Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufhebung eines Rentenbescheids. Anwendung des Vormonatsprinzips
Orientierungssatz
Die Auffassung, nur eine im Vormonat eingehaltene Hinzuverdienstgrenze könne bei Anwendung des Vormonatsprinzips maßgeblich sein, findet keine Anhaltspunkte im § 34 Abs. 2 S. 2 Halbs. 2 SGB VI (juris: SGB 6) und führt zu Ungleichbehandlungen in Abhängigkeit von der Reihenfolge von Unter-und Überschreiten der Hinzuverdienstgrenzen.
Tenor
Der Bescheid der Beklagten vom 26.01.2010 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 28.06.2010 wird aufgehoben, soweit die Beklagte die Rente der Klägerin für den Monat August 2009 auf die Höhe von zwei Drittel der Vollrente reduziert und die Erstattung von einem Drittel der für August 2009 gezahlten Vollrente gefordert hat.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Beklagte hat der Klägerin deren außergerichtliche Kosten zu einem Drittel zu erstatten.
Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen die teilweise Aufhebung ihres Rentenbescheids.
Unter dem 13.03.2009 beantragte die Klägerin eine Altersrente für Frauen. Dabei verneinte sie die Frage nach einem Arbeitsentgelt nach Rentenbeginn. Mit Bescheid vom 24.06.2009 bewilligte ihr die Beklagte eine Altersrente für Frauen ab dem 01.07.2009 in Höhe von 633,21 €/Monat. In der Anlage 19 zu diesem Bescheid wurden die Hinzuverdienstgrenzen dargestellt:
“Die monatliche Hinzuverdienstgrenze beträgt für die Rente wegen Alters in Höhe
der Vollrente 400,00 € …
von zwei Dritteln der Vollrente … 491,40 € …
der Hälfte der Vollrente … 718,20 € …
von einem Drittel der Vollrente … 945,00 € …
Die maßgebliche Hinzuverdienstgrenze darf zweimal im Laufe eines jeden Kalenderjahres um einen Betrag bis zur Höhe der für einen Monat geltenden Hinzuverdienstgrenze überschritten werden. Ein solches Überschreiten ist jedoch nur dann zulässig, wenn im Vergleich zum Vormonat ein höherer Hinzuverdienst erzielt und hierdurch die bisherige monatliche Hinzuverdienstgrenze überschritten wird.
Wird Hinzuverdienst bereits im Monat des Rentenbeginns erzielt …, besteht die Möglichkeit des Überschreitens bis zum Doppelten der Hinzuverdienstgrenze im ersten Monat nur, wenn die monatliche Hinzuverdienstgrenze durch Besonderheiten (z.B. Weihnachtsgeld oder Mehrarbeit) überschritten wird.„
Im Juni 2009 erzielte die Klägerin einen Hinzuverdienst in Höhe von 1.397,10 €, im Juli 2009 in Höhe von 1.564,56 € und im August 2009 in Höhe von 434,20 €.
Mit Anhörungsschreiben vom 18.12.2009 teilte die Beklagte der Klägerin mit, festgestellt zu haben, dass die Hinzuverdienstgrenzen in der Weise überschritten worden seien, dass für die Zeit vom 01.07.2009 bis 31.07.2009 ein Rentenanspruch nicht bestehe. Vom 01.08.2009 bis 31.08.2009 bestehe der Anspruch lediglich in Höhe von zwei Dritteln der Vollrente. Die Beklagte beabsichtige daher, die Rente mit dem neuen zutreffenden Rentenbeginn festzustellen und die Überzahlung für die Zeit vom 01.07.2009 bis 31.08.2009 in Höhe von 841,96 € zurückzufordern. Der Überzahlungsbetrag verringere sich aufgrund zustehender Beträge ab 01.09.2009 auf 823,76 €.
Mit Bescheid vom 26.01.2010 teilte die Beklagte der Klägerin mit, die Rente ab dem 01.07.2009 als Teilrente in Höhe von einem Drittel der Vollrente zu leisten, ab dem 01.08.2009 als Teilrente in Höhe von zwei Dritteln der Vollrente und ab dem 01.09.2009 wieder in Höhe der Vollrente. Für die Zeit vom 01.07.2009 bis zum 31.01.2010 ergebe sich eine Überzahlung in Höhe von 614,29 €. Dieser Betrag sei zu erstatten. Die Aufhebung stützte die Beklagte auf § 45 Sozialgesetzbuch - Zehntes Buch (SGB X), die Erstattungsforderung auf § 50 SGB X. Auf Vertrauen in den Bestand des Rentenbescheides könne sich die Klägerin nicht berufen, weil Sie anhand der Anlage 19 zum Bescheid habe erkennen können, dass sich der Hinzuverdienst auf die Rente auswirken könne. Im Rentenantrag habe die Klägerin die Frage nach einem Hinzuverdienst nach Rentenbeginn verneint. Es lasse sich nicht mehr nachprüfen, ob die Klägerin in der Beratungsstelle falsch beraten worden sei. Die Beklagte gehe daher davon aus, dass die Klägerin im Juli mit der Zahlung einer Rente in Höhe von einem Drittel der Vollrente habe rechnen können. Die Beklagte wies jedoch zugleich darauf hin, dass dies nicht dem geltenden Recht entspreche, da ein Überschreiten der einfachen Hinzuverdienstgrenze im Monat des Rentenbeginns grundsätzlich nicht zulässig sei. Für den August 2009 ergebe sich ein Anspruch in Höhe von zwei Dritteln der Vollrente, da die Grenze von 400,00 € mit dem Hinzuverdienst von 434,20 € überschritten worden sei. Ein zulässiges Überschreiten könne in diesem Monat nicht vorliegen, da die einfache Hinzuverdienstgrenze des Vormonats Juli eingehalten worden sei.
Mit Schreiben vom 15.04.2010 legte die Klägerin Widerspruch ein. In ihrer Widerspruchsbegründung vom 11.04.2010 machte die Klägerin geltend, man habe ihr ausdrücklich gesagt, sie dürfte mindestens einmal im Jahr die von ihr geplante Summe hinzu verdienen. Mit Sch...