Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld II. Beteiligtenfähigkeit der Arbeitsgemeinschaft nach Kreisgebietsreform Sachsen. Einkommensberücksichtigung. Arbeitsentgelt. Zuflussprinzip. kein Erstattungsanspruch nach § 115 SGB 10. keine Aufhebung und Rücknahme nach §§ 45 und 48 SGB 10. Rundung
Leitsatz (amtlich)
1. Zur Beteiligtenfähigkeit der Arbeitsgemeinschaften (ARGE) gem § 70 Nr 2 SGG iVm § 44b Abs 1 S 1 SGB 2 nach der Neugliederung des Gebietes der Landkreise des Freistaates Sachsen durch das Gesetz zur Neugliederung des Gebietes der Landkreise des Freistaates Sachsen (LKrGebNGlG SN).
2. Auch im Rahmen der Leistungsaufhebung gem § 40 Abs 1 S 1 SGB 2 iVm § 48 Abs 1 S 2 Nr 3 SGB 10 gilt, dass Arbeitsentgelt gem § 2 Abs 2 S 1 AlgIIV in dem Monat zu berücksichtigen ist, in welchem es tatsächlich zufließt. Etwas anderes folgt in diesem Fall auch nicht aus der Vorschrift des § 48 Abs 1 S 3 SGB 10.
3. Zum Anwendungsbereich von § 115 SGB 10.
Orientierungssatz
1. Es kann dahinstehen, ob eine Umdeutung gem § 43 SGB 10 überhaupt zulässig ist, wenn eine Umdeutung des Aufhebungsbescheides in eine Rücknahme der Leistungsbewilligung nach § 45 Abs 1 SGB 10 diesem nicht zur (teilweisen) Rechtmäßigkeit verhilft.
2. Zum Nichtvorliegen der Voraussetzungen der Rücknahme eines begünstigenden Verwaltungsaktes nach § 45 SGB 10 mangels Rechtswidrigkeit der ursprünglichen Leistungsbewilligung.
3. Die individuellen Auszahlungsansprüche sind gem § 41 Abs 2 SGB 2 zu runden (vgl BSG vom 16.5.2007 - B 11b AS 29/06 R). Da es sich bei den Regelleistungen und bei den Leistungen für Unterkunft und Heizung um zwei getrennte Auszahlungsansprüche handelt, hat auch die Rundung getrennt zu erfolgen.
Tenor
I. Der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid der Beklagten vom 18.03.2008 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 08.05.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.05.2008 (W 745/08) wird aufgehoben.
II. Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit eines Aufhebungs- und Erstattungsbescheids der Beklagten vom 18.03.2008 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 08.05.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 08.05.2008 (W 745/08). Mit diesem hob die Beklagte ihre ursprüngliche Leistungsbewilligung vom 28.03.2007 für den Zeitraum vom 01.06.2007 bis 30.06.2007 auf und verlangt die Erstattung zuviel gezahlter Leistungen.
1. Der Kläger bezieht Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II seit 01.04.2006.
Bis zum 30.09.2005 bezog er Arbeitslosengeld i. H. v. kalendertäglich 23,17 EUR. Im Rahmen des Erstbescheids vom 26.04.2006 wurde ihm ein befristeter Zuschlag i. H. v. 67,00 EUR bestandskräftig zuerkannt (Blatt 38ff. der Leistungsakte).
Im Juni 2007 bewohnte der Kläger eine etwa 47 qm große Wohnung, für welche er ausweislich des Mietvertrages vom 27.03.2006 (Blatt 11ff. der Leistungsakte) und der beigezogenen Kontoauszüge monatlich 270,00 EUR Miete zu zahlen hatte. Das Wasser wird über den Heizkreislauf erwärmt.
Mit Bewilligungsbescheid vom 28.03.2007 wurden ihm u. a. für den Zeitraum vom 01.04.2007 bis 31.08.2007 Leistung i. H. v. monatlich 641,95 EUR bewilligt (Blatt 69ff. der Leistungsakte).
Neben dem Regelbedarf i. H. v. 345,00 EUR anerkannte die Beklagte Kosten der Unterkunft und Heizung i. H. v. 262,95 EUR. Darüber hinaus gewährte sie einen befristeten Zuschlag gem. § 24 SGB II i. H. v. 34,00 EUR. Entsprechend den Angaben des Klägers berücksichtigte die Beklagte kein anrechenbares Einkommen.
2. Mit Veränderungsmitteilung vom 05.06.2007 (Blatt 76) teilte der Kläger mit, ab 01.06.2007 eine Vollzeittätigkeit aufzunehmen. Das monatliche Bruttoentgelt i. H. v. 1.500 EUR (1.050 EUR netto) werde erstmals im Monat Juli 2007 zur Auszahlung gelangen. Zugleich legte er einen Dienstvertrag zwischen der H. GmbH und dem Kläger vom 24.05.2007 vor (Blatt 77 ff. der Leistungsakte). Dort wird unter § 4 Ziffer 4 u. a. geregelt:
“[..] Zahlung des Grundgehaltes erfolgt am Monatsende.[..] Grundgehalt und Provision werden bargeldlos ausgezahlt. [..]„
Auf Anforderung der Beklagten übermittelte der Kläger am 07.01.2008 eine Einkommensbescheinigung für den Monat Juni 2007, auf welche Bezug genommen wird (Blatt 143 der Leistungsakte). Aus dieser ergibt sich, dass die Auszahlung des Gehalts am 30. des laufenden Monats fällig sei.
Bis einschließlich 30.06.2007 hat die Beklagte die mit Bescheid vom 28.03.2007 bewilligten Leistungen tatsächlich gewährt. Ab 01.07.2007 wurden die Leistungen entzogen (Bescheid vom 30.10.2007, Blatt 85 der Leistungsakte). Erst mit weiterem Bescheid vom 03.12.2007 wurden dem Kläger Leistungen für die Zeit vom 01.10.2007 bis 31.03.2008 wieder gewährt, nachdem das Arbeitsverhältnis zum 30.10.2007 beendet wurde (Blatt 129 der Leistungsakte).
3. Ohne weitere Anhörung erließ die Beklagte am 18.03.2008 den streitgegenständlichen Aufhebungs- und Erstattungsbescheid (Blatt 148ff. der Leistungsakte). Ausweislich dessen wird die Leistungsbew...