Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Unfallversicherung. Anspruch auf Heilbehandlung gem § 26 Abs 1 SGB 7 und auf Verletztengeld. folgenlose Ausheilung der unfallbedingten Gesundheitsstörungen. Verletztenrente. MdE im rentenberechtigendem Grad. weitere Unfallfolge: komplexes regionales Schmerzsyndrom (CRPS). S1-Leitlinie zum CRPS. Budapester Konsensus-Kriterien. fehlende Diagnosekriterien. zeitlicher Ablauf
Orientierungssatz
1. Zum Nichtvorliegen eines Anspruchs auf Heilbehandlung gem § 26 Abs 1 SGB 7 und einem Anspruch auf Verletztengeld gem § 45 Abs 1 Nr 1 SGB 7 wegen folgenloser Ausheilung der unfallbedingten Gesundheitsstörungen.
2. Zum Krankheitsbild eines Morbus Sudeck bzw einem komplexen regionalen Schmerzsyndrom (CRPS) nach der S1-Leitlinie zum CRPS und der sog Budapester Konsensus-Kriterien.
3. Unfallbedingte CRPS-Symptome treten im Allgemeinen innerhalb von wenigen Tagen bis maximal zwei Wochen nach dem Trauma auf (hier: Auftreten bzw Aufflammen vier Jahre nach dem Trauma).
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand
Der Kläger begehrt von der Beklagten die Anerkennung weiterer Arbeitsunfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit über den 7. Februar 2012 hinaus sowie die Gewährung einer Verletztenrente.
Der 1957 geborene, im Bereich Heizung/Sanitär selbstständig tätige Kläger bezieht seit dem 11. Februar 2010 eine volle Erwerbsminderungsrente der Deutschen Rentenversicherung Hessen. Aus dem ärztlichen Entlassungsbericht über eine Rehabilitationsmaßnahme im April 2010 gehen als Diagnosen eine vasospastische Angina bei diffuser Koronarsklerose, arterielle Hypertonie, Hyperlipidämie sowie eine Dysthymie bei somatoformer Schmerzstörung und beginnende Polyarthrose hervor.
Der Kläger erlitt am 6. Oktober 2011 einen Arbeitsunfall. Nach eigenen Angaben zerrte er sich den linken Arm, als er beim Wechsel eines Membranausdehnungsgefäßes (13-15 kg) eine Schraube löste, das Gefäß nicht mehr halten konnte und seine Hand mit dem Gefäß nach unten gerissen wurde.
Der daraufhin am 10. Oktober 2011 aufgesuchte H-Arzt Dr. C. erhob als Befund einen Bluterguss am vorderen Ellenbogen und linken Unterarm. Die Beugung und Streckung seien endgradig schmerzhaft. Das Röntgenergebnis des linken Ellenbogens war ohne Befund. Der H-Arzt stellte als Erstdiagnose einen Sehnenabriss. Mit einem Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit rechnete er für den 21. Oktober 2011.
Nach der Beurteilung der Kernspintomografie des linken Ellenbogengelenks vom 12. Oktober 2011 bestand der Eindruck einer fast kompletten Ruptur der Bizepssehne. Ferner wurden ein Ödem und ein Bluterguss im Bereich der Sehnenloge festgestellt sowie ein Bluterguss innerhalb des Muskels.
Vom 2. bis zum 18. November 2011 wurde der Kläger sodann stationär in der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik Ludwigshafen behandelt. Bei der Operation mit Exploration der Bizepssehne am 3. November 2011 erwies sich die distale Bizepssehne links jedoch als intakt bei Verdacht auf eine stattgehabte alte Verletzung. Der postoperative Verlauf war verzögert. Nach einer oberflächlichen Wundrötung sei es bei regelrechter Wundheilung zu fortbestehenden Missempfindungen am gesamten Unterarm gekommen. Daraufhin wurde der Kläger am 14. November 2011 neurologisch von Dr. D. untersucht. Dieser stellte die vorläufige Diagnose einer leichtgradigen Nervenläsion (des sensiblen Ramus superficialis nervi radialis und des sensiblen Nervus medianus links) in Höhe des Ellenbogens ohne eindeutiges elektrophysiologisches Korrelat. Der Neurologe erwartete eine Spontanremission.
Aus dem Zwischenbericht des Durchgangsarztes E. über eine Nachuntersuchung am 19. Dezember 2011 geht hervor, dass der Kläger weiterhin über eine schmerzhafte Bewegungseinschränkung von Sehnen des linken Ellenbogengelenks und ein Taubheitsgefühl des linken Handrückens, welches gelegentlich in Oberarmaußenseite und Unterarm ausstrahle, klagte. Bei der chirurgischen Untersuchung erschien die Kraft für die Beugung zunächst deutlich vermindert. Als der Kläger darauf hingewiesen worden sei, dass dies nicht im Unfallzusammenhang stünde, habe sich die Kraft jedoch besser entfaltet.
Der Kläger stellt sich am 28. Dezember 2011 nochmals in der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik Ludwigshafen vor. Nach dem Bericht klagte er darüber, dass er keine Kraft in der rechten Hand habe. Das Jamar-Dynamometer drückte er links mit „0 kg" und auch rechts unterdurchschnittlich (24 kg). Der Befund im Schnellwechseltest wich allerdings davon ab; hier erreichte der Kläger 30 kg. Die Befunde seien nicht objektivierbar. Die bei dem Kläger bestehende Sensibilitätsstörung hindere den Kläger nicht an einer Kraftaufnahme. Dies werde auch durch den Handkrafttest widerlegt. Eine MdE in rentenberechtigendem Ausmaß werde nicht verbleiben. Außerdem klagte der Kläger weiterhin über eine handschuhförmige Taubheit und Missempfindungen sowie Temperatur...