Entscheidungsstichwort (Thema)

Bemessung des Arbeitslosengeldes nach dem Umfang der vor der Arbeitslosmeldung verrichteten beruflichen Tätigkeit und dem Restleistungsvermögen - maßgebliche Qualifikationsstufe

 

Orientierungssatz

1. Hat der Arbeitslose in den letzten zwei Jahren vor seiner Arbeitslosmeldung für weniger als 150 Tage Anspruch auf Arbeitslosengeld gehabt, so ist nach § 152 Abs. 1 S. 1 SGB 3 der Bemessung seines Anspruchs auf Arbeitslosengeld ein fiktives Arbeitsentgelt zugrunde zu legen. Dieses richtet sich nach der Beschäftigung, auf die sich die Vermittlungsbemühungen der Arbeitsagentur für ihn erstrecken sowie der dazugehörigen Qualifikationsstufe. Bei einer Tätigkeit, die keine Ausbildung erforderlich macht, ist die Qualifikationsstufe i. S. von § 152 Abs. 2 Nr. 4 SGB 3 maßgeblich.

2. Ist dementsprechend der Antragsteller einer Tätigkeit als Pförtner gesundheitlich gewachsen, so ist nach dem hiernach zugrundezulegenden Restleistungsvermögen eine Anwendung des § 145 SGB 3 ausgeschlossen.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 18.05.2022; Aktenzeichen B 11 AL 1/22 B)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Streitbefangen ist die Arbeitslosengeld (Alg) Höhe.

Der 0000 geborene Kläger meldete sich am 11.05.2017 bei der Beklagten arbeitslos und beantragte die Gewährung von Alg ab 22.05.2017. Er war seit 12.08.1996 als Schichtleiter bei der Firma T Verpackungs- GmbH & Co. KG beschäftigt. Sein Krankengeld - bzw. Verletztengeldbezug - endete am 23.05.2017 durch Aussteuerung.

Mit Bescheid vom 25.07.2017 bewilligte die Beklagte dem Kläger Alg ab 24.05.2017 für 360 Kalendertage i.H.v. 31,49 EUR täglich aufgrund eines täglichen Bemessungsentgelts von 59,50 EUR. Da der Kläger in den letzten zwei Jahren weniger als 150 Tage Anspruch auf Arbeitsentgelt gehabt habe, sei bei der Bemessung seines Alg ein fiktives Arbeitsentgelt zugrunde zu legen (§ 152 Abs. 1 Satz 1 3. Buch Sozialgesetzbuch - SGB III - ). Dieses richte sich nach der Beschäftigung, auf die sich die Vermittlungsbemühungen seiner Arbeitsagentur in erster Linie für ihn erstreckten und der dazugehörigen Qualifikationsstufe. Der Kläger sei für eine Tätigkeit als Pförtner geeignet. Da hierfür keine Ausbildung erforderlich sei, sei Qualifikationsstufe 4 i.S.v. § 152 Abs. 2 Nr. 4 SGB III maßgeblich.

In dem hiergegen am 08.08.2017 eingelegten Widerspruch rügte der Kläger u.a. die Eingruppierung in die Qualifikationsstufe 4, da er zuletzt als einer der wenigen Schichtleiter in einem der größten Verpackungsbetriebe im Umkreis tätig gewesen sei. Es sei nicht richtig, ihn nunmehr als Pförtner zu degradieren. Wegen der Einzelheiten des Widerspruchsvorbringens wird auf Blatt 37 ff. der Verwaltungsakte - VA - verwiesen.

Mit Schreiben vom 08.09.2017, auf das Bezug genommen wird, teilte die Beklagte dem Kläger mit, sie habe bei der Vereinbarung/Festlegung des Zielberufes seine eigenen Angaben sowie die Feststellungen des ärztlichen Dienstes zu berücksichtigen. Eine Arbeit als Schichtleiter im Produktionsbereich könne der Kläger nicht weiter ausüben. Mit Schreiben vom 29.09.2017 (Bl. 52 ff. VA), auf dessen Inhalt Bezug genommen wird, verwies der Kläger u.a. darauf, dass ihm zumindest eine teilweise Erwerbsminderungsrente zustehen müsse aufgrund seiner gesundheitlichen Probleme und er Anspruch auf Alg entsprechend der Nahtlosigkeitsregelung haben müsse. Er könne zwar die zuletzt ausgeübte Tätigkeit bei dem aktuellen Arbeitgeber nicht mehr ausüben, die Fortsetzung der Tätigkeit werde jedoch auch aus ärztlicher Sicht ausdrücklich nicht ausgeschlossen. Er sei nunmehr einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt.

Mit Widerspruchsbescheid vom 25.10.2017, auf dessen Inhalt im Einzelnen verwiesen wird, wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück.

Hiergegen hat der Kläger am 17.11.2017 Klage erhoben.

Der Kläger verweist auf das Parallelverfahren vor dem Sozialgericht Az.: S 15 SB 1489/15, das das Gericht beigezogen hat. Die Feststellungen des medizinischen Dienstes entbehrten jeder medizinischen Grundlage, wie sich bereits aus seiner Widerspruchsbegründung, auf die Bezug genommen werde, ergebe. Es werde noch einmal auf die vorliegenden medizinischen Unterlagen verwiesen. Wegen der Einzelheiten des Klägervorbringens wird insbesondere auf den Schriftsatz des Bevollmächtigten des Klägers vom 24.06.2019 nebst Anlagen (Bl. 37 - 66 der Gerichtsakte) Bezug genommen.

Der Kläger beantragt schriftsätzlich,

die Beklagte zu verurteilen, den Bescheid vom 25.07.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.10.2017 abzuändern und dem Kläger höheres Arbeitslosengeld nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften in gesetzlicher Höhe zu bewilligen, die aus zutreffenden medizinischen Feststellungen folge.

Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hält an der getroffenen Entscheidung unter Bezugnahme auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid fest.

Der Alg-Anspruch des Klägers ist zwischenzeitlich erschöpft (vgl. Bl. ...

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