Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Fortführung einer mündlichen Verhandlung im Wege der Bild- und Tonübertragung trotz Ausfalls der Bildübertragung. Verfahrensmangel. Heilung durch Einverständnis der Verfahrensbeteiligten
Leitsatz (amtlich)
Sind die Verfahrensbeteiligten mit der Fortführung der mündlichen Verhandlung im Wege der Bild- und Tonübertragung trotz des Ausfalls der Bildübertragung einverstanden, liegt darin ein unbeachtlicher Verfahrensmangel.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Krankengeld als Leistung nach dem Fünften Buch des Sozialgesetzbuchs - Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) über den 27. November 2017 hinaus bis zum 9. April 2018 in Höhe von insgesamt 7.675,52 €.
Der 1957 geborene Kläger ist bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert. Er ist seit mindestens 2015 arbeitslos. Zuvor hatte er in einer Brotfabrik als Staplerfahrer gearbeitet. Seitdem bezieht er Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende. Er erkrankte am 4. August 2017 im Wesentlichen mit Rückenbeschwerden und einer depressiven Episode. Ab dem 1. Oktober 2017 stand er im Krankengeldbezug.
Am 13. November 2017 fand eine Untersuchung durch den Medizinischen Dienst statt. In dem aufgrund der Untersuchung erstellten Gutachten wurde bei dem Kläger ein vollschichtiges Leistungsbild von 8 Stunden arbeitstäglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt festgestellt. Unter Bezugnahme auf dieses Gutachten stellte die Beklagte mit Bescheid vom 22. November 2017 die Krankengeldzahlung zum 27. November 2017 ein.
Unter dem 30. November 2017 legte der Kläger bei der Beklagten Widerspruch ein. Die Beklagte holte ein weiteres Gutachten beim Medizinischen Dienst ein, das die bisherige medizinische Einschätzung bestätigte.
Mit Widerspruchsbescheid vom 21. März 2018 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Zur Begründung verwies die Beklagte auf die beiden eingeholten Gutachten des Medizinischen Dienstes. Ferner hätten die behandelnden Ärzte des Klägers kein Zweitgutachten beantragt. Da die Einschätzung des Medizinischen Dienstes auf der persönlichen Untersuchung des Klägers beruhte, sei auch kein Grund ersichtlich, weshalb dem Begutachtungsergebnis nicht zu folgen sei.
Am 6. April 2018 hat der Kläger hiergegen Klage vor dem Sozialgericht Darmstadt erhoben. Er behauptet, die Einschätzung des Medizinischen Dienstes sei nicht nachvollziehbar. Er sei weiterhin in therapeutischer und ärztlicher Behandlung. Die Behandler hätte seine Arbeitsunfähigkeit attestiert.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 22. November 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. März 2018 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger Krankengeld in der gesetzlichen Höhe in der Zeit vom 27. November 2017 bis 9. April 2018 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte bezieht sich zur Klageerwiderung auf die Gründe ihrer Verwaltungsentscheidungen.
Das Gericht hat Befundberichte bei dem C. C-Stadt und dem Arzt Dr. D. beigezogen. Es hat ferner Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens gem. § 106 Sozialgerichtsgesetz (SGG) bei dem Arzt Dr. E.
Zur Ergänzung des Tatbestands wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagte, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe
Die Kammer konnte in der mündlichen Verhandlung am 21. Februar 2022 entscheiden, obwohl der Klägervertreter zeitweise nur in Form einer Audioverbindung zu der Verhandlung zugeschaltet war. Hierdurch waren zwar die Voraussetzungen des § 110a SGG nicht erfüllt. Danach ist eine Teilnahme an der mündlichen Verhandlung nur im Wege der Bild- und Tonübertragung vorgesehen. Die Beteiligten waren aber mit der Fortführung der mündlichen Verhandlung trotz des Ausfalls des Bildsignals einverstanden. Es handelt sich insoweit um eine verzichtbare Verfahrensvorschrift sind (vgl. nur jurisPK-ERV/Müller § 295 ZPO Rn. 46.1 und § 110 a SGG Rn. 7.1). Der hieraus resultierende Verfahrensmangel ist gem. § 202 S. 1 SGG in Verbindung mit § 295 Zivilprozessordnung (ZPO) durch das Einverständnis der Beteiligten geheilt (vgl. BSG, Beschl. v. 4. November 2021 - B 9 SB 76/20 B).
Die zulässige Klage ist nicht begründet.
Der Bescheid der Beklagten vom 22. November 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. März 2018 ist rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung Krankengeld in der gesetzlichen Höhe in der Zeit vom 27. November 2017 bis 9. April 2018 zu gewähren.
Gem. § 44 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) haben Versicherte Anspruch auf Krankengeld, wenn die Krankheit sie arbeitsunfähig macht oder sie auf Kosten der Krankenkasse stationär in einem Krankenhaus, einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung behandelt werden.
Arbeitsunfähigkeit liegt grundsätzlich vor, wenn der Versicherte seine zuletzt ausg...