Entscheidungsstichwort (Thema)
gesetzliche Unfallversicherung. Verletztenrente. MdE-Höherbewertung. unbillige Härte. besondere berufliche Betroffenheit. abstrakte Schadensberechnung. zumutbare Verweisbarkeit. Sehstörungen. Steinmetz und Steinbildhauer
Orientierungssatz
Zum Nichtvorliegen einer unbilligen Härte i.S. von 56 Abs 2 S 3 SGB 7 bei einem selbständigen Steinmetz und Steinbildhauer, der infolge unfallbedingter Sehstörungen seine Tätigkeit nicht mehr in vollem Umgang ausüben kann.
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 20. September 2005 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Gewährung einer Verletztenrente aufgrund eines Arbeitsunfalls nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) höher als um 20 v.H.
Der 1943 geborene Kläger ist als selbstständiger Steinmetz und Steinbildhauermeister tätig. Er erlitt am 24. Februar 2002 einen Verkehrsunfall mit einem Anprall links frontal. Dabei schlug der Kläger offensichtlich mit dem Kopf an den linken Karosseriepfeiler. Nach dem Bericht der Chirurgischen Klinik S. ergab eine Röntgenaufnahme des Schädels eine dislozierte Fraktur des linken Jochbogens im Sinne einer Stückfraktur mit Knickbildung nach lateral im dorsalen Abschnitt sowie Impression im ventralen Abschnitt. Ansonsten hätten sich keine weiteren Frakturhinweise ergeben. Der Kläger wurde zur Weiterbehandlung in die Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer-, Gesichtschirurgie Klinikum I. überwiesen. Gemäß dem Bericht des Klinikums der Universität M. vom 1. März 2002 wurden eine offene Reposition des imprimierten Jochbeins und Miniplattenosteosynthesen durchgeführt.
Der Neurologe und Psychiater Dr. F. berichtete am 12. Dezember 2002 von einem pseudoneurasthenischen Syndrom in leichter Ausprägung nach einem Schädel-Hirn-Trauma II, einer Störung der Okulomotorik mit wechselnden Doppelbildern und zeitweiligem Strabismus divergens. Auch in einem Unfallzusammenhang sei die Angabe von Kopfschmerzen nach körperlicher Belastung oder speziell bei der beruflichen Tätigkeit als Steinmetz zu sehen. Der Kläger könne sich dabei nicht mehr auf das Augenmaß verlassen und bekomme schon nach kurzer Arbeitszeit Kopfschmerzen, die auf reflektorisch auftretende Verspannungen im Bereich der Schläfenmuskeln und der Nackenmuskeln zurückzuführen seien.
Die Beklagte holte ein neuropsychiatrisches Gutachten des Dr. B. vom 10. April 2003 ein, wonach eine Schädigung des Nervus maxillaris links mit sensiblen Störungen im Bereich der linken Wange, des linken Nasenrückens und der linken Oberlippe ohne Zweifel unfallbedingt seien. Die Unfallverletzungen hätten zu Beschwerden wie Kopfschmerzen, Schwindelgefühl, Konzentrationsstörungen, Schlafstörungen und insbesondere sensiblen Störungen im Gebiet des 2. Trigeminusastes links geführt. Das jetzt vorgetragene, inzwischen chronifizierte Beschwerdebild lasse sich nicht mehr auf eine organische Verletzung von Nervenstrukturen zurückführen. Es stehe jetzt eine Anpassungsstörung mit neurasthen-depressiver Symptomatik im Vordergrund, somit eine psychogene Reaktion. Die Anpassungsstörung lasse sich nicht allein durch das Unfallereignis erklären. Es sei davon auszugehen, dass Faktoren, die in der Persönlichkeit des Klägers liegen, von Bedeutung seien. Eine neurologische oder psychiatrische Vorerkrankung sei jedoch nicht bekannt. Die MdE betrage ab 1. Juli 2002 10 v.H.
Ferner holte die Beklagte ein chirurgisches Zusatzgutachten des Dr. G. vom 10. April 2003 ein. Auf chirurgisch-orthopädischem Fachgebiet bestehe ein Zustand nach multiplen Kontusionen im Bereich der linken Hüfte, der LWS, des linken Ellenbogens, der linken Schulter sowie eine HWS-Distorsion, die jeweils folgenlos verheilt seien. Die aufgetretene Mittelgesichtsfraktur sei operativ gut behandelt worden. Es bestünde noch eine Einschränkung der Sehkraft links durch eine Verletzung des M. abducens. Auf seinem Fachgebiet sei von einer MdE messbaren Grades nicht auszugehen.
Aus dem mund-kiefer-gesichtschirurgischen Zusatzgutachten der Dr. Dr. B. M. vom 23. Mai 2003 ergibt sich das Vorliegen einer knöchern ohne Dislokation festverheilte Jochbeinimpressionsfraktur links, eine Hypästhesie des Nervus infraorbitalis links (Taubheitsgefühl linke Oberwange), teilweise durch Implantate ersetzte Zahnverluste bei Parodontitis marginalis profunda sowie Doppelbilder. Das postoperative Augenkonsil vom 27. Februar 2002 zeige einen regelrechten Befund am linken Auge. Es beschreibe nur das linke Auge; die Möglichkeit von Doppelbildern sei nicht erwogen. Da bei einer Jochbeinimpressionsfraktur die Fraktur immer auch durch den Orbitaboden verlaufe, sei es möglich, dass als Folge Doppelbilder auftreten. Als Folge des Arbeitsunfalls seien somit die Hochbeinimpressionsfraktur links sowie die Hypästhesie des 2. Trigeminusastes links ohne funktionelle Bedeutung anzuerkennen. Da die Hypästhesie funktionell ohne Belang se...