Entscheidungsstichwort (Thema)
Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit. Anhebung der Altersgrenze. Vertrauensschutzregelung. Verfassungsmäßigkeit
Orientierungssatz
1. Die Beschränkung der Anwendung der Vertrauensschutzregelung des § 237 Abs 4 S 1 Nr 1 SGB 6 auf Versicherte, die bis zum 14.2.1941 geboren sind, ist nicht verfassungswidrig.
2. Ein Vertrauensschutz unter Beachtung der Grundsätze des Art 14 GG ist bereits dadurch gewahrt, dass es sich bei der Anhebung der Altersgrenzen durch das WFG nicht um eine abrupte Regelung gehandelt hat, sondern sehr wohl eine stufenweise Anhebung vorgesehen wurde, die es den Versicherten auch weiterhin ermöglicht hat, mit Vollendung des 60. Lebensjahres die Altersrente wegen Arbeitslosigkeit in Anspruch zu nehmen, dies lediglich unter Hinnahme eines höheren Abschlages für die vorzeitige Inanspruchnahme.
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist die Anwendung der Regelung des § 237 Abs. 3, 4 Sechstes Sozialgesetzbuch (SGB VI) respektive deren Verfassungsgemäßheit.
Der ... 1942 geborene Kläger war bis zum 15.08.1996 bei der Firma I GmbH versicherungspflichtig beschäftigt. Er hatte mit seinem früheren Arbeitgeber im Mai 1994 eine sog. gleitende Ruhestandsregelung geschlossen, nach der sich an das zum 31.12.1994 beendete Beschäftigungsverhältnis noch ein befristetes Arbeitsverhältnis anschloss. Vom 16.08.1996 bis 30.04.2002 war der Kläger durchgängig arbeitslos.
Auf seinen Antrag vom 24.10.2001 hin bewilligte ihm die Beklagte mit Bescheid vom 16.04.2002 eine Altersrente wegen Arbeitslosigkeit ab Mai 2002. Im Hinblick darauf, dass der Kläger die Rente vorzeitig in Anspruch genommen habe, verminderte die Beklagte den Zugangsfaktor in Anwendung der §§ 237 Abs. 3, 77 Abs. 2 SGB VI von 1,0 um 0,1800 für 60 Monate (je Monat 0,003) auf 0,8200 und legte als Folge der Rentenberechnung statt 60,9726 Entgeltpunkte (EP) nur 49,9975 EP zugrunde.
Mit seinem Widerspruch machte der Kläger im wesentlichen geltend, die Kürzung der Altersrente wegen vorangegangener Arbeitslosigkeit sei wegen Verstoß gegen die Grundsätze des Vertrauensschutzes, das Gleichheitsgebot, Art. 2 des Grundgesetzes (GG) i.V.m. dem Rechtsstaatsgebot und Art. 14 Abs. 1 GG verfassungswidrig. Durch das Rentenreformgesetz (RRG) 1992, das zum Zeitpunkt seines Vorruhestandsvertragsschlusses gegolten habe, sei ein besonderer Vertrauensschutztatbestand entstanden, der durch das Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetz (WFG) vom 25.09.1996 nicht rückwirkend habe beseitigt werden können. Ihm sei durch die minutiöse Ausgestaltung des RRG 1992 eine Planungssicherheit vermittelt worden, in die der Gesetzgeber nicht mehr habe eingreifen dürfen. Mit einer Änderung der Gesetzeslage hätte er nicht rechnen können. Es läge eine willkürliche Ungleichbehandlung vor.
Mit Widerspruchsbescheid vom 05.06.2002 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Hiergegen richtet sich die beim erkennenden Gericht am 25.06.2002 eingegangene Klage. Zur Begründung trägt der Kläger sein bisheriges Vorbringen insoweit wiederholend vor, die Kürzung der Altersrente durch das WFG sei verfassungswidrig. Sie verletzte zum einen Art. 3 GG, da nur bestimmte Jahrgänge benachteiligt würden, zum anderen Art. 2 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsgebot sowie Art. 14 GG. Auch wenn der Gesetzgeber eine Gestaltungsfreiheit habe, in Rentenanwartschaften einzugreifen, seien diese jedoch nur aus Gründen des öffentlichen Interesses unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gerechtfertigt. Die getroffene Stichtagsregelung halte dem verfassungsrechtlich gebotenen Prüfungsmaßstab nicht stand, da in unverhältnismäßiger Weise in die erworbene Rechtsposition eingegriffen werde.
Der Kläger beantragt (sinngemäß),
die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 16.04.2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.06.2002 zu verurteilen, seine Altersrente ab Rentenbeginn unter Berücksichtigung eines Zugangsfaktors von 0,9880 statt von 0,8200 festzustellen.
Die Beklagte beantragt (sinngemäß),
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung ihres Antrags bezieht sie sich unter Hinweis auf die zutreffende Anwendung der gesetzlichen Regelungen und ihre Bindung an das geltende Recht auf den Inhalt der Verwaltungsakte und die in den angegriffenen Bescheiden genannten Gründe.
Die Beteiligten haben sich schriftsätzlich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im übrigen wird auf den Inhalt der Prozessakte und der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, die Grundlage der Entscheidungsfindung waren.
Entscheidungsgründe
Die Kammer konnte ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden, nachdem sich die Beteiligten schriftlich mit dieser Verfahrensweise einverstanden erklärt haben (§ 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes -- SGG --).
Das Vorbringen des Klägers in der Klagebegründung war bei ve...