Entscheidungsstichwort (Thema)

Höhe des Insolvenzgeldes bei Berücksichtigung von Überstunden

 

Tenor

I. Der Bescheid vom 9.3.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.5.2005 wird teilweise aufgehoben. Die Beklagte wird verpflichtet, an den Kläger Insolvenzgeld für weitere 20,5 Stunden zu einem Bruttolohn von 10,12 € pro Stunde zu gewähren.

II. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Höhe des Insolvenzgeldes (Insg).

Der am 30.10.1965 geborene Kläger arbeitete als Monteur bei der Firma T. Ltd., Niederlassung B. Die Niederlassung kündigte dem Kläger am 30.8.2004 zum 31.8.2004 aus betriebsbedingten Gründen. Das Insolvenzverfahren wurde am 10.9.2004 eröffnet. Am 16.9.2004 übersandte sie dem Kläger die Lohnabrechnung für August 2004 und teilte mit, dass die Firma Insolvenz angemeldet habe und der Kläger sich wegen der ausbleibenden Forderungen an das zuständige Arbeitsamt wenden solle.

Am gleichen Tag stellte der Kläger einen Antrag auf Insg vom 2.8. bis 31.8.2004 bei der Beklagten. Er gab an, dass er Anspruch auf Lohn in Höhe von 2.524,92 €, Auslöse in Höhe von 391,-- € netto und Fahrgeld in Höhe von 564,-- € habe. Ausweislich der Abrechnung für August 2004 bestand Anspruch auf Lohn in Höhe von 1.791,24 € brutto, Lohn für Überstunden für 72,50 Stunden in Höhe von 733,70 € brutto und Verpflegungszuschuss steuerfrei in Höhe von 442,-- €. Nach dem befristeten Arbeitsvertrag vom 23.7.2004 wurde der Kläger als Monteur ab 2.8.2004 befristet bis 28.2.2005 eingestellt mit einer Bruttovergütung von 10,12 € pro Stunde bei einer regelmäßigen Arbeitszeit von 38 Stunden pro Woche. Nach dem Stundenzettel arbeitete der Kläger zwischen 5,5 und 13,5 Stunden täglich.

Mit Bescheid vom 30.11.2004 bewilligte die Beklagte einen Vorschuss nach § 42 SGB I auf das zu erwartende Insg in Höhe von 1.300,-- €.

Mit Bescheid vom 9.3.2005 bewilligte die Beklagte 1.890,11 € Insg für den geltend gemachten Zeitraum unter Anrechnung des bereits gezahlten Betrages.

Hierzu führte sie auf Seite 2 des Bescheides aus, “die Zahlung für den Zeitraum vom 02.08.2004 bis 31.08.2004 erfolgt gemäß Lohnabrechnung, wobei die dort bescheinigten 72,5 Überstunden um 20,5 Stunden gekürzt werden mussten, da gem. ArbZG (Arbeitszeitgesetz) § 3 nur eine tägliche Arbeitszeit - einschließlich Überstunden - von 10 Stunden zulässig ist.„

Dagegen erhob der Kläger am 5.4.2005 Widerspruch. Es gehe aus dem Bescheid nicht hervor, weshalb der Verpflegungszuschuss von 442,-- € und die tatsächlich geleisteten Überstunden nicht berücksichtigt würden.

Mit Bescheid vom 20.5.2005 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.

Es sei der Lohn in Höhe von 1.791,24 €, die Vergütung für 52 Überstunden mit 526,24 € und der steuerfreie Verpflegungszuschuss in Höhe von 442,-- € berücksichtigt worden. Die Überstunden seien auf 52 h zu kürzen gewesen, da nur eine tägliche Arbeitszeit von 10 h zulässig sei.

Der Kläger erhob am 20.6.2005 Klage zum Sozialgericht Chemnitz.

Der Kläger trägt vor, es seien abweichende Regelungen hinsichtlich der Arbeitszeiten entsprechend der Auftragslage möglich. Der Arbeitgeber hätte die Arbeitnehmer angewiesen am Gebäude der Fachhochschule im laufenden Betrieb undichte Fassadenscheiben zu reparieren, die nicht offen gelassen werden konnten.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den Bescheid vom 9.3.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.5.2005 teilweise aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, an den Kläger Insg für weitere 20,5 Stunden zu einem Bruttolohn von 10,12 € pro Stunde zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte trägt vor, Bezüge aus dem Arbeitsverhältnis würden nur vorliegen, wenn sich der ihnen zugrunde liegende Rechtsanspruch aus dem Inhalt des Arbeitsvertrages, den Betriebsvereinbarungen, Tarifverträgen oder aufgrund arbeitsrechtlicher gesetzlicher Bestimmungen ergeben würde.

Der Kammer liegen die Beklagtenakte und die Verfahrensakte vor, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren und auf deren Inhalt Bezug genommen wird.

 

Entscheidungsgründe

Die form- und fristgerecht beim zuständigen Gericht erhobene Klage ist gem. §§ 57 Abs. 1, 87, 90, 92 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig und begründet.

Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 9.3.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.5.2005 verletzt den Kläger in seinen Rechten. Der Kläger hat Anspruch auf Insg für weitere 20,5 Stunden zu einem Bruttolohn von 10,12 € pro Stunde.

Der Anspruch des Klägers auf Insg ergibt sich aus §§ 183 ff. SGB III. Danach haben Arbeitnehmer Anspruch auf Insg, wenn sie bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Arbeitgebers (Insolvenzereignis) für die vorausgehenden drei Monate des Arbeitsverhältnisses (Insolvenzzeitraum) noch Ansprüche auf Arbeitsentgelt haben. Zu diesen Ansprüchen gehören alle Ansprüche auf Bezüge aus dem Arbeitsverhältnis (BSG, B 11 AL 80/01 R, Urteil vom 25.6.2002). Der Insolvenzzeitraum ist damit ausgehend von der Eröffnung des I...

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