Entscheidungsstichwort (Thema)

Aufhebung der Bewilligung von Leistungen der Grundsicherung wegen verschwiegenen Einkommens. Maklerprovision

 

Orientierungssatz

1. Ein Bewilligungsbescheid über Leistungen des SGB 2 ist nach § 45 Abs. 1 SGB 10 zurückzunehmen, wenn der Begünstigte u. a. erzielte Maklerprovision verschwiegen hat. Der Provisionsanspruch entsteht nach § 652 Abs. 1 S. 1 BGB, wenn der Erfolg der Maklertätigkeit durch wirksames Zustandekommen des beabsichtigten Geschäfts eingetreten ist.

2. Von der Berücksichtigung als Einkommen nach § 11 SGB 2 sind nur solche Zahlungen ausgenommen, die von Anfang an mit einer bestehenden und wirksamen Rückforderungsverpflichtung verknüpft sind.

3. Tritt eine Verpflichtung zur Rückzahlung der Einnahme erst nach dem Zeitraum ein, für den sie berücksichtigt werden soll, so besteht die Verpflichtung des Hilfebedürftigen, die Leistung als bereits Mittel zu verbrauchen (BSG Urteil vom 23. 8. 2011, B 14 AS 165/10 R).

4. Für Bezieher von SGB 2-Leistungen wird für die Dauer des Leistungsbezugs der Beitrag zur freiwilligen Krankenversicherung in Höhe des hälftigen Basistarifs berücksichtigt (BSG Urteil vom 16. 10. 2012, B 14 AS 11/12 R).

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 17.10.2019; Aktenzeichen B 14 AS 309/18 B)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen die Aufhebung einer Leistungsgewährung und Rückforderung in Höhe von 4.064,82 €.

Die 63 Jahre alte Klägerin stand beim Beklagten seit Februar 2009 im Bezug von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Sie ist als selbständige Immobilienmaklerin tätig.

Mit Folgeantrag vom 15. Januar 2013 beantragte die Klägerin die Weiterbewilligung von Leistungen nach dem SGB II. Nach Auswertung der von ihr vorgelegten Unterlagen bewilligte der Beklagte mit Bescheid vom 28. Februar 2013 für die Zeit von März bis August 2013 vorläufig Leistungen in Höhe von 572 € monatlich, unter Berücksichtigung von Einkommen aus selbständiger Tätigkeit in Höhe von 400 €. Mit E-Mail und telefonisch teilte die Klägerin am 29. April 2013 mit, dass sie an der bisherigen Prognose ihres Einkommens nicht festhalte. Sie bat nunmehr um Berücksichtigung von Einkommen in Höhe von 150 € monatlich für die Zeit von März bis August 2013; im März und April 2013 habe sie keinen Umsatz erzielt. Daraufhin bewilligte der Beklagte der Klägerin mit Änderungsbescheid vom 29. April 2013 für die Zeit von März bis August 2013 Leistungen in Höhe von 772 €, unter Berücksichtigung eines monatlichen Einkommens von 150 €. Für die Monate März bis Mai 2013 erfolgte am 29. April 2013 eine Nachzahlung in Höhe von 600 € auf das Konto der Klägerin.

Mit Schreiben vom 10. September 2013 teilte die Klägerin dem Beklagten ihr tatsächliches Einkommen aus selbständiger Tätigkeit mit. Dabei gab sie für die Zeit vom 1. März bis 31. August 2013 einen Verlust in Höhe von 2.351 € an. Unter der tabellarischen Datenerfassung war in kleiner Schrift vermerkt, dass Verhandlungen für Neubauwohnungen zur Vermarktung am Laufen seien, endgültige Angaben erfolgten nach Erteilung der Baugenehmigung ca. Ende September 2013. Der von ihr geltend gemachte Verlust setzte sich wie folgt zusammen:

Betriebliche Kfz-Steuern, Versicherungen, laufende Betriebskosten i.H.v. 234 €

Werbung und Repräsentationskosten i.H.v. 1.650 €

Investitionen i.H.v. 240 €, Büromaterial 10 €, Telefon i.H.v. 217 €

In Folge dessen setzte der Beklagte mit Bescheid vom 17. September 2013 die Leistungen der Klägerin für die Zeit von März bis August 2013 endgültig auf 812 € monatlich fest, ohne Anrechnung von Einkommen. Außerdem erhöhte er die Beiträge für die private Kranken- und Pflegeversicherung auf 345,52 € (hälftiger Basistarif). Gleichzeitig bewilligte der Beklagte mit einem weiteren Bescheid vom 17. September 2013 der Klägerin für die Zeit von September 2013 bis Februar 2014 vorläufig Leistungen in Höhe von 772 € monatlich, unter Berücksichtigung eines Einkommens von 150 €.

Im Zuge einer Vermögensabfrage legte die Klägerin mit Schreiben vom 28. Oktober 2013 Kontoauszüge für den Zeitraum vom 1. bis 30. August 2013 vor. Daraus ging hervor, dass sie am 8. August 2013 eine Provisionszahlung in Höhe von 8.032,50 € aus der Maklertätigkeit erhalten hat. Ferner fügte die Klägerin dem Vermögensfragebogen eine neue Einnahme-Überschuss-Rechnung für die Zeit von März bis Oktober 2013 bei, auf der sie in kleiner Schrift angegeben hatte, die Zahlung im August sei unter Vorbehalt bis 31. Oktober 2013 bezahlt worden.

Mit Bescheid vom 7. April 2014 hob der Beklagte den Bescheid vom 17. September 2013 gemäß § 45 Abs. 2 Nr. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) teilweise auf und setzte die der Klägerin zustehenden Leistungen für die Zeit von März bis August 2013 auf 134,53 € monatlich fest. Gleichzeitig setzte er den Erstattungsbetrag auf 4.064,82 € fest und verfügte die Aufrechnung in 34 Monatsraten zu 117,30 €, beginne...

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