Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende: Leistungsausschluss von EU-Ausländern. Anspruch auf Sozialhilfeleistungen bei einem Leistungsausschluss bezüglich von Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende

 

Orientierungssatz

1. Steht einem EU-Ausländer ein Aufenthaltsrecht aus den Freizügigkeitsregeln nur aufgrund der Arbeitsuche zu, scheiden Ansprüche auf Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende aufgrund des gesetzlich bestehenden Leistungsausschlusses aus.

2. Kommt bei einem EU-Ausländer ein gesetzlicher Ausschluss von den Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende zur Anwendung, scheidet auch ein Anspruch auf Sozialhilfeleistungen nach dem SGB 12 aus (entgegen BSG, Urteil vom 20.01.2016, B 14 AS 35/15 R).

 

Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) insbesondere über das Vorliegen eines Leistungsausschlusses nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II, hilfsweise um die Gewährung von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII).

Der 1987 geborene Antragsteller zu 1) und die 1986 geborene Antragstellerin zu 2) sind verheiratete Eheleute. Die Antragsteller zu 3) und 4) sind deren 2011 und 2013 geborene Kinder. Die Antragsteller sind rumänische Staatsangehörige.

Nach ihren Angaben reisten sie erstmals im Februar 2015 in das Bundesgebiet ein um "Geld zu verdienen". Sie waren zunächst in E wohnhaft.

Der Antragssteller zu 1) ging in der Folgezeit zunächst einer selbständigen Tätigkeit als Schrottsammler nach. Hierfür wurde ihm am 25.06.2015 eine Reisegewerbekarte ausgestellt.

Zum 10.02.2016 meldeten sich die Antragsteller nach E1 um.

Am 11.03.2016 beantragten die Antragsteller Leistungen nach dem SGB II beim Antragsgegner. Im Rahmen ihres Antrages gaben sie an, dass der Schrotthandel aufgrund der geringen Schrottpreise nicht mehr möglich gewesen sei. Die Reisegewerbekarte gab der Antragsteller zu 1) am 16.03.2016 zurück.

Mit Bescheid vom 10.05.2016 lehnte der Antragsgegner den Leistungsantrag der Antragsteller ab. Dies begründete er damit, dass die ausgeübte Tätigkeit aufgrund ihres geringen Umfanges nicht die Kriterien für die Anerkennung eines Arbeitnehmerstatus nach dem FreizüG/EU erfüllen würde. Daher würde aufgrund von § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II kein Leistungsanspruch bestehen.

Hiergegen erhoben die Antragsteller Widerspruch, über diesen wurde bisher nicht entschieden. Am 12.05.2016 beantragten sie bei der Beigeladenen Leistungen nach dem SGB XII. Am 13.05.2016 haben die Antragsteller sich mit dem vorliegenden Eilantrag an das Sozialgericht gewandt. Den Antrag auf SGB XII-Leistungen hat die Beigeladene mit Bescheid vom 17.06.2016 abgelehnt, da die Antragsteller als Erwerbsfähige und deren Angehörige nach dem SGB II leistungsberechtigt wären. Mit Beschluss vom 23.06.2016 hat das Gericht die Stadt E1 als örtlichen SGB XII-Träger beigeladen.

Die Antragsteller sind der Ansicht, dass der Antragsgegner oder die Beigeladene Leistungen erbringen müssten. Ohne Leistungen könnten die Antragsteller sich nicht ernähren und ihre Miete nicht zahlen. Der Antragsteller zu 1) würde als Selbständiger bzw. als zunächst Selbständiger ein Aufenthaltsrecht nach § 2 Abs. 3 FreizüG/EU für wenigstens sechs Monate besitzen. Derzeit werde der Lebensunterhalt allein durch das Kindergeld für die Antragsteller zu 3) und 4) sowie Darlehen von Freunden bestritten.

Die Antragsteller beantragen sinngemäß,

den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihnen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II zu gewähren, hilfsweise, die Beigeladene zu verpflichten, ihnen vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB XII zu gewähren.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Die Beigeladene beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Der Antragsgegner ist der Ansicht, dass die Ablehnung rechtmäßig sei. Die Antragsteller würden über kein Daueraufenthaltsrecht verfügen. Die Selbständigkeit werde seit März 2016 nicht mehr ausgeübt. Eine Arbeitnehmerfiktion greife nicht ein. Daher greife der Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II ein. Auch haben die Antragsteller angegeben, zum Geldverdienen nach Deutschland eingereist zu sein.

Die Beigeladene ist der Ansicht, dass sie nicht leistungspflichtig sei. Hierzu verweist sie auf die Ausführungen in ihrem Bescheid vom 17.06.2016.

Für die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte des Antragsgegners.

II.

Der Eilantrag hat keinen Erfolg.

Gegenstand des Eilverfahrens ist ein Leistungsbegehren und damit einstweiliger Rechtsschutz im Wege einer einstweiligen Anordnung nach § 86b Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

Nach § 86 b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegensta...

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