Ausgleich gem. § 85 SVG bestehe somit nicht. Die Beigeladene begründete dies im Wesentlichen mit folgenden Argumenten:

- Der Kläger habe keine qualifizierende Tätigkeit ausgeübt. Daher sei ein Ursachenzusammenhang zwischen Röntgenstörstrahleneinwirkung und Erkrankung auszuschließen.

- Die Erkrankung sei auch nicht auf schädigende Einwirkungen von radiumhaltiger Leuchtfarbe durch Inkorporation zurückzuführen. Nur bestimmte Formen AXY.enkrebs und Lungenkrebs seien diesbezüglich als spezifisch qualifizierende Erkrankung anzusehen.

- Auch eine Verursachung durch externe Strahlenexposition auf Grund radiumhaltiger Leuchtfarbe sei nicht anzunehmen. Ein Kontakt damit sei wenig wahrscheinlich. Ferner seien die Emissionen so gering, dass keine hohen Belastungswerte erreicht würden.

Der Kläger legte gegen diesen Bescheid verspätet, nämlich am 26. Juli 2005, Widerspruch ein und beantragte gleichzeitig die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, da er wegen eines Auslandsurlaubs den Bescheid nicht rechtzeitig habe zur Kenntnis nehmen können. Zur inhaltlichen Begründung führte er an, man habe öfter den “Ernstfall„ geprobt und an geöffneten Geräten im Radarsenderaum gearbeitet. Er erinnere sich an das bläuliche Flackern des Thyratrons (= gasgefüllter Röhrengleichtrichter mit Glühkathode) , das bei geöffneter Schranktür mit einem Schraubenzi...

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