Entscheidungsstichwort (Thema)
Minderung des Arbeitslosengeld II. Sanktion wegen Verhinderung der Anbahnung zumutbarer Arbeit. Anforderungen an die Rechtsfolgenbelehrung im Vermittlungsvorschlag. Unklarheit des Begriffs des negativen Bewerbungsverhaltens. Nichtbewerbung
Leitsatz (amtlich)
1. Eine Rechtsfolgenbelehrung ist nicht ordnungsgemäß erteilt, wenn nicht erkennbar ist, was mit der Wendung "negatives Bewerbungsverhalten" gemeint ist.
2. Insbesondere darf nicht unklar bleiben, ob darunter nur ein negatives Verhalten erst im Stadium des eigentlichen Bewerbungsverfahrens fällt oder bereits mit einem Verhalten im Vorfeld der Bewerbung, mithin auch mit deren Unterlassen, eine sanktionsbewehrte Pflichtverletzung begangen werden kann.
Tenor
Der Bescheid vom 03. September 2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05. November 2018 wird aufgehoben.
Der Beklagte hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers zu erstatten.
Die Berufung wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit einer Minderung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) für die Zeit vom 01. Oktober 2018 bis 31. Dezember 2018 und über die teilweise Aufhebung der Leistungsbewilligungen für den Kalendermonat Oktober 2018.
Der 1989 geborene unverheiratete Kläger stand in dem hier streitgegenständlichen Zeitraum im Leistungsbezug nach dem SGB II bei dem Beklagten. Er wohnt in C unter der im Rubrum genannten Anschrift.
Nachdem der Beklagte dem Kläger auf dessen Weiterbewilligungsantrag vom 13. März 2018 hin zunächst vorläufige Leistungen für die Zeit vom 01. Mai 2018 bis 31. Oktober 2018 gewährt hatte (Bescheid vom 18. April 2018, Änderungsbescheid vom 03. Mai 2018), setzte er mit Bescheid vom 01. Juni 2018 die Leistungen endgültig fest. Er bewilligte dem Kläger damit endgültige Leistungen u. a. für Oktober 2018 in Höhe von 786,08 EUR, bestehend aus dem Regelbedarf von 416,00 EUR und Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von 370,08 EUR.
Zuvor - unter dem 14. Mai 2018 - unterbreitete der Beklagte dem Kläger einen Vermittlungsvorschlag für eine Tätigkeit als Auslieferungsfahrer bei dem Fuhrunternehmen K in C. Die Arbeitszeit sollte flexibel - entweder in Vollzeit oder Teilzeit - ausgestaltet sein und in Vollzeit 40 Wochenstunden bzw. in Teilzeit 35 Wochenstunden betragen. Dabei sollte die Tätigkeit in der Regel von Montag bis Freitag von 10 bis 18 Uhr und in der Nachschichtwoche von Dienstag bis Samstag von 0.00 Uhr bis 08.30 Uhr ausgeübt werden. Frühester Eintrittstermin sollte der 22. Mai 2018 sein. Das Arbeitsverhältnis sollte für 24 Monate befristet sein. Eine spätere Übernahme in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis wurde in Aussicht gestellt. Das Arbeitsentgelt sollte 8,84 EUR pro Stunde betragen. In dem Vermittlungsvorschlag heißt es weiter: „Bewerben Sie sich bitte umgehend schriftlich mit folgenden Anlagen: Lebenslauf, Zeugnisse, Nachweise, Führungszeugnis. Ihre Ansprechpartnerin ist Frau K.“
Am Ende dieses Vermittlungsvorschlags befand sich in einem umrandeten Kästchen mit „Rechtsfolgenbelehrung“ überschriebener Text. Darin wurde u. a. darauf hingewiesen, dass die §§ 31 bis 31b SGB II bei einer Weiterung eine zumutbare Arbeit, Ausbildung, Arbeitsgelegenheit oder mit einem Beschäftigungszuschuss geförderte Arbeit aufzunehmen oder fortzuführen, Leistungsminderungen vorsehen. Das Arbeitslosengeld II könne danach - auch mehrfach hintereinander - gemindert werden oder vollständig entfallen. Wenn sich der Kläger weigere, die ihm mit diesem Vermittlungsvorschlag angebotene Arbeit aufzunehmen oder fortzuführen, würde das ihm zustehende Arbeitslosengeld II um einen Betrag von 30 Prozent des für ihn maßgebenden Regel Bedarfs zur Sicherung des Lebensunterhalts nach § 20 SGB II gemindert. Ein solcher Pflichtenverstoß liege auch vor, wenn der Kläger die Aufnahme der angebotenen Arbeit durch negatives Bewerbungsverhalten vereitelt.
Mit Schreiben vom 15. August 2018 hörte der Beklagte den Kläger zum möglichen Eintritt einer Leistungsminderung an und gab ihm insoweit Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 01. September 2018. Dem Kläger sei ein Beschäftigungsverhältnis als Auslieferungsfahrer bei der Firma Fuhrunternehmen K angeboten worden. Dieses Angebot sei unter Berücksichtigung seiner - des Klägers - Leistungsfähigkeit und persönlichen Verhältnissen zumutbar gewesen. Nach bisherigem Stand sei davon auszugehen, dass der Kläger trotz schriftlicher Belehrung über die Rechtsfolgen oder deren Kenntnis durch sein Verhalten das Zustandekommen dieser Tätigkeit von vornherein verhindert habe. Der Arbeitgeber habe mitgeteilt, dass sich der Kläger nicht gemeldet bzw. nicht beworben habe. Die Sanktion dauere drei Monate und führe voraussichtlich zu einer Leistungsminderung in Höhe von 30 Prozent des maßgebenden Regelbedarfs (124,80 EUR monatlich). Ergänzende Sachleistungen könnten daher nicht erbracht werden.
In seiner Antwort vom 28. August 2018 teilte der Klä...