Entscheidungsstichwort (Thema)
Rente wegen Todes aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Witwenrente. widerlegbare Vermutung. Versorgungsehe. kurze Ehedauer. lebensbedrohliche Krankheit mit ungünstiger Verlaufsprognose. überwiegende Versorgungsabsicht. Wunsch nach einer Hinterbliebenenversorgung allein bei einem Partner
Orientierungssatz
Liegt der Wunsch nach einer Hinterbliebenenversorgung allein bei einem Partner vor, ist eine überwiegende Versorgungsabsicht iS des § 46 Abs 2a SGB 6 nicht anzunehmen.
Nachgehend
Tenor
1. Der Bescheid der Beklagten vom 09.11.12 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.11.13 wird aufgehoben und die Beklagte verurteilt, der Klägerin aufgrund ihres Antrages vom 19.10.12 aus der Versicherung ihres am xx.xx.12 verstorbenen Ehemannes eine Witwenrente in gesetzlicher Höhe zu gewähren.
2. Die Beklagte hat der Klägerin ihre notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beklagte der Klägerin eine Witwenrente bewilligen muss oder ob eine sogenannte Versorgungsehe vorliegt.
Die 1961 geborene Klägerin heiratete am 28.02.2012 ihren am xx.xx.2012 verstorbenen Ehemann D. A. Dieser war bei der Beklagten rentenversichert. Am 19.10.2012 beantragte sie die Gewährung einer Witwenrente aus der Versicherung ihres 1953 geborenen Ehemannes.
Die Klägerin und der Versicherte lebten seit etwa 30 Jahren in einem gemeinsamen Haushalt. Sie haben zwei gemeinsame Kinder (die 1984 geborene Zeugin und die 1993 geborene E.) sowie ein 2005 geborenes Enkelkind. Die Tochter E. lebte zum Zeitpunkt der Eheschließung weiterhin im Haushalt der Eltern. Der Verstorbene war seit 2002 arbeitslos und bezog seit 2005 Arbeitslosengeld II. Die Klägerin arbeite seit dem 01.08.2011 bei der Gemeinde A-Stadt mit schwankendem Einkommen. Im Zeitraum vom Oktober 2012 bis Januar 2013 betrug das Arbeitsentgelt durchschnittlich 745,60 Euro im Monat. Am 04.08.2011 machte der Versicherte im Rahmen der Feier zum 50. Geburtstag der Klägerin öffentlich einen Heiratsantrag. Ab Herbst 2011 hatte der Versicherte dann 40 kg abgenommen und ließ sich am 30.01.2012 von seinem Hausarzt untersuchen. Er berichtete, es gehe ihm nicht so gut und er habe keinen Appetit. Eine Untersuchung ergab einen Ikterus mit dem dringenden Verdacht einer Gallengangstenose bzw. Pankreasaffektion, weswegen er sofort zur Behandlung und Diagnostik in das Kreiskrankenhaus B. eingewiesen wurde. Dort stellten die Ärzte Anfang Februar einen Bauchspeicheldrüsenkrebs mit Metastasen in der Leber fest. Nach Entlassung des Versicherten aus dem Krankenhaus am 22.02.2012 meldete die Klägerin die Eheschließung am 27.02.2012 an, nachdem sie am 23.02.2012 die entsprechenden Unterlagen besorgt hatte. Die Eheschließung erfolgte am 28.02.2012. Am 06.03.2012 begann eine palliative Chemotherapie. Vom 22.03.2012 bis 12.04.2012 nahm der Versicherte an einer Maßnahme zur medizinischen Rehabilitation teil, aus der er arbeitsunfähig entlassen wurde. Am 02.10.2012 verstarb der Versicherte.
Die Klägerin beantragte am 19.10.2012 eine Hinterbliebenenrente. Mit Bescheid vom 09.11.2012 lehnte die Deutsche Rentenversicherung Hessen die Gewährung von Witwenrente aus der Versicherung des Versicherten ab, da die Eheschließung nach dem 31.12.2001 erfolgte und die Ehe nicht mindestens ein Jahr gedauert habe, so dass die gesetzliche Vermutung einer sogenannten „Versorgungsehe“ eingreife.
Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin am 30.11.2012 Widerspruch. Zur Begründung trug sie vor, dass der Grund für die Heirat die gemeinsamen Kinder und Enkelkinder gewesen seien. Ihr Ehemann habe ihr bereits am 04.08.2011 einen Heiratsantrag auf einem Familienfest gemacht habe und die Hochzeit sei erst für Januar, dann Anfang Februar 2012 geplant gewesen. Wegen der Erkrankung ihres Ehemannes dann aber auf Ende Februar zurückgestellt worden, als es ihm wieder besser gegangen sei. Die Eheringe seien aber bereits Mitte Januar 2012 ausgesucht worden. Zum Zeitpunkt der Hochzeit sei niemand davon ausgegangen, dass der Ehemann am xx.xx.2012 versterben werde. Mit der Heirat hätten sie ihren Enkelkindern vermitteln wollen, dass eine Ehe erstrebenswert sei und dass es wichtig sei, die familiäre Zusammengehörigkeit durch die Ehe zu festigen. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 07.11.2013 zurück, da die Ehe nicht mindestens ein Jahr gedauert habe (§ 46 Abs. 2a SGB VI) und daher eine Versorgungsehe vermutet werde. Diese Vermutung sei von der Klägerin nicht widerlegt worden.
Gegen den Widerspruchsbescheid hat die Klägerin am 11.12.2013 Klage vor dem Sozialgericht Darmstadt erhoben.
Die Klägerin trägt vor, sie habe fast 30 Jahre mit ihrem verstorbenen Ehemann zusammengelebt und sie hätten gemeinsame Kinder und ein Enkelkind. Ihr Ehemann habe sich nach einer gescheiterten Ehe über Jahre gegen eine neuerliche Ehe gewehrt. Erst nach der Geburt des Enkelkindes habe sich dies geändert. Nach der Verlo...