Entscheidungsstichwort (Thema)
Pflegeversicherung. Pflegestufe I. Überleitung in den Pflegegrad 2
Leitsatz (amtlich)
Liegen die Voraussetzungen der Pflegestufe I nach der bis zum 31.12.2016 geltenden Rechtslage zeitlich erst nach dem 1.1.2017 vor, so findet eine Überleitung in den Pflegegrad 2 nach § 140 Abs 2 Satz 3 Nr 1 a) SGB XI in analoger Anwendung statt.
Nachgehend
Tenor
Der Bescheid vom 06.04.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.10.2016 wird aufgehoben und die Beklagte verurteilt, der Klägerin Leistungen in Form von Pflegegeld nach dem Pflegegrad 2 seit 10.10.2017 zu gewähren.
Die Beklagte hat der Klägerin die Hälfte der notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten noch um die Gewährung von Pflegeversicherungsleistungen nach der Pflegstufe I bzw. dem Pflegegrad 2 in Form von Pflegegeld ab dem 10.10.2017.
Die 1936 geborene Klägerin ist bei der Beklagten pflegeversichert. Sie hat einen Grad der Behinderung von 100, das Vorliegen der Merkzeichen B und G wurde anerkannt.
Die Klägerin beantragte am 17.10.2015 Leistungen in Form von Pflegegeld bei der Beklagten.
Daraufhin wurde sie am 04.04.2016 vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) in ihrer häuslichen Umgebung begutachtet. Als pflegebegründende Diagnosen hielt der MDK fest: Hirninfarkt, Störungen des Ganges und der Mobilität bei rückläufiger Hemischwäche rechts. Eine eingeschränkte Alltagskompetenz liege nicht vor. Der MDK kam zu dem Ergebnis, dass der Hilfebedarf im Bereich der Grundpflege täglich 29 Minuten betrage. Für die hauswirtschaftliche Versorgung sei ein Zeitaufwand von 77 Minuten täglich anzusetzen.
Mit Bescheid vom 06.04.2016 lehnte die Beklagte den Antrag auf Pflegeversicherungsleistungen ab. Zur Begründung führte sie aus, dass derzeit keine Pflegestufe bei der Klägerin vorliege. Der Zeitaufwand für die Grundpflege und die hauswirtschaftliche Versorgung müsse für die Pflegestufe I mindestens 90 Minuten täglich betragen, wobei hierbei auf die Grundpflege mehr als 45 Minuten entfallen müssten.
Dagegen legte die Klägerin am 14.04.2016 Widerspruch ein. Zur Begründung führte sie aus, sie könne ihr Gesicht, Hals und Brust nur sehr eingeschränkt selbständig waschen. Die rechte Hand sei nicht einsetzbar, mit der linken Hand sei es für sie als Rechtsänderung sehr schwierig. Ihr falle ständig die Seife aus der Hand, so dass sie mindestens 30 Minuten ohne Zähneputzen und Kämmen benötige. Daher benötige sie Hilfe in Form der vollständigen Übernahme bei der Ganzkörperpflege. Für das Waschen des Oberkörpers und des Unterkörpers benötige sie Hilfe in Form einer Teilübernahme. Die Zahnpflege könne Sie mit der rechten Hand überhaupt nicht durchführen, mit der linken Hand sei es auch nicht einfach. Beim An- und Auskleiden sei mehr als eine Teilübernahme erforderlich, denn sie könne weder Knöpfe noch einen Reißverschluss schließen oder öffnen. Jacken könne sie ohne fremde Hilfe auch nicht anziehen. Beim Treppensteigen benötige sie volle Unterstützung, sie könne zwar alleine laufen, sich aber mit der rechten Hand nicht am Handlauf festhalten.
Im Rahmen des Widerspruchsverfahrens wurde am 06.06.2016 eine erneute häusliche Begutachtung durch den MDK vorgenommen. In dem Gutachten vom 09.06.2016 hielt der MDK fest, der Hilfebedarf im Bereich der Grundpflege liege bei 35 Minuten pro Tag. Im Übrigen bestätigte der MDK das Vorgutachten und führte aus, dass die Voraussetzungen der Pflegestufe I nicht erfüllt seien.
Daraufhin wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 20.10.2016 zurück. Zur Begründung führte sie aus, der gesetzlich vorgesehene Hilfebedarf für die Pflegestufe I von mehr als 45 Minuten täglich im Bereich der Grundpflege werde nicht erreicht.
Dagegen hat die Klägerin am 24.11.2016 Klage vor dem hiesigen Gericht erhoben.
Zur Begründung wird im Wesentlichen vorgetragen, der Pflegeaufwand sei deutlich höher als vom MDK angenommen. Die Störungen des Ganges und der Mobilität nach dem Hirninfarkt sowie die Parese des rechten Armes und der rechten Hand seien als pflegeerschwerende Faktoren zu berücksichtigen.
In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin die Klage im Hinblick auf den Zeitraum Oktober 2015 bis 09.10.2017 zurückgenommen.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid vom 06.04.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.10.2016 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Leistungen nach der Pflegestufe I bzw. nach dem Pflegegrad 2 in Form von Pflegegeld seit 10.10.2017 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung führt sie aus, die Voraussetzungen der Pflegestufe I seien zeitlich erst nach dem 31.12.2016 eingetreten. Sie ist der Ansicht, dass ein Rückschluss vom Vorliegen der Pflegestufe I auf das Vorliegen des Pflegegrades 2 nicht zulässig sei. Die Überleitungsregelung nach § 140 SGB XI sei vorliegend nicht anwendbar. Der Gesetzeswortlaut regele eindeutig, dass die Überleitu...