Entscheidungsstichwort (Thema)

Kostenerstattung für eine Gleitsichtbrille durch den Grundsicherungsträger

 

Orientierungssatz

1. Das im SGB 2 enthaltene Leistungssystem deckt die Bedarfe des Hilfebedürftigen abschließend. Weil im Vergleich zu den Regelsätzen des BSHG erhöhte Regelleistungen gewährt werden, scheidet eine über die Regelleistung des § 20 SGB 2 hinausgehende Leistungsgewährung als einmalige Beihilfe aus. Aus denen sind für den einmaligen Bedarf entsprechende Ansparungen zu bilden.

2. Eine normale Brille ist, anders als eine Arbeitsschutzbrille, keine Hilfe zur Teilnahme am Arbeitsleben, sondern ein medizinisches Hilfsmittel, das in die Zuständigkeit der Krankenversicherung fällt.

3. Der Bedarf für eine Gleitsichtbrille ist von der Regelleistung nach § 20 SGB 2 abschließend geregelt. Zwar sind Leistungen nach § 73 SGB 12 aufgrund der Regelung des § 5 Abs. 2 SGB 2 für Bezieher von SGB-2-Leistungen nicht generell ausgeschlossen. § 73 SGB 12 dient aber nicht dazu, unzureichend ausgestaltete Regelsätze aufzustocken.

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten. Die Berufung wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Verpflichtung der Beklagten, eine einmalige Beihilfe als Leistung nach dem Zweiten Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Anschaffung einer Gleitsichtbrille zu erbringen.

Der Kläger bezog im Jahr 2006 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II. Mit Schreiben vom 29.6.2006 beantragte er bei der Beklagten die Übernahme der Kosten für eine Gleitsichtbrille in Höhe von 477,00 EUR.

Mit Bescheid vom 23.10.2006 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers ab.

Hiergegen erhob der Kläger mit Schreiben vom 7.11.2006 Widerspruch, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 20.3.2007 als unbegründet zurückwies. Die Kosten für die Anschaffung einer Brille seien bereits mit der Regelleistung nach §§ 20, 28 SGB II abgegolten.

Hiergegen hat der Kläger unter dem 24.4.2007 Klage erhoben, mit der er weiterhin die Übernahme der Kosten der Gleitsichtbrille begehrt.

Bei der Brille handele es sich um eine medizinisch notwendige Anschaffung, auf die er nicht verzichten könne. Er leide an einer beidseitigen Presbyopie, so dass er auf eine Gleitsichtbrille angewiesen sei. Wegen der Höhe der für eine Gleitsichtbrille anfallenden Kosten, könne er diese auch nicht aus der Regelleistung bestreiten. Ferner sei er auf die Brille auch beruflich angewiesen. Ohne eine Visuskorrektur könne er seiner beruflichen Tätigkeit nicht nachgehen. Er müsse die Brille ständig tragen. Schließlich könne er auch nicht auf eine darlehensweise Bewilligung verwiesen werden, da nicht ersichtlich sei, wie er ein solches Darlehen aus den ihm gewährten Regelleistungen zurückzahlen soll. Zumindest aber bestehe ein Anspruch nach § 73 SGB XII gegenüber der Beigeladenen.

Der Kläger beantragt schriftsätzlich sinngemäß,

den Bescheid der Beklagten vom 23.10.2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.3.2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an ihn 477,00 EUR zu zahlen.

Hilfsweise, die Beigeladene zu verurteilen, an ihn 477,00 EUR zu zahlen.

Die Beklagte beantragt schriftsätzlich sinngemäß,

die Klage abzuweisen,

Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.

Das Regelungssystem des SGB II enthalte keine Rechtsgrundlage für die Übernahme der Kosten einer Brille als Zuschuss. Es komme lediglich eine darlehensweise Bewilligung nach § 23 Absatz 1 SGB II in Betracht, die der Kläger jedoch nicht beantragt habe.

In der nichtöffentlichen Sitzung vom 9.12.2008 hat das Gericht mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, gemäß § 105 SGG ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid zu entscheiden, da die Voraussetzungen hierfür vorlägen. Die Beteiligten haben hierzu ihr Einverständnis erteilt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den in der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

I. Das Gericht konnte durch Gerichtsbescheid gemäß § 105 SGG entscheiden, da die Beteiligten hierzu gehört worden sind und die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist.

Die zulässige Klage ist nicht begründet.

Der Kläger ist durch den angefochtenen Bescheid vom 23.10.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.3.2007 nicht im Sinne des § 54 Absatz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beschwert. Die Beklagte hat den Antrag des Klägers, auf Übernahme der Kosten für eine Gleitsichtbrille, zu Recht abgelehnt, da der Kläger auf Übernahme dieser Kosten keinen Anspruch hat. Vielmehr sind solche Kosten aus der Regelleistung des § 20 Absatz 1 Satz 1 SGB II zu tragen.

1) Nach § 20 Absatz 1 Satz 1 SGB II umfasst die Regelleistung zur Sicherung des Lebensunterhalts insbesondere Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Haushaltsenergie ohne Heizung, Bedarfe des täglichen Lebens und in vertretbarem Umfang auch Beziehungen zur Umwelt und e...

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