Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesetzliche Unfallversicherung. Höherbewertung einer MdE wegen besonderer beruflicher Betroffenheit. unbillige Härte. Auszubildender zum Koch. Beeinträchtigung des Geruchs- und Geschmackssinns

 

Leitsatz (amtlich)

Eine Höherbewertung der MdE wegen besonderer beruflicher Betroffenheit kommt nicht schon dann in Betracht, wenn der Ausbildungsberuf (hier: Koch) wegen der Unfallfolgen (Geruchs- und Geschmacksbeeinträchtigung) nicht mehr vollwertig ausgeübt werden kann.

 

Orientierungssatz

Zu den wesentlichen Merkmalen für die Beurteilung der Frage, ob eine höhere Bewertung der MdE zur Vermeidung unbilliger Härten gerechtfertigt ist.

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Cottbus vom 14. Juni 2010 wird zurückgewiesen.

Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist die Höhe der MdE nach einem Arbeitsunfall am 4. März 2003 streitig.

Der 1983 geborene Kläger absolvierte seit September 2001 eine Ausbildung zum Koch, als er auf dem Heimweg von seiner Arbeitsstätte am 4. März 2003 gegen 15:15 Uhr einen Verkehrsunfall hatte. Hierbei erlitt er ausweislich des Durchgangsarztberichtes vom 4. März 2003 u. a. ein Schädel-Hirn-Trauma II° mit multiplen kleinen Kontusionsherden, eine Klavikulafraktur links, Gesichtsverletzungen mit offener Nasenbeinfraktur, eine Thoraxkontusion mit Contusio cordis und Lungeneinblutungen sowie Mantelpneumothorax links, ein stumpfes Bauchtrauma und multiple Exkoriationen. Er befand sich anschließend bis einschließlich 17. April 2003 in stationärer ärztlicher Behandlung.

Nach Einholung eines ersten Rentengutachtens des Arztes für Chirurgie und Unfallchirurgie Dr. W vom 4. November 2003, in das auch ein neurologisches Zusatzgutachten des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. D vom 19. August 2003 samt einer neuropsychologischen Untersuchung am 18. August 2003 durch die Diplom-Psychologin St sowie ein Zusatzgutachten des Facharztes für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde Dipl.-Med. Br vom 28. Oktober 2003 eingeflossen waren, gewährte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 09. März 2004 wegen der Folgen seines Wegeunfalles eine Rente als vorläufige Entschädigung in Form einer Gesamtvergütung für den Zeitraum vom 23. Juni 2003 bis zum 30. September 2004 nach einer MdE von 25 v.H.

Vom 26. Februar 2004 bis zum 4. März 2004 befand sich der Kläger erneut in stationärer Behandlung zu einer submukösen Resektion und plastischen Rekonstruktion des Nasenseptums.

Im Juni 2004 teilte der Kläger mit, er habe seine praktische Abschlussprüfung zum Koch nicht bestanden. Grund hierfür sei sein kaum noch vorhandener Geruchs- und Geschmackssinn. Am 20. Januar 2005 bestand der Kläger die praktische Nachprüfung zum Koch.

Die Beklagte veranlasste erneut die Begutachtung des Klägers und holte ein Gutachten des Dipl.-Med. B vom 22. Juli 2004 ein, der u. a. ausführte, bei dem Kläger liege eine Anosmie mit damit verbundener Beeinträchtigung des Geschmackssinns vor. Er sei in der Ausbildung zum Koch. Es sei anzunehmen, dass er die praktische Prüfung durch diese Beeinträchtigung nicht bestehe. Auch die Ausführung des Berufes als Koch sei mit der oben genannten Beeinträchtigung nicht vereinbar. Er bewerte die MdE für die Anosmie mit 20 v.H.

Die Beklagte holte weitere Gutachten der Fachärztin für Neurologie L vom 2. März 2005 sowie der Fachärztin für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde Dr. K vom Februar 2005 ein. Die Ärztin L führte unter Einbeziehung des Gutachtens auf dem Gebiet der Hals-Nasen-Ohrenheilkunde unter anderem aus, eine Beeinträchtigung des Riech- und Geschmackssinnes habe nicht objektiviert werden können. Damit seien aus sozialmedizinischer Sicht keine Umschulungsmaßnahmen erforderlich. Eine MdE bestehe nicht.

Mit Bescheid vom 05. Juli 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Oktober 2005 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Rente über den Zeitraum der Gesamtvergütung hinaus ab und führte zur Begründung u. a. aus, eine MdE um mindestens 20 v.H., wie sie für eine Rentengewährung notwendig sei, lasse sich nicht mehr feststellen. Insbesondere habe die Geruchs- und Geschmacksstörung nicht mehr nachgewiesen werden können.

Im anschließenden Klageverfahren hat das Sozialgericht Cottbus zunächst die Oberärztin der Hals-Nasen-Ohren-Klinik des Klinikums E Dr. H zur Sachverständigen bestellt. Diese führte in ihrem Gutachten vom 28. September 2006 u. a. aus, bei dem Kläger lägen eine Hyposmie, eine geringgradige Nasenatmungsbehinderung sowie eine kosmetisch wenig störende Narbe im Bereich des Nasenrückens vor. Diese seien kausal auf den Unfall zurückzuführen. Eine MdE würde sich hierfür grundsätzlich nicht ergeben. Aufgrund des gewählten Berufsbildes (Koch) wäre ggfs. eine MdE zu diskutieren. Diese liege jedoch sicher nicht über 10 v.H. für die Riechstörung.

Der ebenfalls zum Sachverständigen bestellte Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. D führte in seinem Gutachten vom 18. Apr...

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