Entscheidungsstichwort (Thema)
COVID-19-Schutzimpfung. Impfschadensrecht. soziales Entschädigungsrecht. mRNA-Impfstoff von Pfizer/Biontech. geltend gemachte (hier zT bereits vor der Impfung dokumentierte) Erkrankungen: Schilddrüsenunterfunktion. Small-Fibre-Neuropathie. Posturales Tachykardiesyndrom. Myalgische Enzephalomyelitis/Chronisches Fatigue-Syndrom (Post-Vac-Syndrom). kein ursächlicher Zusammenhang. aktueller Stand der medizinischen Wissenschaft. Epidemiologisches Bulletin des Robert Koch-Instituts als antizipiertes Sachverständigengutachten. Kann-Versorgung. "theoretische Möglichkeit" nicht ausreichend
Leitsatz (amtlich)
Für die Ursächlichkeit zwischen einer Schutzimpfung gegen das Corona-Virus mit dem mRNA-Wirkstoff des Herstellers Pfizer/Biontech und einem geltend gemachten Impfschaden ist auf den aktuellen Stand der medizinischen Wissenschaft abzustellen, wie er derzeit im Epidemiologischen Bulletin des Robert Koch-Instituts 21/2023 vom 25.5.2023 zusammengefasst ist. Dies stellt insoweit ein antizipiertes Sachverständigengutachten als Stand der medizinischen Wissenschaft in Bezug auf derartige Impfschäden dar. Hier: Kausalzusammenhang zwischen Impfung und der Erkrankung an einer Hashimoto-Thyreoiditis, einer Small-Fibre-Neuropathie, einem posturalen Tachykardiesyndrom sowie ME/CFS ("Post-Vac-Syndrom") verneint.
Orientierungssatz
1. Gehen die vorliegenden medizinischen Erkenntnisse nicht über die bloße "theoretische Möglichkeit" eines Ursachenzusammenhangs hinaus, sind auch die Voraussetzungen für eine Kann-Versorgung nach § 61 S 2 IfSG nicht erfüllt.
2. Das Gericht hat die Sprungrevision zugelassen.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.
Die Sprungrevision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um eine Entschädigung für einen geltend gemachten Impfschaden nach einer Impfung gegen das Corona-Virus mit dem Wirkstoff Corminaty des Herstellers Pfizer/Biontech.
Die am […] geborene Klägerin wurde am 25. Mai 2021 im Impfzentrum Luckenwalde erstmals mit dem o.g. Wirkstoff gegen das Corona-Virus geimpft. Am 6. Juli 2021 erfolgte die zweite Impfung.
Am Tag nach der zweiten Impfung, dem 7. Juli 2021 berichtet die Klägerin von neurologischen Symptomen. Es seien Schmerzen an der Einstichstelle, Schwindel und Schmerzen im Brustkorb aufgetreten. Erstmals am 8. Juli 2021 sei sie deshalb von ihrem Hausarzt behandelt und krankgeschrieben worden. In der weiteren Folge habe sie unter starkem Schwindel, körperlicher Schwäche, erhöhtem Ruhepuls, Schmerzen im Brustkorb, Übelkeit und Appetitlosigkeit gelitten.
Am 13. Juli 2021 wurde die Klägerin infolge einer Überweisung durch ihren Hausarzt in der Notaufnahme der DRK-Klinik in Berlin-Köpenick vorstellig. Tags darauf sei erstmals ein Kribbeln in der rechten Wange aufgetreten, ihr sei schwarz vor Augen geworden und es habe erhöhter Ruhepuls bestanden. Am 14. Juli 2021 stellte sich die Klägerin erneut in der DRK-Klinik vor. Die beschriebenen Symptome hätten auch in der Folgezeit bestanden. Am 16. Juli 2021 stellte sich die Klägerin wiederum in der DRK-Klinik vor und wurde für einen Tag stationär aufgenommen. In weiterer Folge habe die Klägerin 4 kg Körpergewicht verloren und leide weiterhin unter den zuvor genannten Symptomen.
Nach erstmaliger Vorstellung am 20. Juli 2021 wurde die Klägerin vom 28. Juli 2021 bis zum 31. Juli 2021 in der Klinik für Neurologie der Charité stationär aufgenommen. In weiterer Folge befindet sich die Klägerin in ärztlicher Behandlung beim Endokrinologen, Kardiologen und bei ihrem Hausarzt. Sie leide weiterhin unter Schmerzen, Kribbeln und Brennen in den Extremitäten sowie im Gesicht, einem erhöhten Ruhepuls, Herzstolpern/Herzrasen und Erschöpfung.
Wegen der Folgen der Impfung könne sie ihrer beruflichen Tätigkeit auf eine unbestimmte Zeit nicht nachgehen. Zudem benötige sie nun familiäre Unterstützung bei der Haushaltsführung und Betreuung ihres minderjährigen Sohnes.
Am 19. August 2021 stellte die Klägerin einen Antrag auf Entschädigung für einen erlittenen Impfschaden nach dem IfSG beim Beklagten Landesamt für Soziales und Versorgung.
Mit Bescheid vom 1. August 2022 lehnte der Beklagte eine Versorgung der Klägerin ab. Die geltend gemachten Gesundheitsschäden seien, soweit sie überhaupt nachgewiesen seien, nicht ursächlich auf die Impfung zurückzuführen.
Den dagegen erhobenen Widerspruch vom 22. August 2022 wies der Beklagte nach Auswertung weiterer medizinischer Unterlagen mit Widerspruchsbescheid vom 5. April 2023 als unbegründet zurück.
Mit der am 5. Mai 2023 erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie ist der Auffassung, sie leider an einer Hashimoto-Thyreoiditis, einen Small-Fibre-Syndrom und einer Tachykardie, die ursächlich auf die Impfung gegen das Corona-Virus mit dem Wirkstoff Corminaty des Herstellers Pfizer/Biontech zurückzuführen sei.
Der Beklagte ist der Auffassung, die Klägerin habe bereits vor der Impfung an einer Hashimoto-Thyreoiditis gel...