Entscheidungsstichwort (Thema)
Ermittlung der angemessenen Kosten der Unterkunft für einen Zweipersonenhaushalt
Orientierungssatz
1. Die Einzelfallprüfung für die Aufwendungen einer angemessenen Unterkunft orientiert sich an der Produkttheorie. Der Mietpreis setzt sich zusammen aus angemessener Wohnfläche und Wohnstandard und muss angemessen sein. Dabei ist auf den sozialen Wohnungsbau abzustellen. Eine Wohnfläche von 65 qm gilt als angemessen für einen Zwei-Personen-Haushalt.
2. Zur Bestimmung des maßgeblichen örtlichen Vergleichsraumes für die Ermittlung einer angemessenen Referenzmiete am Wohnort ist die Beachtung eines schlüssigen Konzeptes für ein ausreichend großes Wohngebiet erforderlich.
3. Übersteigen die tatsächlichen Kosten der Wohnung die abstrakt ermittelte angemessene Referenzmiete, so ist zu prüfen, ob der Leistungsberechtigte tatsächlich die konkrete Möglichkeit hat, eine abstrakt als angemessen eingestufte Wohnung auf dem Wohnungsmarkt des konkreten Vergleichsraumes anmieten zu können.
4. Übersteigen die tatsächlichen Unterkunftskosten den angemessenen Umfang, so ist der entsprechende Bedarf nur solange anzuerkennen, als es dem Leistungsberechtigten nicht möglich oder zumutbar ist, durch einen Wohnungswechsel die Aufwendungen zu senken, längstens für sechs Monate.
5. Ist dem Grundsicherungsberechtigten die Unangemessenheit der anfallenden Unterkunftskosten bekannt, so bedarf es einer erneuten Kostensenkungsaufforderung des Leistungsträgers nicht. Es genügt die Angabe des aus Sicht des Trägers angemessenen Betrags für die Kosten der Unterkunft.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Gewährung höherer Kosten der Unterkunft für den Zeitraum vom 01.09.2011 bis zum 30.04.2012.
Die am 00.00.1955 geborene Klägerin zu 1) und ihr Ehemann, der am 00.00.1954 geborene Kläger zu 2), beziehen seit dem Jahr 2005 mit Unterbrechungen Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) von der Beklagten. Sie bewohnen ein Eigenheim in der dem Kreis Minden-Lübbecke angehörenden Stadt N. Das Haus verfügt über eine Wohnfläche von mindestens 78,97 qm (die Angaben divergieren zwischen 78,97 qm und 89 qm). Der Beklagte berücksichtigte nach im Jahr 2006 und im Jahr 2008 durchgeführten Kostensenkungsverfahren anstelle der tatsächlichen Unterkunftskosten lediglich solche in Höhe von 350,00 Euro. Zusätzlich bewilligte der Beklagte je nach Anfall die tatsächlichen Kosten für die Anschaffung von Brennstoffen (Braunkohlebriketts) für die Ofenheizung der Kläger.
Auf ihren am 03.06.2011 gestellten Antrag für die Zeit ab dem 01.09.2011 bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 21.10.2011 Leistungen für die Zeit vom 01.09.2011 bis zum 30.04.2012. Zuvor hatten die Kläger seit 2009 keine Leistungen mehr bezogen. Dabei berücksichtigte die Beklagte anstelle der tatsächlichen Unterkunftskosten i. H. v. 535,16 Euro (zuzüglich der von den Klägern zu leistenden Darlehenstilgungsraten) Kosten der Unterkunft in Höhe des nunmehr für die Stadt Minden geltenden Mietrichtwerts für zwei Personen in Höhe von 375,00 Euro. Mit Bescheid vom 14.11.2011 bewilligte die Beklagte den Klägern zudem eine Heizungsbeihilfe für die Zeit vom 01.11.2011 bis zum 31.10.2012 im Umfang von 2.830 kg Braunkohle.
Unter dem 02.11.2011 beantragte der Kläger die Übernahme der Zinsen bei der Bausparkasse sowie der Grundbesitzabgaben. Die Beklagte wertete den Antrag als Antrag auf Überprüfung des Bescheides vom 21.10.2011 gemäß § 44 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) und lehnte diesen mit Bescheid vom 22.11.2011 ab. Der Ausgangsbescheid sei rechtmäßig gewesen; die Voraussetzungen für eine erneute Sachentscheidung im Sinne von § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X seien nicht erfüllt. Kosten der Unterkunft und Heizung seien nicht in unbegrenzter Höhe, sondern lediglich in angemessenem Umfang bei der Berechnung der Leistungen nach dem SGB II zu berücksichtigen. Für den Wohnraum der Kläger würden Unterkunftskosten fällig, die den durch den Kreis Minden-Lübbecke festgesetzten Richtwert für zwei Personen in Höhe von 375,00 Euro überstiegen. Die Richtwerte seien anhand der marktüblichen qm-Kaltmieten im mittleren und unteren Preissegment und unter Zugrundelegung der zulässigen Höchstflächen nach den Vorschriften des sozialen Wohnungsbaus ermittelt worden. Die Kosten der eigenen Unterkunft betrügen 535,16 Euro und überschritten somit den Mietrichtwert. Es seien daher ab Bewilligung der Leistungen zum 01.09.2011 zwar die von den Klägern beantragten Grundbesitzabgaben und Zinsen berücksichtigt worden. Aufgrund der Überschreitung des Mietrichtwertes seien aber nur die angemessenen Unterkunftskosten in Höhe von 375,00 Euro pro Monat übernommen worden. Die Geltendmachung zusätzlicher Kosten sei daher nicht möglich. Eine Privilegierung von Eigentümern gegenüber Mietern dürfe im Rahmen der Angemessenheitsprüfung nicht stattfinden.
Den hiergegen am 22.12.2011 eingelegten Widerspruch wies der Beklagte mit ...