Entscheidungsstichwort (Thema)
Anerkennung einer bei einem Schweißer aufgetretenen aktinischen Keratose als Berufskrankheit nach Nr. 5101 BKV
Orientierungssatz
1. Zu den nach Nr. 5101 anzuerkennenden Berufskrankheiten zählt u. a. eine Hautkrebserkrankung.
2. Der Schutzzweck der Norm spricht für eine weite Auslegung. Weil die Entstehung des Hautkrebses vielfältige Ursachen haben kann, ist eine Subsumierung auch unter Nr. 5101 BKV geboten. Für den Fall, dass ein Hautkrebs durch die in Nr. 5102 BKV aufgeführten Stoffe entstanden ist, gilt die Beweiserleichterung der Nr. 5102 BKV. Wird der Hautkrebs nicht durch einen Listenstoff, auch nicht durch die in Nr. 5102 BKV genannten Noxen, verursacht, so kommt eine Anerkennung der Hautkrankheit nach Nr. 5101 BKV in Betracht.
Nachgehend
Tenor
Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 25.08.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.12.2014 verurteilt, die bei dem Kläger diagnostizierte aktinische Keratose als Berufskrankheit nach der Nr. 5101 der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung anzuerkennen.
Die Beklagte trägt die erstattungsfähigen außergerichtlichen Kosten des Klägers.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob eine Hauterkrankung des Klägers als bzw. "wie" eine Berufskrankheit anzuerkennen ist.
Der am 00.00.1970 geborene Kläger absolvierte von 1986 bis 1989 eine Ausbildung zum Kfz-Mechaniker. In den Jahren 1990 bis 1991 leistete der Kläger seinen Wehrdienst bei der Bundeswehr ab und war seit dem 02.04.1991 im Bereich Fahrzeugbau bei der Firma I GmbH & Co. KG in C beschäftigt. Seine Tätigkeit bestand im Anfertigen (Schweißen, Bohren, Sägen, Trennen, Montieren, Demontieren) von Einzelteilen, Baugruppen, Stahlbau- und Aluminium-Konstruktionen, Reparaturen und Servicearbeiten. Nach Angaben des Arbeitgebers hatte der Kläger seit 1991 während mindestens 50 % pro Schicht Kontakt zu Schweißrauch.
Im Mai 2014 erstattete die den Kläger behandelnde Hautärztin Frau T eine ärztliche Anzeige bei Verdacht auf eine Berufskrankheit. Frau T teilte mit, bei dem Kläger sei histologisch eine solare Ketose (= aktinische Keratose) diagnostiziert worden. Es bestehe der Verdacht der beruflichen Verursachung durch Aluminiumschweißen in den Jahren 1991 bis 1998 mit einfachem Schutz und seit 1999 mit Automatikschirm.
Die Beklagte veranlasste anschließend eine Stellungnahme ihres technischen Aufsichtsdienstes, der zusammengefasst zu dem Ergebnis gelangte, im Zusammenhang mit der neuen "Wie-BK-Hautkrebs durch UV-Strahlung" sei eine rein qualitative Beschreibung der Expositionsbedingungen "Schweißen" abgegeben worden. Der Bereich der "künstlichen UV-Strahlung" sei derzeit nicht anerkennungsfähig. Eine berufliche, natürliche UV-Belastung liege nicht vor. Der Kläger habe ausschließlich in geschlossenen Räumen gearbeitet.
Mit Bescheid vom 25.08.2014 lehnte die Beklagte die Anerkennung der Hauterkrankung als Berufskrankheit nach § 9 Abs. 1 SGB VII bzw. "wie" eine Berufskrankheit nach § 9 Abs. 2 SGB VII ab. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, unter der Nr. 5102 der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung seien der Hautkrebs oder zur Krebsbildung neigende Hautveränderungen durch Ruß, Rohparaffin, Teer, Anthrazen, Pech oder ähnliche Stoffe genannt. Eine entsprechende Exposition sei nach den Angaben des Klägers nicht erkennbar. Zudem dürfte die Lokalisation der Erkrankung am Kopf und auch im Gesicht gegen eine unmittelbare Einwirkung sprechen. Damit sei das Krankheitsbild nicht unter die Nr. 5102 der BKV einzuordnen. Auch die Voraussetzungen für die Anerkennung der Erkrankung wie eine Berufskrankheit seien nicht erfüllt. Hautkrebserkrankungen durch natürliche UV-Strahlung (Sonnenstrahlung) seien bisher nicht in der Berufskrankheiten-Liste enthalten. Natürliches UV-Licht sei jedoch generell geeignet, präkanzeröse Veränderungen der Haut und Hauttumore zu verursachen. Plattenepithelkarzinome oder multiple aktinische Keratosen der Haut könnten daher inzwischen wie eine Berufskrankheit entschädigt werden. Voraussetzung für die Anerkennung sei allerdings eine erhebliche natürliche UV-Strahlungsexposition während des Arbeitslebens in Relation zur privaten UV-Bestrahlung von der Geburt bis zum Alter beim Ausbruch der Erkrankung. Nach den durchgeführten Ermittlungen liege eine entsprechende berufsbedingte Exposition nicht vor. Es gebe bisher keine gesicherten Erkenntnisse zur arbeitsbedingten Verursachung von Hautkrebserkrankungen durch UV-Strahlung aus künstlichen Quellen (z.B. durch Schweißarbeiten). Folglich sei für diese Erkrankung zurzeit die Anerkennung als Berufskrankheit nicht möglich.
Der Kläger legte gegen diesen Bescheid Widerspruch ein und verwies zur Begründung unter anderem auf ein Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 08.06.2005 - S 36 U 155/03 - in dem das Sozialgericht Dortmund die Hautkrebserkrankung eines Schweißers als Berufskrankheit nach der Nr. 5101 der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung an...