Entscheidungsstichwort (Thema)
Abgrenzung der abhängigen Beschäftigung von der selbständigen Tätigkeit bei einem Zeitschriftenzusteller Beitragspflicht des Auftraggebers zur Unfallversicherung
Orientierungssatz
1. Für die nach § 33 Abs. 1 SGB 10 erforderliche hinreichende Bestimmtheit eines Verwaltungsakts genügt es, dass der Regelungsgehalt des Verfügungssatzes erst durch Auslegung ermittelt werden muss.
2. Nach § 150 Abs. 1 S. 1 SGB 7 sind die Unternehmer zur gesetzlichen Unfallversicherung beitragspflichtig, für deren Unternehmen Versicherte tätig sind. Dazu zählen vor allem Beschäftigte, die gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB 7 kraft Gesetzes unfallversichert sind. Das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist nach § 7 Abs. 1 SGB 4 zu beurteilen.
3. Ist ein Zeitschriftenzusteller dem Weisungsrecht seines Auftraggebers unterworfen, ist er in dessen Arbeitsorganisation eingegliedert und auf dessen Personal und Material angewiesen und hat er ein unternehmerisches Risiko nicht zu tragen, so ist von dem Bestehen einer abhängigen Beschäftigung auszugehen.
4. Dem widerspricht nicht, dass er nur für eine geringe Vergütung tätig ist oder gar kein Entgelt erhält. Entgeltlichkeit gehört nicht zum Begriff der Beschäftigung. Der Zweck der Arbeit muss nicht erwerbswirtschaftlich, sondern kann auch rein ideeller Art sein.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Austräger, die die Zeitschrift "V" verteilen, beitragspflichtig in der gesetzlichen Unfallversicherung sind.
Der Kläger ist ein eingetragener Verein, der u.a. die wöchentlich erscheinende Zeitschrift "V" herausgibt und vertreibt. Der Vertrieb erfolgt auf zwei Wegen: ein Teil der Zeitschriften wird per Post an die Abonnenten versandt, ein anderer Teil wird über die Kirchengemeinden als "Verteilstellen" vertrieben. In diesem Fall holen die Zusteller die Zeitungen bei den Kirchengemeinden ab und werfen sie in die Briefkästen der Abonnenten.
Am 18.10.2010 stürzte die Zustellerin der Zeitschrift "V" Frau X beim Verteilen der Zeitschrift und zog sich dabei eine Verletzung am linken Ellenbogen zu. Der Kläger meldete der Beklagten diesen Unfall, vertrat aber gleichzeitig die Auffassung, seiner Meinung nach bestehe kein Arbeitsverhältnis zu der Verletzten. Ein schriftlicher Arbeitsvertrag liege nicht vor, die Zustellerin arbeite nicht weisungsgebunden. Sie erhalte pro Quartal eine Rechnung, die sie an den Kläger begleiche. Der eingeräumte Rabatt sei quasi der Verdienst.
Die Beklagte lehnte den Antrag der Zustellerin auf Anerkennung des Ereignisses vom 18.10.2010 als Arbeitsunfall zunächst mit Bescheid vom 14.06.2011 ab, hiergegen legte die Zustellerin jedoch Widerspruch ein und trug vor, sie habe anlässlich ihrer Beschäftigung von dem Kläger einen "Leitfaden" bekommen. Dort heiße es unter dem Punkt "Unfall" wie folgt: "Als unser Partner oder unsere Partnerin und ehrenamtlicher Mitarbeiter bzw. ehrenamtliche Mitarbeiterin Ihrer Kirchengemeinde sind Sie gegen Unfälle, die Ihnen während Ihrer Tätigkeit für V zustoßen könnten, versichert." Dazu übersandte die Zustellerin der Beklagten einen von dem Chefredakteur der Zeitung "V" herausgegebenen "Leitfaden für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im UK-Zustelldienst".
Der Kläger vertrat der Beklagten gegenüber daraufhin mit Schreiben vom 02.08.2011 die Auffassung, zwischen der Zustellerin Frau X und dem F e.V. habe zu keiner Zeit ein Arbeitsverhältnis bestanden. Frau X habe ihre Leistung ausschließlich in selbstständiger Form erbracht. Schriftliche Unterlagen darüber lägen nicht vor. Frau X habe die Wochenzeitung, die jeweils mittwochs oder donnerstags ausgeliefert worden sei, bis zum Wochenende an die Leser verteilen sollen. Einen exakten Termin für die Auslieferung habe es nicht gegeben. Bei Urlaubs- oder Krankheitssituationen habe es lediglich eine Informationspflicht gegenüber dem Presseverband gegeben. Eine Verpflichtung, einen Urlaubsantrag zu stellen, wie bei einem Arbeitsverhältnis üblich, habe nicht bestanden. Bei der Verteilertätigkeit handele es sich um eine ehrenamtliche Tätigkeit innerhalb der jeweiligen Kirchengemeinde. Der Hinweis auf die Unfallversicherung im Leitfaden beinhalte im Übrigen auch, dass der Kirchengemeinde der Unfall zu melden sei. Der Versicherungsschutz bestehe also über die Kirchengemeinde, nicht über den Ev. Presseverband. Kontroll- oder ggf. Sanktionsmöglichkeiten habe es nicht gegeben, Frau X sei völlig autonom in ihrem Handeln gewesen.
Mit Bescheid vom 14.09.2011 half die Beklagte dem Widerspruch von Frau X ab und erkannte ihren Unfall vom 18.10.2010 als Arbeitsunfall an.
Mit Bescheid vom 06.02.2012 teilte die Beklagte dem Kläger mit, die Leistungsabteilung habe über einen Unfall informiert, den eine Zeitungsausträgerin des F e.V. erlitten habe. Hierbei sei festgestellt worden, dass diese Person nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII abhängig Beschäftigte des Vereins sei und somit unt...