Entscheidungsstichwort (Thema)

Unzulässigkeit der Klage bei fehlendem Rechtschutzbedürfnis des Klägers. Notwendige Vorbefassung der Behörde nach Antragstellung

 

Orientierungssatz

1. Eine erhobene Klage ist unzulässig, wenn es an dem hierzu erforderlichen Rechtschutzbedürfnis des Klägers fehlt.

2. Ein Bedürfnis zur Inanspruchnahme gerichtlicher Hilfe besteht nur dann, wenn der Bürger sich mit einem hinreichend konkret gefassten Anliegen zuvor erfolglos an die Verwaltung gewandt hat.

3. Im Übrigen hat eine Sozialhilfegewährung immer zur Voraussetzung, dass der sozialhilferechtliche Bedarf des Antragstellers anderweitig nicht gedeckt werden kann.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 25.04.2019; Aktenzeichen B 8 SO 7/19 B)

BSG (Beschluss vom 01.03.2018; Aktenzeichen B 8 SO 52/17 B)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Gewährung einer einmaligen Beihilfe zur Behebung einer finanziellen Notlage nach dem Sozialgesetzbuch - Zwölftes Buch - (SGB XII).

Der im Jahr 1940 geborene Kläger erhält Altersrente (seit Juli 2015 885,85 € monatlich). Daneben bezieht er ein Ruhegeld der C. Bausparkassen AG (seit Dezember 2014 339,60 € monatlich). Er ist privat bei der DKV Deutsche Krankenversicherung AG kranken- und pflegeversichert und dort seit dem 01.01.2015 in den sog. Basistarif eingruppiert (Monatsbeitrag ab dem 01.01.2015 390,33 €, ab dem 01.07.2015 368,16 €).

Auf seinen Antrag hin wurden ihm vom Beklagten durch Bescheid vom 16.04.2015 ergänzend Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem 4. Kapitel SGB XII i.H.v. 204,83 € monatlich für den Zeitraum 01.04.2015 - 31.03.2016 gewährt. Bei der Leistungsberechnung wurde insbesondere der Beitrag zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung berücksichtigt. Als Zahlungsempfänger wurde im Bescheid der Kläger persönlich bestimmt. Durch Änderungsbescheid vom 02.07.2015 passte der Beklagte die Leistungshöhe infolge einer Rentenerhöhung auf einen monatlichen Betrag von 186,63 € an.

Mit Schreiben vom 23.09.2015 teilte die DKV AG dem Beklagten mit, dass der Kläger schon seit Jahren keine Beiträge mehr entrichtet habe. Sie bat um Direktüberweisung der Leistungen des Klägers auf ihr Konto. Bei einem Gespräch am 16.10.2015 erklärte der Kläger die fehlende Beitragszahlung damit, dass er regelmäßig auf den Arztkosten "sitzenbleibe", weil die DKV AG eine Erstattung ablehne. Er reichte eine Beschwerde an die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht zur Akte, aus der sich ergibt, dass die DKV AG von ihm ausstehende Beiträge i.H.v. ca. 25.000 € fordert. Der Kläger erläutert dort weiter, er sei vom Sozialhilfeträger gezwungen worden, vom Standardtarif in den Basistarif zu wechseln, den jedoch die privaten Krankenversicherer von Anfang an abgelehnt hätten. Aus diesem Grund verweigere die DKV AG eine vollständige Übernahme seiner Arztrechnungen. Auch müsse er teilweise ärztliche Behandlungen zuvor von ihr genehmigen lassen. Er zahle deshalb nun keine Beiträge mehr, verlange von der DKV AG aber auch keine Leistungen mehr. Die Leistungsauszahlung durch den Beklagten wurde daraufhin ab November 2015 zunächst gestoppt.

Mit Schreiben vom 19.10. und 16.11.2015 führte der Kläger weiter aus, er zahle seine Krankheitskosten nunmehr selbst. Er bitte entweder um Weitergewährung der Grundsicherung oder um Übernahme der Krankheitskosten durch den Beklagten. Dieser teilte ihm schließlich mit Schreiben vom 16.12.2015 mit, die Leistungen für November und Dezember würden nunmehr direkt an die DKV AG ausgezahlt. Zugleich erließ sie einen Änderungsbescheid, mit dem für die Zeit ab dem 01.01.2016 ebenfalls eine Auszahlung an den Krankenversicherer bestimmt wurde.

Der Kläger reagierte hierauf zunächst mit Schreiben an einen Kreisbeigeordneten vom 12.12.2015, in dem er die Übernahme von Behandlungskosten verlangte. Er fügte einen "Kostenvoranschlag für die Krankenkasse" seiner behandelnden Internistin vom 07.12.2015 bei, in dem notwendige und empfehlenswerte Maßnahmen aufgezählt werden. Der Beklagte antwortete mit Schreiben vom 18.12.2015, dass von ihm keine solchen Kosten übernommen werden könnten, da der Kläger nach wie vor bei der DKV AG krankenversichert sei und daher dort die Übernahme beantragen könne.

Mit Schreiben vom 21.12.2015 legte der Kläger Widerspruch gegen das Schreiben vom 16.12.2015 und den Änderungsbescheid vom 16.12.2015 ein. Er sei mit der Auszahlung der Leistungen an die DKV AG nicht einverstanden. Er benötige diese selbst zur Zahlung seiner Krankheitskosten.

Der Widerspruch wurde durch Bescheid vom 06.01.2016 zurückgewiesen. Eine Auszahlung der Leistungen an den Kläger sei nicht möglich. Auch sei dies nicht notwendig, da seine Krankheitskosten bei der DKV AG geltend gemacht werden könnten.

Der Kläger hat am 01.02.2016 Klage beim Sozialgericht Darmstadt erhoben.

Er hat zunächst u.a. vorgetragen, die Leistungen müssten an ihn selbst ausgezahlt werden, da er sie für die Bezahlung von Behandlu...

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