Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Einkommensberücksichtigung. Nachtarbeits-, Sonntags- und Feiertagszuschläge gem § 3b Abs 1 EStG. Berücksichtigung von Betriebskostenerstattung und Nebenkostenabrechnung im Folgemonat. keine Absetzung von KFZ-Haftpflichtversicherungsprämie und Kilometerpauschale. Anwendung der Rundungsvorschrift
Leitsatz (amtlich)
Steuerfreie Nacht-, Sonntags- und Feiertagszuschläge gem § 3b Abs 1 EStG sind zweckbestimmte Einnahmen iS des § 11 Abs 3 Nr 1 Buchst a SGB 2. Sie bleiben danach bei der Bemessung des anrechenbaren Einkommens nach § 11 Abs 1 S 1 SGB 2 unberücksichtigt, weil sie zudem die Lage des Leistungsempfängers nicht so beeinflussen, dass daneben Leistungen nach dem SGB 2 nicht gerechtfertigt wären. Auf eine privilegierte Verwendung der Einnahmen kommt es nicht an (Anschluss an LSG Erfurt vom 8.3.2005 - L 7 AS 112/05 = Breith 2006, 71 = NZS 2005, 662).
Orientierungssatz
1. Hat der Hilfebedürftige nach § 16 Abs 1 SGB 2 iVm §§ 53, 54 SGB 3 Fahrtkostenbeihilfe erhalten, so ist eine nochmalige Bereinigung des Einkommens um Fahrt- und Unterhaltungskosten des Kraftfahrzeugs ausgeschlossen.
2. Eine Betriebskostenerstattung mindert die Unterkunftskosten gem § 22 Abs 1 S 4 SGB 2 erst im Folgemonat der Rückzahlung. Dies gilt auch soweit Rückzahlungen erfolgen, die sich auf die Kosten der Haushaltsenergie beziehen. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob Anteile der Rückzahlung, die sich auf Haushaltsenergiekosten beziehen gem § 22 Abs 1 S 4 Halbs 2 SGB 2 gänzlich unberücksichtigt bleiben oder als anrechenbares Einkommen nach § 11 Abs 1 S 1 SGB 2 zu berücksichtigen sind.
3. Gem § 41 Abs 2 SGB 2 ist der individuelle Auszahlungsanspruch zu runden (vgl BSG vom 16.5.2007 - B 11b AS 29/06 R). Dies gilt sowohl für den Anspruch auf die Regelleistungen, ggf einschließlich der Mehrbedarfe, als auch für die Unterkunftskosten. Zu beachten ist, dass die Bewilligung der Kosten für Unterkunft und Heizung von der Entscheidung über die Regelleistungen getrennt betrachtet werden kann (vgl BSG vom 31.10.2007 - B 14/11b AS 59/06 R sowie vom 7.11.2006 - B 7b AS 8/06 R = BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1). Dem entsprechend hat auch die Rundung der zu gewährenden Leistung getrennt zu erfolgen (vgl SG Karlsruhe vom 14.2.2008 - S 7 AS 3809/09, LSG Stuttgart vom 26.10.2007 - L 8 AS 587/07).
Tenor
I. Der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 14.08.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.10.2007 wird aufgehoben.
II. Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers.
III. Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit eines Aufhebungs- und Erstattungsbescheides der Beklagten vom 14.08.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.10.2007.
1. Der Kläger stellte am 18.07.2006 Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II mit Wirkung zum 01.09.2006 (Blatt 1 der Leistungsakte).
Er bewohnt aufgrund eines Mietvertrages vom 27.07.2006 ab 01.09.2006 eine Wohnung in H. mit einer Fläche von 43,4 qm (Blatt 11 ff. der Leistungsakte).
Ausweislich der Ergänzungsvereinbarung mit dem Vermieter vom 14.08.2006 (Blatt 16 der Leistungsakte) beträgt die Grundmiete 178,00 EUR. Für einen Parkplatz hat der Kläger einen Betrag in Höhe von 12,78 EUR zu leisten. Auf die Betriebs- sowie Heizkosten sind monatliche Vorauszahlungen in Höhe von 95,22 EUR zu leisten. Das Wasser wird über den zentralen Heizkreislauf erhitzt.
Mit Bescheid vom 20.09.2006 bewilligte die Beklagte Leistungen für den Zeitraum vom 01.09.2006 bis 28.02.2007 in Höhe von monatlich 611,00 EUR (Blatt 33 der Leistungsakte). Einkommen erzielte der Kläger in diesem Zeitraum nicht.
Am 05.02.2007 stellte der Kläger Antrag auf Fortzahlung von Leistungen (Blatt 39 der Leistungsakte). Mit Bescheid vom 09.02.2007 bewilligte die Beklagte monatliche Leistungen in Höhe von 611,00 EUR für den Zeitraum vom 01.03.2007 bis 31.08.2007. Neben dem Regelbedarf in Höhe von 345,00 EUR berücksichtigt sie Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 266,00 EUR (Blatt 40ff. der Leistungsakte).
2. Am 10.04.2007 informierte der Kläger die Beklagte, dass er ab 06.04.2007 eine bis 06/2007 befristete Tätigkeit als Wohnbereichshelfer bei der P- GmbH & Co. KG aufgenommen hat (Blatt 43 der Leistungsakte).
Das Bruttoentgelt betrug 675,00 EUR. Auf das Einkommen waren Steuern und Sozialabgaben im Umfang von 130,17 EUR im Juni 2007 und im Umfang von 130,14 EUR im Juli 2007 zu entrichten (vgl. Blatt 64 und 65 der Gerichtsakte).
Bereits am 02.04.2007 beantragte der Kläger Fahrtkostenbeihilfe für die tägliche Hin- und Rückfahrt zwischen Wohnung und Arbeitsstätte. Dem Antrag wurde mit Bescheid vom 22.05.2007 für den Zeitraum 06.04.2007 bis 28.06.2007 entsprochen (Blatt 66 der Gerichtsakte). Mit Änderungsbescheid vom 31.07.2007 wurde die Bewilligung bis einschließlich 05.10.2007 verlängert (Blatt 67 der Gerichtsakte).
Nach Angaben des Klägers entrichtet er für die KFZ- Haftpflichtversic...