Entscheidungsstichwort (Thema)
Höherbewertung der unfallbedingten MdE wegen einer besonderen beruflichen Betroffenheit
Orientierungssatz
1. Für die Höhe der nach § 56 SGB 7 festzusetzenden Verletztenrente gilt der Grundsatz der abstrakten Schadensberechnung. Insoweit sind strenge Maßstäbe anzulegen, um eine Aufweichung zu vermeiden und dem Ausnahmecharakter der Vorschrift des § 56 Abs. 2 S. 3 SGB 7 als Härteklausel gerecht zu werden.
2. Dementsprechend liegen die Voraussetzungen einer Höherbewertung der MdE wegen eines besonderen beruflichen Betroffenseins nur dann vor, wenn unter Wahrung des Grundsatzes der abstrakten Schadensberechnung die Nichtberücksichtigung von Ausbildung und Beruf bei der Bewertung der MdE im Einzelfall zu einer unbilligen Härte führen würde. Maßgebliche Gesichtspunkte sind hierbei das Alter des Versicherten, die Dauer der Ausbildung sowie der speziellen beruflichen Tätigkeit, schließlich der Umstand, dass die bisher verrichtete Tätigkeit eine günstige Stellung im Erwerbsleben gewährleistet hat.
Tenor
Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 24.04.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.09.2015 verurteilt, dem Kläger wegen der Folgen seines Arbeitsunfalles vom 26.08.2013 ab dem 23.02.2015 Verletztenrente nach einer MdE von 10 v.H. zu gewähren.
Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers.
Tatbestand
Der Kläger streitet um die Gewährung von Verletztenrente wegen eines Arbeitsunfalles; maßgebend ist, ob bei ihm wegen unfallbedingter Aufgabe des bisherigen Berufes ein besonderes berufliches Betroffensein im Sinne von § 56 Abs. 2 Satz 3 des 7. Buches Sozialgesetzbuch -SGB VII- zu konstatieren ist.
Der am 00.00.1954 geborene Kläger war nach Abschluss seiner schulischen Ausbildung mit dem Zeugnis der Mittleren Reife zunächst für einige Jahre als Musiker tätig. Ausweislich Ausbildungsvertrages vom 31.03.1986 begann er zu diesem Zeitpunkt eine für ein Jahr vorgesehene Ausbildung zum Hochseilartisten bei der Hochseilartistengruppe T (Olympia-Turm-Artisten) und war hiernach mit einer Artistengruppe auf Tour; bis 2000 arbeitete er dabei ausweislich eines Internetauftrittes (L Hochseilshow) mit einer französischen Hochseiltruppe zusammen. Hiernach führte er Hochseil- und auch Comedy-Akrobatik zusammen mit einer Partnerin auf. Geboten wurde klassische Hochseilakrobatik sowie Comedy-Akrobatik auf freistehenden Seilkonstruktionen. Bei der Beklagten war der als selbständig tätige Kläger freiwillig gegen das Risiko von Unfällen versichert.
Er verunfallte am 26.08.2013, als er beim Seiltraining das Gleichgewicht verlor, wobei er mit dem rechten Knie geistesgegenwärtig am Seil einhakte und sogleich sich mit der rechten Hand am Seil festhielt; hierbei verspürte er einschießende Schmerzen im rechten Arm. Weitere Unfälle hatte er bereits am 11.11.1987 (Fersenbeinbruch rechts) und 16.03.2003 (Schulterausrenkung links) sich zugezogen, wegen derer er Verletztenrente jeweils nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit -MdE- von 20 v.H. erhält.
Bei dem streitgegenständlichen Unfall erlitt er neben Schürfwunden in der rechten Kniekehle eine durch MRT vom 29.08.2013 gesicherte Teilruptur der körperfernen Bizepssehne rechts, welche konservativ zunächst behandelt wurde. Im späteren wurde dann am 12.02.2014 unter der Diagnosestellung einer subtotalen Ruptur im Bereich des Ansatzes der distalen Bizepssehne am 12.02.2014 im Klinikum C eine operative Behandlung vorgenommen. Da es im Wege der intensiven Nachbehandlung, auch unter Durchführung eines speziellen Trainingsprogrammes, nicht gelang, eine volle Belastbarkeit des Klägers in seiner bisherigen Tätigkeit zu erreichen -beklagt wurden insbesondere erhebliche Beschwerden bei Gebrauch einer schweren Ausgleichsstange auf dem Hochseil- stellte die Beklagte nach Anhörung mit Bescheid vom 06.02.2015 die Zahlung von Verletztengeld zum 23.02.2015 ein.
Nach Einholung eines fachchirurgischen Zusammenhangsgutachtens von Prof. Dr. A, Klinikum N (vom 27.01.2015), welcher zum Ergebnis gelangte, die distale Bizepssehnenruptur sei allein traumatisch verursacht, erstattete zur Klärung der verbliebenen Unfallfolgen und deren Auswirkungen auf die Erwerbsfähigkeit des Klägers Dr. C1, Chirurg in C2, am 29.03.2015 ein erstes Rentengutachten; die noch verbliebenen Unfallfolgen im Sinne einer vom Kläger angegebenen Kraftminderung bei leichter Muskelminderung am rechten Oberarm und leichter Bewegungseinschränkung des rechten Ellenbogens mit geringgradig eingeschränkter Streckfähigkeit dessen und geringgradig eingeschränkter Außendrehfähigkeit des Unterarmes bewertete er mit einer MdE von 10 v.H.; hierzu vertrat Dr. X, C, in einer beratungsärztlichen Stellungnahme (vom 14.04.2015) die Auffassung, unter Berücksichtigung der anerkannten MdE-Erfahrungswerte der gesetzlichen Unfallversicherung sei die MdE, bezogen auf den allgemeinen Arbeitsmarkt, mit weniger als 10 v.H. einzuschätzen. Hierauf lehnte es die Beklagte mit Bescheid vom 24.04.2015 ab, dem Kläger Verle...