Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialversicherungsrecht: Verwaltungsaktsqualität einer Mahnung in Bezug auf Beitragsschulden zu einer Sozialversicherung

 

Orientierungssatz

1. Eine Mahnung zur Zahlung rückständiger Beiträge zu einer gesetzlichen Sozialversicherung (hier: gesetzliche Pflegeversicherung) stellt keinen Verwaltungsakt dar und kann deshalb nicht mit einer Anfechtungsklage angegriffen werden.

2. Einzelfall zur Zulässigkeit von Klagen gegen Beitragsfestsetzungsbescheide zur gesetzlichen Pflegeversicherung (hier: Zulässigkeit mangels Rechtsschutzbedürfnis verneint).

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über Beiträge zur Pflegeversicherung.

Mit Bescheid vom 25.06.1996 zog die Beklagte den Kläger ab dem 01.07.1996 zu monatlichen Beiträgen zur Pflegeversicherung i.H.v. DM 27,81 (statt bisher DM 14,64) heran.

Am 14.07.1996 ging beim Sozialgericht Detmold ein Schriftsatz des Klägers ein, der unter Hinweis auf den neuen Beitrag zur Pflegeversicherung ab 01.07.1996 den Antrag enthielt, "die widerrechtlich erschlichenen Beitragsforderungen aufzuheben".

Die Beklagte, die zunächst darauf hingewiesen hatte, daß ein Vorverfahren bisher nicht durchgeführt worden sei, hob im Laufe des Klageverfahrens mit Bescheid vom 05.12.1996 den Bescheid vom 25.06.1996 auf. Der Kläger sei nunmehr nicht mehr beschwert.

Eine prozeßbeendigende Erklärung hat der Kläger trotz Anfrage des Gerichts, ob sich der Rechtsstreit erledigt habe, nicht abgegeben. Statt dessen beantragte er die Zeugenvernehmung des Ministerpräsidenten des Landes Nordrhein- Westfalen, Herrn Johannes Rau, zu Autostraßenplanungen nach dem Landesentwicklungsplan.

Im Kammertermin vom 10.12.1997 führte der Kläger aus, daß ein für seinen Betrieb festgesetzter Wirtschaftswert nicht den Tatsachen entspreche. Dies setze sich auch bezüglich der Berechnung seiner Pflegeversicherungsbeiträge fort. Die Beiträge zur Pflegeversicherung seien zu keiner Zeit rechtmäßig gewesen, weil er immer rentenversichert gewesen sei. Das Ganze sei ein verlogenes und betrügerisches Unternehmen, und es sei auch zu Pfändungen und Grundbucheintragungen gekommen. Noch heute würden ihm monatlich DM 50,00 im Zusammenhang mit Grundbuchkosten abgezogen. Er wende sich auch gegen einen Beitragsbescheid vom 28.09.1995, den er in seinen Unterlagen nicht finden könne, und von dem er ausgehe, daß er ihn nie bekommen habe. Ein Widerspruchsverfahren hinsichtlich dieses Beitragsbescheides ist vom Kläger bisher nicht durchgeführt worden. Der Kläger führte im Termin weiter aus, er wende sich auch gegen einen Beitragsbescheid vom 29.12.1995. Bei diesem Bescheid handelt es sich um einen Änderungsbescheid hinsichtlich der Pflegeversicherungsbeiträge ab dem 01.01.1996. Dieser Bescheid ist durch Schreiben der Beklagten vom 17.10.1996 aufgehoben worden, weil die Versicherungspflicht des Klägers zum 31.07.1995 geendet hat.

Der Kläger beantragt,

die Bescheide der Beklagten vom 28.09.1995, vom 29.12.1995 und vom 25.06.1996 und die dazu gehörenden Mahnungen aufzuheben, weil sie von Anfang an mehrfach rechtswidrig sind. Die Beklagte soll verurteilt werden, die ihm durch die Grundbuchsache entstandenen Kosten zu übernehmen. Außerdem soll sie den Wirtschaftswert mit DM 7.900,00 ansetzen und ihm eine Rechnung über die eingezogenen Beiträge und die erstatteten Gutschriften legen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen. Der Inhalt dieser Akten war im Rahmen des Besprochenen Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unzulässig.

Soweit der Kläger nach wie vor den Bescheid vom 25.06.1996 anficht, besteht kein Rechtsschutzinteresse. Denn die Beklagte hat mit weiterem Bescheid vom 05.12.1996 diesen Bescheid vom 25.06.1996 bereits aufgehoben, so daß der Kläger hieraus nicht mehr beschwert ist.

Gleiches gilt für einen Beitragsbescheid vom 29.12.1995. Unbeschadet der Frage, ob dieser Bescheid vor einer Klage mit einem Widerspruch hätte angefochten werden müssen und ob die jetzige Klage jedenfalls verspätet erhoben worden ist, besteht jedenfalls auch kein Rechtsschutzbedürfnis des Klägers mehr. Denn dieser Bescheid vom 29.12.1995 wurde bereits mit Schreiben der Beklagten vom 17.10.1996 aufgehoben.

Schließlich ist auch die Klage des Klägers gegen einen weiteren Bescheid vom 28.09.1995 unzulässig. Denn unbeschadet der Frage, ob dem Kläger dieser Bescheid tatsächlich zugegangen ist oder nicht, hat er jedenfalls bisher das nach § 78 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) vor Erhebung der Anfechtungsklage vorgeschriebene Vorverfahren (durch Erhebung eines Widerspruchs) bisher nicht durchgeführt.

Die übrigen, vom Kläger angesprochenen Fragen teilen das rechtliche Schicksal der Beurteilung seiner Anfechtungsklage gegen die genannten Bescheide. Etwaige Mahnungen rückständiger Beiträge könne...

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