Entscheidungsstichwort (Thema)

Ausschluss von Leistungen der Grundsicherung wegen fehlender Hilfebedürftigkeit aufgrund eines verwertbaren Hausgrundstücks

 

Orientierungssatz

1. Der Anspruch auf Bewilligung von Grundsicherungsleistungen nach § 7 SGB 2 hat u. a. die bestehende Hilfebedürftigkeit des Antragstellers nach § 9 SGB 2 zur Voraussetzung. Ist ausreichend verwertbares und zu verwertendes Vermögen vorhanden, so ist der Anspruch mangels bestehender Hilfebedürftigkeit ausgeschlossen.

2. Vermögen ist verwertbar, wenn es verbraucht, übertragen oder belastet werden kann.

3. Es ist nach den tatsächlichen Umständen des Einzelfalls zu beurteilen, ob in absehbarer Zeit eine Verwertung erwartet werden kann oder ob die Schwierigkeiten so langwierig sind, dass aus tatsächlichen Gründen von einer Unverwertbarkeit des Vermögens auszugehen ist.

4. Ist der bei der Veräußerung eines Hausgrundstücks erzielbare Betrag weder offensichtlich unwirtschaftlich noch stellt dieser eine besondere Härte i. S. von § 12 Abs. 3 S. 1 SGB 2 dar, so ist ein Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung mangels bestehender Hilfebedürftigkeit ausgeschlossen.

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten - vor dem Hintergrund der Geltendmachung der Rückzahlung eines dem Kläger vom Beklagten gewährten Darlehens - um die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts als Zuschuss statt als Darlehen.

Der Beklagte bewilligte dem Kläger, der zum damaligen Zeitpunkt Eigentümer eines Grundstücks in Z. war, mit Bescheid vom 21. April 2011 darlehensweise Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Der Kläger habe nachgewiesen, dass - im Hinblick auf das vorbezeichnete Grundstück - der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung von grundsätzlich zu berücksichtigendem Einkommen nicht möglich sei oder eine besondere Härte bedeuten würde, so dass Leistungen nach dem SGB II als Darlehen gewährt werden könnten. Dem Kläger wurden aufgrund seines Antrags vom 1. April 2011 gemäß § 24 Abs. 5 SGB II Leistungen für die Zeit vom 1. April 2011 bis 30. September 2011 wie folgt als Darlehen bewilligt: für die Zeit vom 1. April bis 31. Mai 2011 monatlich je 276,29 EUR (Kosten für Unterkunft und Heizung) sowie für den Zeitraum vom 1. Juni bis 30. September 2011 monatlich je 364 EUR (Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts inklusive Mehrbedarfe) zuzüglich monatlich je 438,55 EUR (Kosten für Unterkunft und Heizung). Daraus ergab sich für den Bewilligungszeitraum April bis September 2011 ein Gesamtbetrag von 3762,78 EUR. Die Entscheidung ergehe hinsichtlich der veränderbaren Bestandteile der Kosten für Unterkunft und Heizung (Betriebskosten, Abschläge für Heizkosten, Wasser und Abwasser) vorläufig. Weiterhin enthielt der Bescheid vom 21. April 2011 die Regelung: "Das Darlehen wird zinslos gewährt und ist nach Vermögensverwertung in einer Summe zurück zu zahlen."

Mit Änderungsbescheid zum Darlehensbescheid vom 4. Juli 2011 gewährte der Beklagte dem Kläger zudem darlehensweise Zuschüsse zur Kranken- und Pflegeversicherung für den Zeitraum vom 1. April bis 30. September 2011 in Höhe von insgesamt 619,41 EUR.

Mit Bescheid vom 27. September 2011 gewährte der Beklagte dem Kläger vorläufig für den Zeitraum von Oktober bis Dezember 2011 Leistungen nach dem SGB II unter Hinweis auf § 24 Abs. 5 SGB II darlehensweise wie folgt: für Oktober 2011 338,65 EUR (Kosten für Unterkunft und Heizung) sowie für November und Dezember 2011 monatlich je 245,10 EUR (Kosten für Unterkunft und Heizung), so dass sich für Oktober bis Dezember 2011 ein Gesamtbetrag in Höhe von 828,85 EUR ergab. Die Vorläufigkeit beruhe auf den Umstand, dass die Höhe des Einkommens aus einer Beschäftigung bei der Firma R. ab 29. August 2011 noch nicht feststehe. Auch dieser Bescheid enthielt die Regelung: "Das Darlehen wird zinslos gewährt und ist nach Vermögensverwertung in einer Summe zurück zu zahlen."

Infolge des Verkaufs des oben genannten Grundstücks wurde dem Kläger am 19. Januar 2012 ein Kaufpreis in Höhe von 20.000 EUR überwiesen.

Daraufhin übermittelte der Beklagte dem Kläger unter dem 22. März 2012 zwei Anhörungsschreiben bezüglich einer beabsichtigten Geltendmachung der Erstattung der für die Zeiträume April bis September 2011 und Oktober bis Dezember 2011 darlehensweise gewährten Leistungen: Nach Vorlage des Kontoauszuges und der hierdurch erfolgten Bekanntgabe des Verkaufs des Hauses seien die gemäß § 24 Abs. 5 SGB II darlehensweise bewilligten Leistungen noch einmal geprüft worden. Das dem Kläger am 19. Januar 2012 zugeflossene Vermögen in Höhe von 20.000 EUR sei gemäß § 12 SGB II um die Freibeträge (150 EUR pro Lebensjahr +750 EUR notwendige Anschaffungen) gemindert worden, so dass ein übersteigendes Vermögen von 14.750 EUR zu berücksichtigen sei. Gemäß den Darlehensbescheiden vom 21. April und 4. Juli 2011 sowie vom 27. September 2011 seien dem Kläger zinslose Darlehen gewährt wo...

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