Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Krankenhaus. Prüfverfahrensvereinbarung. materiell-rechtliche Ausschlussfrist zur nachträglichen Rechnungskorrektur
Orientierungssatz
Die in der Prüfverfahrensvereinbarung (juris: PrüfvVbg) vereinbarte materiell-rechtliche Ausschlussfrist zur nachträglichen Rechnungskorrektur innerhalb der gesetzlichen normierten Verjährungsfrist bzw innerhalb des von der Rechtsprechung des BSG definierten Zeitraums des Einwendungsausschlusses der Verwirkung ist nicht von der Ermächtigungsgrundlage des § 17c Abs 2 S 1 KHG gedeckt (vgl ua SG Kassel vom 25.11.2016 - S 12 KR 594/15).
Tenor
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 3.239,31 EUR nebst Zinsen in Höhe von 2 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 06.09.2017 zu zahlen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Kostenübernahme einer Krankenhausbehandlung.
Der bei der Beklagten versicherte Herr L L1 (geb. am 00.00.1938) wurde in der Zeit vom 23.09.2016 bis 18.11.2016 stationär im Krankenhaus der Klägerin behandelt. Für diese Behandlung stellte die Klägerin der Beklagten am 10.11.2016 eine Rechnung in Höhe von 23.118,21 EUR aus.
Die Beklagte beauftragte den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) mit einer Einzelfallprüfung. Die entsprechende Prüfanzeige des MDK ging am 14.11.2016 bei der Klägerin ein. Danach hatte der MDK die Verweildauer, die DRG und die Korrektheit der abgerechneten Zusatzentgelte zu prüfen. Zunächst war eine Fallprüfung im Rahmen einer Begehung angekündigt. Am 29.12.2016 änderte der MDK das Prüfverfahren und forderte eine Übersendung von Patientenunterlagen an, was von der Klägerin am 18.01.2017 veranlasst wurde. Der Eingang der Unterlagen wurde am 30.01.2017 bestätigt.
In einem Gutachten vom 16.02.2017 führte der MDK aus, dass die Verweildauer in voller Länge gerechtfertigt und auch die abgerechnete DRG R61E korrekt gewesen sei. Allerdings sei anhand der Behandlungsunterlagen belegt, dass eine höhere Menge des Medikaments Rituximab appliziert (2.200 mg) als sie von der Klägerin kodiert worden sei, weshalb der OPS 6-001ha in den OPS 6-001he abzuändern sei, wodurch dann das höher bewertete Zusatzentgelt 76ZEE815 (Gabe von Rituximab intravenös, 2.050 mg bis unter 2.450 mg; OPS 6-001.he) anfalle.
Die Klägerin stornierte daraufhin am 26.04.2017 die ursprüngliche Rechnung und stellte am gleichen Tag eine neue Rechnung entsprechend dem Ergebnis des MDK-Gutachtens aus, wobei sich ein Mehrerlös von 3.239,31 EUR ergab.
Die Beklagte zahlte daraufhin am 15.05.2017 den erhöhten Rechnungsbetrag.
Mit Schreiben vom 22.08.2017 teilte die Beklagte der Klägerin dann aber mit, dass sie den Mehrbetrag unter Berufung auf die Regelung des § 7 Abs. 5 Prüfverfahrensvereinbarung (PrüfvV) nicht für berechtigt erachte und daher eine Verrechnung mit einer unstreitigen Forderung vornehmen werde. Die am 26.04.2017 von der Klägerin vorgenommene Datenkorrektur sei zu spät erfolgt. Am 05.09.2017 verrechnete die Beklagte den streitigen Betrag mit einer unstreitigen Forderung aus dem Behandlungsfall der Versicherten T C, die im Zeitraum vom 01.08.2017 bis 11.08.2017 im Krankenhaus der Klägerin behandelt wurde.
Mit der am 28.09.2017 erhobenen Klage begehrt die Klägerin die Erstattung des verrechneten Betrages. Die Klägerin ist der Ansicht, dass ihr ein Anspruch auf den Mehrerlös aus dem Behandlungsfall L1 zustehe und die Aufrechnung mit der unstreitigen Forderung aus dem Behandlungsfall C unbegründet sei. Aus § 7 Abs. 5 PrüfvV folge keine Ausschlussfrist bzgl. des geltend gemachten Mehrerlöses. Anderenfalls wäre es den Krankenhäusern immer verwehrt, eine unstreitig fehlerhafte Abrechnung zu korrigieren. Nachdem die Beklagte die Prüfung auch auf die Zusatzentgelte erstreckt habe, könne sie sich diesbezüglich nicht auf Vertrauensschutz berufen.
Der Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 3.239,31 EUR nebst Zinsen in Höhe von 2 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 06.09.2017 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist der Ansicht, dass ein Anspruch nach § 7 Abs. 5 PrüfvV daran scheitere, dass die Rechnungskorrektur nach Abschluss der MDK-Prüfung und erst nach 5 Monaten nach Prüfungseinleitung erfolgt sei. Auch der GKV-Spitzenverband verstehe diese Regelung so.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten sowie die ebenfalls beigezogenen Patientenunterlagen zum Behandlungsfall des Versicherten L1 verwiesen. Der Inhalt dieser Akten war Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidung.
Entscheidungsgründe
Streitgegenstand ist vorliegend nicht die Kostenübernahme für die stationäre Behandlung des Versicherten L L1 vom 23.09.2016 bis 18.11.2016, sondern die Frage, ob die Beklagte mit einem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch bzgl. dieses Behandlungsfalles aufrechnen durfte. Bei der zu Grunde liegenden u...